Sprechstunde beim @AssekuranzDoc: Geschrei um Nix? Das grundsätzliche Problem mit Maklern

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Der erweiterte GDV-Verhaltenskodex schlägt immer noch hohe Wellen. Seit Wochen ist er bei Maklern, Versicherern und in der „Maklerpresse“ ein viel diskutiertes Thema. Einige Pools und Verbände distanzieren sich von der Ausweitung der Compliancevorschriften auf Makler. Und dann gibt es „Gegenfeuer“ eines Kolumnisten.

„Was unabhängige Versicherungs- und Finanzanlagevermittler bewegt“ – das ist das monatliche Thema von Hans-Ludger Sandkühler in der Printausgabe von AssCompact. Nicht verwunderlich, dass der geschätzte Kollege das Thema um die Ausweitung des GDV-Kodex auf Makler in der Märzausgabe aufgegriffen und kommentiert hat (AssCompact, 03.2014, Seite 92f).

Der interessierte Leser erfährt noch einmal die Hintergründe der GDV-Bemühungen um einen sauberen Vertrieb, der keine schwarzen Schafe oder Fehlberatungen wegen Provisionshascherei mehr will. Soweit so gut und volle Zustimmung.

Verwunderlich ist aber schon, dass Sandkühler am Ende seiner Ausführungen die Tonart wechselt und ziemlich barsch das Medienecho auf die Anschreibeaktion eines Versicherers mit verpflichtenden Erklärungen gegenüber Maklern aburteilt. Er schreibt von „tönenden Begleitgeräusche“ und der „vorgeschobenen“ (!) Sorge, der Versicherer könne „demnächst seine Kappos schicken.“ Kritische Medienvertretern werden von ihm mit dem Prädikat „Nörgler“ bedacht und deren Einwände mit dem Fazit „Geschrei um nix“ abgekanzelt.

Positionierung der Branche zum Beruf des Versicherungsmaklers

Nun sei jedem schreibenden Kollegen seine Meinung zu den Themen dieser Welt und besonders zur Versicherungsbranche gewährt. Das ist selbstverständlich. Es drängt sich aber doch die Frage auf, warum die Positionierung von einzelnen Maklern und ganzen Verbänden gegen den Inhalt und die Art und Weise der Verfahrensweise des kritisierten Versicherers durch den Kolumnisten so abgetan wird.

Eigentlich sollte doch es aufhorchen lassen, wenn Verbände der Finanz- und Versicherungsberater gegen die Vorgehensweise des Überstülpens von Verhaltensregeln für eigene Mitarbeiter und Vermittler von Versicherern auch auf freie Vermittler protestieren.

Diese Proteste richtet sich im Kern wohlgemerkt nicht gegen Inhalte des GDV-Kodex wie die gewünschte Solidität und hohe Qualität der Beratung oder das sich Abgrenzen gegenüber den schillernden Figuren der Branche, die Medien, Verbaucherschützer und Politik seit Monaten beschäftigen. Dazu besteht absoluter Konsens zwischen der übergroßen Masse der Makler, vielen Versicherern und dem GDV.

Hintergrund der „Proteste“ sind das latente Einbeziehen von Maklern in Verfahrensweisen für Ausschließlichkeitsvermittler bei gleichzeitigem Ignorieren von berechtigten Forderungen der Makler gegenüber einigen Versicherern zu Bestandsübertragungen auf Kundenwunsch, Vergütung der Bestandspflege und notwendigen Vertragsauskünften. Hinzu kommen manche Fälle von „Doppelmoral“, die nicht nur Maklern sauer aufstoßen.

Es waren schließlich nicht Makler, die Millionen Euro von unverdienten „Verkaufsfördermitteln“ nach Kassel zu MEG getragen haben. Es waren keine Makler, die die bekannten Incentivs mit Ausschweifungen organisiert haben. Es waren Versicherer, die trotz besseren Wissen überdimensionale Lebensversicherungen angenommen haben, mit denen betrügerische Geschäftsmodelle von Kapitalanlagegesellschaften finanziert wurden. Es sind heute noch einige Versicherer, die unter dem Deckmantel von „Verlosungen“ und „Bonusausschreibungen“ Vermittler über den Umweg von VIP-Lounges versuchen unzulässig zu beeinflussen.

Anerkennung und Achtung der Unabhängigkeit

An dieser Stelle wurden vor einiger Zeit einige Aspekte der GDV-Weiterbildungsinitiative „Gut beraten“ kritisiert. Mittelpunkt der Kritik war nicht die Forderung nach Aus- und Weiterbildung sondern die Art der Abwicklung. So wurde die Vergabe von Weiterbildungspunkten bei Produktschulungen von Versicherern oder das pauschale Einbeziehen aller Vermittler zu formalen Qualifikationsverpflichtungen hinterfragt.

Zur Erinnerung: Das EU-Parlament hat die geforderte Weiterbildung von Maklern an unabhängige akkreditierte Bildungsträger gekoppelt.

Dementsprechend dürften beispielsweise 40 Stunden Schulung bei ein und dem selben Versicherer zur Gewerbeversicherungen nicht nur dem Ansinnen der Weiterbildung widersprechen sondern auch den Effekt haben, dass der Makler dieses eine Produkt gut kennt, aber nicht die Marktangebote insgesamt oder umfängliche Fachkenntnis erhält. Denn Schwächen des jeweils eigenen Produktes oder die Marktpositionierung werden vom schulenden Versicherer doch eher ausgeblendet wenn nicht gar verschwiegen.

Ebenso fragwürdig ist es einen seit 20 Jahren im bAV-Geschäft ausgewiesenen Spezialmakler in Grundschulungen zu stecken. Alles nach dem Motto: Hauptsache die Punkte stimmen. Bewährte Systeme wie bei Fachanwälten (15 Stunden Weiterbildung pro Jahr als Pflicht!) oder Ärzten wurden bei der Konzeption ignoriert.

Und genau diese und andere Probleme der Branche mit unabhängigen Vermittlern werden in besagter Kolumne nur gestreift und damit tendenziell verharmlost. Und deshalb sehe ich das Thema nicht als „Geschrei um nix“.
Es wäre eher angebracht an die betreffenden Versicherer zu appellieren, zunächst die eigenen spezifischen “To Do’s“ in Ordung zu bringen und so beispielgebend in den Markt hineinwirken.

Solange vielfach Produkttransparenz fehlt, Ausschreibungen mit Laptops für Umsatz von freien Vermittlern zu finden sind, VIP-Karten für „beste Verkäufer“ in Fussballarenen, Kreuzfahrten für die besten Neugeschäftsproduzenten (ohne Frage nach der Bestandsqualität etc.), Bonuszahlungen für einseitig gelenkten Umsatz oder Mega-Messestände zur Nabelschau der Größe von Anbietern bei diversen Maklermessen zum Vertriebsalltag gehören, ist wohl eher das „Kehren vor der eigenen Haustür“ angesagt.

Maklerverbänden ist, wenn nicht schon geschehen, eine klare Positionierung nicht nur gegen die Eingriffe von Versicherern in ihren Geschäftsbetrieb sondern vor allem für einen eigenen Kodex auf Grundlage der bestehenden gesetzlichen Bestimmungen aber auch darüber hinausgehend zu empfehlen. Sich allein auf die Prüfung der Voraussetzungen für die Zuverlässigkeit gewerbsmäßig tätiger Versicherungsmakler durch die IHKn als Erlaubnisbehörden zu verlassen genügt wohl nicht. Makler sehen am Kunden am besten, was Kollegen empfohlen, versichert oder übersehen haben.

Selbstkontrolle ist angesagt.

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Dr. Peter Schmidt Peter_Schmidt_Portrait Experte Personenversicherungen und Unternehmensberater im Bereich Versicherungen, Vertriebe und Makler mit langjähriger Erfahrung als Führungskraft und Vorstand bei deutschen Versicherern und twittert als „assekuranzdoc“. Besuchen Sie auch seine Webseite und werden Sie Fan von Dr. Schmidt auf Facebook.

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