Bund der Versicherten: Hintergründe zum Rauswurf von Axel Kleinlein

Am vergangenen Freitag Nachmittag war Versicherungs-Deutschland schon fast im Wochenende, als der Bund der Versicherten (BdV) eine Medieninformation verbreitete:

„Der Vorstandsvorsitzende Axel Kleinlein und das Mitglied des Vorstands Thorsten Rudnik scheiden mit sofortiger Wirkung aus dem Vorstand aus.“ 

 

Medieninformation des BdV

Medieninformation des BdV

 

Mit „sofortiger Wirkung“ bedeutet: Fristlos. Ein Rauswurf. Sodann stellt sich die Frage nach dem Wichtigen Grund, aufgrund dessen die Vorstände abberufen wurden. Die in der Medieninformation des BdV genannten „Unterschiedlichen Auffassungen …“ beantworten die Kernfrage nicht.

So kurzfristig war die Entscheidung, dass die Webseite des Bundes der Versicherten noch am Wochenende den bisherigen Vorstand zeigte:

BdV-Vorstand: Screenshot von www.bundderversicherten.de vom Sonntag, den 24. März

BdV-Vorstand: Screenshot von www.bundderversicherten.de vom Sonntag, den 24. März

Das Tagesbriefing hat unmittelbar nach der Meldung Axel Kleinlein erreicht und um eine Stellungnahme gebeten. Er sagte Folgendes:

„Das Ausscheiden war nicht freiwillig. Es war eine Entscheidung des Aufsichtsrates.“

Mehr will Kleinlein in einer eigenen Pressemitteilung – voraussichtlich Montag Nachmittag – veröffentlichen. Auch der BdV selbst gibt sich zurückhaltend, man wolle „keine schmutzige Wäsche waschen“. Dies berichtet auch Die Welt

Der Vollständigkeit halber:

Zum neuen Vorstandsvorsitzenden wurde Tobias E. Weissflog berufen. Ein Mann, der in der Versicherungswelt bisher wenig prominent in Erscheinung getreten ist. Ein weiteres Vorstandsmitglied will der BdV am Montag (25. März) „aus der Mitte der Abteilungsleiter“ des BdV berufen. 

Erneuerer und Traditionalisten

Der gelernte Versicherungs-Mathmatiker Kleinlein war bereits vor seiner Zeit beim BdV als Fachmann anerkannt: Hart in der Sache, konziliant im zwischenmenschlichen Umgang. Außerdem ist er mit der Presse gut vernetzt und schreibt seit einiger Zeit im Handelsblatt „Kleinleins Klartext“. Man kann durchaus sagen, dass Kleinlein seit seinem Amtsantritt im September 2011 als Erneuerer die Wahrnehmung und die Kompetenz des BdV gesteigert hat.  

Dagegen ist das ebenfalls entlassene Vorstandsmitglied Thorsten Rudnik als langjähriger Funktionsträger eher den Traditionalisten des BdV zuzurechnen. Offiziell wird es von keiner Seite bestätigt, aber zwischen Kleinlein und Rudnik soll ein dauerhafter Konflikte letztlich zu einer wiederholten Patt-Situation im Vorstand geführt haben. Dies dürfte nun die Entlassung beider Vorstände nach sich gezogen haben.

Hintergründe

Der BdV war spätestens seit der Mitgliederversammlung in Jahr 2006 unter Lilo Blunck und zumindest bis zur Ernennung von Axel Kleinlein im September 2011 intern tief zerstritten. Dies geht aus den Geschehnissen hervor, die eines der kritischen Mitglieder, Henning Thielemann, auf seiner Internetseite dokumentiert hat. 

Rechtlich vertreten wurden die kritischen Mitglieder ausgerechnet von Rechtsanwalt Joachim Bluhm, DEM ehemaligen BdV-Anwalt, der bis zum Jahre 2005 viele Aufsehen erregende Urteile zugunsten des BdV und der Verbraucher erstritten hatte. Bluhm setzt seine juristische Tätigkeit seit 2006 beim Hamburger Verbraucherschutz fort.

(Ergänzung: Rechtsanwalt Joachim Bluhm hat uns nach Veröffentlichung des Artikels einen ausführlichen Kommentar zur „Causa Kleinlein“ geschickt.)

Es war im vergangenen Jahr der Pragmatiker Axel Kleinlein, der Rechtsanwalt Bluhm wieder näher an an den BdV heran brachte: So erhielt Bluhm im Mai 2012 erneut ein Mandat des BdV für das Gerichtsverfahren wegen der Allianz-Riesterverträge. Insider spekulieren, dass eben dieser Umstand nicht nur Kleinleins Verhältnis zu seinem Kollegen Rudnik belastet habe, sondern auch zu den Aufsichtsräten Horst Gobrecht und Theodor Schadendorf.

Dies wäre durchaus nachzuvollziehen. Denn durch seine jahrelange Vertretung der kritischen Mitglieder gegen den BdV – teils bis hinauf zum BGH und mit großer Erfolgsquote – wird sich Bluhm kaum Freunde bei Rudnik und den Aufsichtsräten gemacht haben. Bis zu einer entsprechenden Aussage der Beteiligten, ist aber auch dies noch Spekulation. Es könnte ja auch sein, dass man sich inzwischen vertragen hat…

Ausblick

Mit der Entlassung vor allem des Erneuerers Axel Kleinlein gibt es eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass der Konflikt des BdV mit den vereinsinternen Kritikern wieder aufbrechen wird: Sicherlich erinnern sich die Aufsichtsräte Gobrecht und Schadendorf daran, dass die Kritiker in einem Antrag zur Mitgliederversammlung 2011 seinerzeit ihre, Gobrechts und Schadendorfs, Abwahl beantragt hatten. Zwar wurde der Antrag von der Mitgliederversammlung damals abgelehnt, doch schien mit der gleichzeitigen Einsetzung Kleinleins als Vorstandschef zumindest ein Zeichen des Aufbruchs gesetzt worden zu sein.

Wie Tagesbriefing am Wochenende aus Kreisen der Kritiker erfuhr, wird nun hinter den Kulissen anscheinend bereits diskutiert (kontakt@verunsicherte.de), ob ein neues Abwahlverfahren gegen Gobrecht und Schadendorf betrieben werden soll. Laut Satzung des BdV müssen 500 Mitglieder dies beantragen, damit dann eine außerordentliche Mitgliederversammlung darüber abstimmen kann. Sollte es  tatsächlich dazu kommen, wird das Tagesbriefing auch hier berichten.

Bleibt noch die Frage nach der zweiten Personalie – wer am Montag als zweiter neuer Vorstand berufen wird. Ähnlich wie bei der Papst-Wahl kann es natürlich auch hier so sein, dass der Favorit als Vorstand in die Wahl hinein und als Abteilungsleiter wieder heraus kommt. Dennoch gehen Kenner der Szene davon aus, dass der Abteilungsleiter Beratung/Research, Jens Trittmacher, die größte Chance hat – gerade weil der neue Vorstandschef Tobias E. Weissflog nicht als ausgewiesener Versicherungsfachmann gilt.

Wir berichten weiter – im Tagesbriefing und im TagesBlog.

Wie schätzen Sie die Lage beim Bund der Versicherten ein? Wir freuen uns auf Ihre Kommentare!

 

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