Verschärfung der Zahlungsfristen in der EU

In einem beispiellosen Vorstoß hat die Europäische Kommission einen Gesetzentwurf vorgelegt, der das Zahlungsverhalten innerhalb des Binnenmarktes grundlegend verändern könnte. Die sogenannte „Late Payment Regulation“ sieht vor, die maximale Zahlungsfrist für Unternehmensrechnungen von 60 auf 30 Tage zu reduzieren. Ziel ist es, kleine und mittlere Unternehmen (KMU) vor den wirtschaftlichen Nachteilen verspäteter Zahlungen zu schützen. Doch während dieser Plan auf dem Papier glänzt, werfen Kreditversicherer und der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) warnende Schatten voraus.

Jörg Asmussen, Hauptgeschäftsführer des GDV, hebt hervor, dass eine solch strikte Fristsetzung viele Betriebe in finanzielle Nöte stürzen und das Risiko von Insolvenzen in die Höhe treiben könnte. Diese Bedenken werden auch von Branchenführern wie Dr. Thomas Langen von Atradius Kreditversicherung und Claudia Haas von Coface geteilt, die eine Zunahme von Schadensfällen durch die neuen Regelungen befürchten.

Die Kehrseite der Medaille

Der wohlmeinende Schutzschirm der EU-Kommission könnte sich rasch in ein Damoklesschwert verwandeln. Die verbindliche Festlegung auf eine 30-Tage-Frist lässt Unternehmen wenig Spielraum, um auf individuelle oder branchenspezifische Herausforderungen zu reagieren. Zudem könnte diese Regelung die Wettbewerbsfähigkeit europäischer Unternehmen auf dem globalen Markt schwächen, da Lieferanten außerhalb der EU weiterhin flexiblere Zahlungsziele anbieten können.

Der vorgeschlagene Gesetzentwurf steht auch im Widerspruch zu den Bedürfnissen der Unternehmen, die sowohl als Gläubiger als auch als Schuldner agieren. Längere Zahlungsfristen dienen oft als Finanzierungsinstrument, das durch die neue Regelung wegfallen würde. Dies zwingt Unternehmen zu einer Umstrukturierung ihrer Finanzierungsmodelle, was in der aktuellen Zinssituation eine erhebliche finanzielle Belastung darstellen könnte.

Deutschlands Position und die Zukunft der Richtlinie

Trotz des breiten Konsenses über das Ziel, KMU zu schützen, stößt der Vorschlag der Kommission auf erheblichen Widerstand. Deutschland, vertreten durch das Bundeswirtschaftsministerium, äußerte zusammen mit anderen Mitgliedstaaten grundlegende Bedenken gegen die Neuregelung. Die Kritik richtet sich insbesondere gegen die starre Zahlungsfrist und die vorgeschlagene Durchsetzung von Zahlungsansprüchen durch Verwaltungsbehörden.

Die Diskussionen im europäischen Rat für Wettbewerbsfähigkeit und die bevorstehenden Abstimmungen im Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz sowie im Europäischen Parlament werden zeigen, ob und in welcher Form die Richtlinie umgesetzt wird. Fest steht jedoch, dass der Ausgang dieser Debatte weitreichende Konsequenzen für die europäische Wirtschaft, insbesondere für KMU und die Kreditversicherungsbranche, haben wird.

Quelle

In Kooperation mit der <br>INTER Versicherungsgruppe