Kein Versicherungsschutz bei Suizidversuch aufgrund psychischer Erkrankung

Das Oberlandesgericht Karlsruhe (OLG) hat am 16. Mai 2024 entschieden, dass der Ausschluss von Unfällen aufgrund von Geistes- oder Bewusstseinsstörungen in Unfallversicherungsverträgen rechtmäßig ist. Im vorliegenden Fall sprang ein junger Mann im Januar 2019 in suizidaler Absicht aus dem Fenster und zog sich schwere Verletzungen zu. Seine Mutter, die für ihn eine private Unfallversicherung abgeschlossen hatte, forderte daraufhin eine Invaliditätsleistung in Höhe von 36.180 Euro sowie weitere Kosten. Die Versicherung verweigerte jedoch die Zahlung mit der Begründung, dass der Suizidversuch nicht als unfreiwilliges Ereignis im Sinne der Versicherungsbedingungen gelte.

Klage der Mutter abgewiesen

Das Landgericht Baden-Baden (LG) wies die Klage der Mutter im September 2023 ab. Das Gericht befand, dass der Sohn aufgrund seiner psychischen Erkrankung nicht in der Lage gewesen sei, rational zu handeln. Demnach falle der Vorfall unter den Ausschluss von Unfällen durch Geistes- oder Bewusstseinsstörungen. Die Mutter argumentierte, dass ihr Sohn seine Umwelt korrekt wahrgenommen habe und lediglich in seiner Willensbildung beeinträchtigt gewesen sei. Das OLG Karlsruhe folgte dieser Argumentation jedoch nicht und urteilte, dass auch eine Beeinträchtigung der Willensbildung ohne Wahrnehmungsdefizit unter den Ausschlusstatbestand fällt.

Versicherungsschutz bei psychischen Erkrankungen

Das OLG Karlsruhe stellte klar, dass depressive Episoden, die die freie Willensbestimmung ausschließen, als Geistes- oder Bewusstseinsstörungen im Sinne der Versicherungsbedingungen zu betrachten sind. Der Zweck der Ausschlussklausel sei für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer verständlich und diene dazu, Unfälle auszunehmen, die sich als Folge einer bereits vor dem Unfall bestehenden gesundheitlichen Beeinträchtigung darstellen. Eine Differenzierung zwischen psychischen Erkrankungen, die die Wahrnehmungsfähigkeit nicht beeinträchtigen, und solchen, die mit Wahnvorstellungen einhergehen, sei nicht erforderlich.

Diese Entscheidung verdeutlicht, dass Versicherer bei der Definition von Geistes- und Bewusstseinsstörungen in ihren Bedingungen weitreichende Interpretationsmöglichkeiten haben und psychische Erkrankungen umfassend von der Leistungspflicht ausnehmen können.

Quelle

In Kooperation mit der <br>INTER Versicherungsgruppe