Kein Rücktritt bei Berufsunfähigkeitsversicherung wegen nicht gemeldeter Kopfschmerzen

Ein richtungsweisendes Urteil sorgt für Aufsehen im Versicherungswesen: Das Oberlandesgericht Saarbrücken stärkt mit seiner jüngsten Entscheidung die Rechte von Versicherten. Konkret ging es um den Fall einer Frau, die nach einem Verkehrsunfall unter Kopfschmerzen litt und diese nicht in ihrem Antrag für eine Berufsunfähigkeitsversicherung angab. Später, als sie berufsunfähig wurde, wollte der Versicherer deswegen nicht zahlen und vom Vertrag zurücktreten. Doch das Gericht entschied anders.

Recht auf Schutz: Eine Frage der Interpretation

Laut Urteil vom 08. Januar 2024 (Aktenzeichen 16 U 107/22) kann der Versicherer in diesem speziellen Fall nicht von seinem Rücktrittsrecht Gebrauch machen. Tobias Strübing von der Kanzlei Wirth Rechtsanwälte hebt hervor: Das OLG argumentierte, dass die Versicherungsnehmerin nicht grob fahrlässig gehandelt habe, als sie die kurzzeitig aufgetretenen Kopfschmerzen nicht meldete. Die Fragestellung im Antrag, die auf chronische Beschwerden abzielte, ließ Spielraum für Interpretationen. Dieses Urteil setzt somit ein klares Signal für den Umgang mit Angaben im Versicherungsantrag und unterstreicht die Bedeutung einer genauen Prüfung durch die Versicherungsnehmer.

Ein Schritt für mehr Fairness im Versicherungswesen

Diese Entscheidung verdeutlicht, dass nicht jede unvollständige Angabe gleich eine grob fahrlässige Anzeigepflichtverletzung darstellt. Vielmehr müssen die Umstände des Einzelfalls genau betrachtet werden. Der Fall zeigt auch, dass selbst bei einer grob fahrlässigen Verletzung der Anzeigepflicht ein Rücktritt des Versicherers nicht immer rechtens ist, wenn dieser den Vertrag auch mit Kenntnis der verschwiegenen Umstände – möglicherweise unter anderen Konditionen – geschlossen hätte.

Ein präzedenzsetzendes Urteil

Das Urteil des OLG Saarbrücken ist ein wichtiger Meilenstein für Versicherungsnehmer und bietet Orientierung für ähnliche Fälle. Es unterstreicht die Notwendigkeit einer fairen und individuellen Betrachtung von Versicherungsfällen und bestärkt Verbraucher darin, ihre Rechte zu kennen und einzufordern. Die Entscheidung ist ein klares Signal an die Versicherungsbranche, die Interessen der Versicherten ernst zu nehmen und auf eine transparente und verständliche Kommunikation zu achten.

Quelle

In Kooperation mit der <br>INTER Versicherungsgruppe