IWH: Deutsche Haushalte profitieren von Niedrigzinspolitik der EZB

PRESSEMITTEILUNG – Die deutschen Haushalte haben im Durchschnitt von der Niedrigzinsphase profitiert, wie Berechnungen des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) zeigen.

Die durchschnittlichen Renditen auf die Ersparnisse deutscher Haushalte waren in der Niedrigzinsphase zwischen 2010 und 2015 deutlich höher als in den Jahren vor der Krise. Die Wertzuwächse beliefen sich auf insgesamt mehr als 364 Milliarden Euro verteilt über fünf Jahre. Die stark gestiegenen Renditen auf Aktien und Immobilien übersteigen die Verluste auf Spareinlagen. Haushalte mit hohen wie mit niedrigen Einkommen haben Wertzuwächse erzielt. Haushalte ohne Wohneigentum haben allerdings vergleichsweise kleine Verluste zu verzeichnen (durchschnittlich 100 Euro pro Haushalt pro Jahr).
Obwohl die deutschen Haushalte Netto-Sparer sind, also insgesamt mehr Vermögen angespart haben, als sie sich leihen, waren ihre Renditen in den Jahren von 2010 bis 2015, also in der derzeitigen Niedrigzinsphase, signifikant höher als von 2003 bis 2007, den Jahren vor der Krise. Das liegt zum einen daran, dass Sparkonten von früheren, hohen Leitzinsen kaum profitiert haben. Zinsrückgänge aufgrund der Niedrigzinspolitik fielen dementsprechend verhältnismäßig gering aus. Zum anderen stiegen die Renditen auf Aktien und insbesondere auf Immobilien in der Niedrigzinsphase stark an. Obwohl diese Geldanlagen nur einen geringen Anteil am Portfolio eines durchschnittlichen deutschen Haushalts haben, genügt dies, um die Verluste insgesamt mehr als auszugleichen.

Dies gilt für Haushalte mit hohen wie mit niedrigen Einkommen. Aufgrund ihres größeren Vermögens und des höheren Anteils von Aktien und Wohneigentum profitieren Haushalte mit höheren Einkommen allerdings überproportional. 66% der von den Haushalten insgesamt erzielten Wertzuwächse von 364 Milliarden Euro kamen dieser Gruppe zugute. Verluste gab es für Haushalte ohne Wohneigentum, allerdings sind diese sehr klein und belaufen sich auf durchschnittlich 500 Euro pro Haushalt verteilt über fünf Jahre.
Außerdem profitierten die Haushalte von der Möglichkeit, sich zu günstigeren Konditionen Geld zu leihen. Allerdings ist dieser positive Effekt klein (weniger als 20 Milliarden Euro verteilt über fünf Jahre), weil die niedrigen Zinssätze von den Banken, vor allem bei Überziehungskrediten und Konsumkrediten, nicht vollständig an ihre Kunden weitergegeben wurden.

Die Ergebnisse zeigen, dass der Verweis auf niedrige geldpolitische Zinsen bei der Analyse der Auswirkungen der gegenwärtigen Geldpolitik auf die Anleger zu einseitig ist. Vielmehr spielt es eine große Rolle, wie schnell und wie stark Banken diese niedrigen Zentralbankzinsen auch an ihre Kunden weitergeben. Gleichzeitig ist zu erwarten, dass in einem Niedrigzinsumfeld Aktien und Immobilien stark steigen. Die Berechnungen der IWH-Wissenschaftler machen außerdem deutlich, dass es vor allem vom Anlageverhalten abhängt, ob ein Haushalt unter der Niedrigzinspolitik leidet oder von ihr profitiert. Haushalte mit einem ausgeglichenen Portfolio, das auch Immobilen und Aktien enthält, standen in der Niedrigzinsphase besser da als Haushalte, die ausschließlich Spareinlagen besaßen.

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