Neue Dynamik bei der DIN-Norm 77230

Die DIN-Norm 77230, seit 2019 ein Leitfaden für Finanzberater, steht vor einer entscheidenden Erneuerung. Trotz ihrer Einführung hat sie bisher nur begrenzte Verbreitung gefunden. Nun soll eine Überarbeitung durch den DIN-Arbeitsausschuss „Finanzdienstleistungen für den Privathaushalt“ frischen Wind in die Nutzung der Norm bringen. Ziel ist es, die Norm für eine breitere Zielgruppe zugänglicher zu machen und ihren Einsatz zu vereinfachen.

Neue Ansätze in der Finanzanalyse

Die bisherige Struktur der Norm, die das strikte Abhandeln von 42 Finanzthemen vorschrieb, wird nun durch ein modulares System ersetzt. Dieses System beinhaltet neun Hauptmodule, wie etwa „Krankheit/Pflege“, „Arbeitskraftverlust“ und „Sparen/Vermögensbildung“, denen spezifische Finanzthemen fest zugeordnet sind. Dadurch wird es möglich, gezielte Teilanalysen durchzuführen. Beispielsweise müssen für eine Altersvorsorge-Analyse nur noch fünf statt bisher 49 Fragen beantwortet werden. Laut Defino Institut für Finanznorm bleibt dabei der ganzheitliche Ansatz der Norm erhalten, indem die Ergebnisse der Teilanalyse in das Gesamtranking der 42 Themen integriert werden.

Von Skepsis bis Zustimmung

Die Reaktionen auf diese Neuerungen sind gemischt. Während einige die Möglichkeit der Teilanalysen und die damit verbundene Zeitersparnis begrüßen, bleiben kritische Stimmen nicht aus. Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg äußert Bedenken hinsichtlich der Priorisierung von Finanzthemen in der Analyse. Er betont, dass solche Priorisierungen oft mehr dem Produktverkauf als dem tatsächlichen Bedarf dienen. Klaus Möller vom Defino Institut hält dagegen, dass die Priorisierung auf einer wissenschaftlichen Logik basiert, die existenzbedrohliche Risiken vorrangig behandelt. Banken wie die Deutsche Bank zeigen sich indes offen für den DIN-Standard, nutzen jedoch auch eigene, ähnlich strukturierte Anwendungen.

Quelle

In Kooperation mit der <br>INTER Versicherungsgruppe