In der Welt der digitalen Romantik, wo ein Wisch nach rechts das Tor zu neuen Beziehungen öffnet, hat sich eine unerwartete Spezies eingenistet: Finanzvermittler. So berichtet die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung (FAS) über die zunehmend verbreitete Praxis, dass einige Strukturvertriebler auf Plattformen wie Tinder, Bumble und ähnlichen Apps aktiv sind, nicht etwa um die Liebe zu finden, sondern um potenzielle Kunden für Finanzprodukte zu akquirieren.
Digitale Taktiken im Wandel
Die Pandemie hat das Networking und die Kundenakquise in neue Bahnen gelenkt. Während früher Veranstaltungen und Sportclubs die Hauptarena für Vermittler waren, hat sich der Fokus auf die sozialen Medien und Dating-Apps verschoben. Hartmut Walz, Professor an der Hochschule für Wirtschaft und Gesellschaft Ludwigshafen, zitiert von der FAS, hebt hervor, dass der digitale Weg nun eine bevorzugte Methode darstellt. Ein Nutzer berichtet, dass er nach dem fünften Date von seiner neuen Bekanntschaft – einem Finanzvermittler der Swiss-Life-Tochter Tecis – nach seiner Altersvorsorge gefragt wurde. Es folgten Angebote für fondsgebundene Lebensversicherungen und weitere Produkte.
Die Kehrseite der Medaille
Doch die Methode birgt Risiken: Die so genannte „Porno = Storno“-Problematik, wie sie in der Branche bekannt ist, beschreibt das Phänomen, dass intime Beziehungen zwischen Vermittler und Kunde oft zu Stornierungen der abgeschlossenen Verträge führen. Ein ehemaliger Finanzvermittler eines Strukturvertriebs erklärt gegenüber VWheute, dass intime Beziehungen, sei es auf Tinder oder im realen Leben, geschäftsschädigend sein können. Trotz des Drucks, auf der untersten Stufe der Vertriebspyramide Abschlüsse zu tätigen, stellt sich die Frage, ob die emotionale Bindung, die für den Vertragsabschluss genutzt wird, letztendlich zum Verlustgeschäft führt, wenn das persönliche Interesse des Vermittlers nachlässt oder eine Beziehung scheitert.
