Wie bekommt unser Gesundheitswesen mehr Qualität?

Dieser Frage gingen beim Symposium der SDK-Stiftung Experten auf den Grund. Dabei zeigte sich: Es gibt zahlreiche Stellschrauben, an denen gedreht werden kann – davon profitieren Patienten, Steuer- und Beitragszahler.


Fellbach, 29.01.2015 – Bürger besser aufklären, Personal stärker weiterbilden, einfache Maßnahmen mit großer Wirkung umsetzen und von Vorbildern wie den USA lernen – damit sind nur einige wenige Punkte genannt, die Experten auf dem 6. Symposium der SDK-Stiftung im Haus des Sports in Bad Cannstatt in Stuttgart herausgearbeitet haben. Das jährliche Symposium hat sich bereits als feste Institution des Meinungsaustauschs etabliert. Das Thema: „Gesunde Qualität – Gesundheitsversorgung auf dem Prüfstand“. „Qualität begegnet uns in allen Bereichen des Lebens“, eröffnete Klaus Henkel, Kuratoriumsvorsitzender der SDK-Stiftung, die Veranstaltung. Ganz besonders aber hänge die Lebensqualität fundamental von Gesundheit ab. „Das deutsche Gesundheitssystem hat einen der höchsten Qualitätsstandards weltweit“, so Henkel, dennoch müsse man permanent an Qualitätsoptimierung arbeiten, um die Qualität dauerhaft abzusichern. „Qualität ist wichtig für unsere Stiftung“, erklärte im Anschluss Dr. Ralf Kantak, Vorstandsvorsitzender der SDK und ergänzte mit Blick auf das Gesundheitswesen: „Qualität sollte kein Privileg für die Privatversicherten sein, sondern das ganze System betreffen.“ Fünf Fachreferenten beleuchteten im weiteren Verlauf die Frage nach der Qualität jeweils aus ganz unterschiedlichen Blickwinkeln.


Wenn ein Patient drei Tage nach Krankenhaus-Einweisung erhöhte Temperatur bekommt, dann ist das ein Hinweis auf eine Infektion, die er sich in der Einrichtung zugezogen haben könnte. Wenn ein Knochenbruch nicht richtig verheilt, dann gab es möglicherweise Versäumnisse in der ambulanten Versorgung. Und wenn ein Patient gar im Rahmen eines Wahleingriffs verstirbt, dann war die Operation vielleicht eine Fehlentscheidung. All das sind Beispiele für Fehler, die eigentlich vermeidbar sind, aber dennoch täglich passieren, weil Abläufe in Krankenhäusern und ambulanten Einrichtungen nicht optimal aufeinander abgestimmt sind. „Über Qualität zu sprechen, ist daher unbedingt erforderlich“, sagte Dr. Bernd Brüggenjürgen, Leiter des SDK-Lehrstuhls für Gesundheitsökonomie. „Die Schwierigkeit ist, dass sie sich nicht so einfach messen lässt wie in anderen Branchen.“ Als Schritt in die richtige Richtung lobte er das Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTiG), das nun seit Januar im Auftrag der Bundesregierung Qualität erforschen und sichern soll.


Patienten sollen lernen mitzudenken


Der PKV plant derweil die Errichtung eines eigenen Institutes, um Qualitätskontrolle nach eigenen Maßstäben durchführen zu können. „Wir möchten einen eigenen Beitrag leisten“, sagte Dr. Timm Genett, Leiter der Abteilung Politik des Verbandes der Privaten Krankenversicherung (PKV). Das Institut der PKV soll einen besonderen Schwerpunkt haben: die Aufklärung der Patienten. Durch Öffentlichkeitsarbeit möchte der PKV die Bürger informieren, damit diese in Zukunft besser einschätzen können, welche Operationen und Therapien ihnen helfen und welche überflüssig sind. Genett zitierte den Gesundheitsmonitor 2014, eine Studie der Bertelsmann Stiftung, nach der sich mehr als die Hälfte aller Patienten eine gemeinsame Entscheidung mit dem Arzt wünschen. Er schlussfolgerte: „Die Kommunikation zwischen Arzt und Patient muss verbessert werden.“


Mit Qualität im Pflegesektor befasste sich Dr. Astrid Elsbernd in ihrem Vortrag. Entgegen der allgemeinen Annahme erklärte die Professorin der Fachhochschule Esslingen, dass Personalmangel gar nicht das größte Problem sei. Was wirklich fehle, sei Personal mit höheren Qualifikationen. „Uns mangelt es nicht so sehr an Händen, sondern vielmehr an Köpfen. Es gibt zu wenig Schulungsangebote und Fachvertiefungen. Wir brauchen aber Personal, das in der Lage ist, wie Ärzte zum Patienten in die Tiefe vorzudringen.“ Denn ein häufiges Problem sei auch, dass Ärzte und Pflegepersonal nicht den gleichen Erfahrungshorizont hätten, wodurch sich Probleme in den Abläufen ergeben könnten. Dabei sei es wichtig, dass Ärzte und Pfleger an einem Strang zögen. Elsbernd wünscht sich eine „interprofessionelle Zusammenarbeit auf Augenhöhe“, so wie sie in den USA praktiziert wird: Beim so genannten „Primary Nursing“ übernimmt eine Pflegekraft die Verantwortung für einen Patienten und betreut ihn ganzheitlich.


Messung schafft Vorteile im Wettbewerb


Einen Blick über den großen Teich warf auch Dr. Franz Fogt. Er berichtete aus seinem Arbeitsalltag als Leiter der Pathologie und Labormedizin am Universitätshospital der University of Pennsylvania. Dort hat er bereits diverse Maßnahmen zur Qualitätssteigerung umgesetzt. „Fangen Sie mit kleinen Projekten an wie der Handhygiene“, ermunterte er die Zuhörer. Dadurch verringere  sich die Anzahl der Wundinfektionen, was den Patienten viel Leid erspare und dem Krankenhaus viel Geld. „Wir haben beispielsweise durch ein Programm, das 29.000 Dollar gekostet hat, 125.000 Dollar gespart. Wenn man einmal damit anfängt, möchte man gar nicht mehr aufhören.“ Die Verbesserungen führten in seiner Klinik zu einer geringeren Sterberate und verhalfen der Einrichtung zu einem der höchsten Standards in den USA. Fogt gab den Zuhörern noch einen Tipp mit auf den Weg: Träger, die die Qualitätsmessung in der eigenen Einrichtung offen nach außen kommunizieren, verschaffen sich einen Wettbewerbsvorteil. „Deshalb schreiben wir die Erfolge auf unsere Website“, verriet er.


Was haben die Automobilindustrie und das Gesundheitswesen gemeinsam? Eigentlich nicht viel, dennoch können beide durchaus voneinander lernen. Wie das geht, erläuterte Dr. Roman Hipp von der Managementberatung Porsche Consulting GmbH, einer Tochter der Porsche AG. Ähnlich einem Boxenstopp bei einem Autorennen hat sein Unternehmen etwa die OP-Wechsel in einem Krankenhaus strukturiert: durchgeplant, zügig, aber gleichzeitig ruhig. „Hektik ist kein Zeichen von Qualität“, betonte er. „Oftmals lassen sich mit einfachen Maßnahmen die Potentiale gleich viel besser nutzen. Der Blick über den Tellerrand lohnt sich.“ Mit einem neu strukturierten OP-Plan konnte das Krankenhaus 30 Prozent der Zeit einsparen.


 


Es sprachen:


  • Professor Dr. Astrid Elsbernd, Professorin für Pflegewissenschaft an der Hochschule Esslingen, über mögliche Verbesserungen im Pflegesektor.
  • Professor Dr. Franz Fogt, Professor und Leiter der Pathologie und Labormedizin am Universitätshospital Pennsylvania, befasste sich mit der Optimierung der Abläufe in Krankenhäusern.
  • Dr. Timm Genett, Leiter der Abteilung Politik des Verbandes der Privaten Krankenversicherung (PKV), informierte über die Pläne des PKV, Qualitätssicherung durch mehr Aufklärung der Patienten zu erreichen.
  • Dr. Roman Hipp, Geschäftsbereichsleiter der Beratungsgesellschaft Porsche Consulting, schlug einen Bogen von der Automobil- zur Gesundheitsindustrie.
  • Durch das Symposium führte Professor Dr. Bernd Brüggenjürgen, Leiter des SDK-Instituts für Gesundheitsökonomie.

Die SDK im Profil


Einmal jährlich treffen sich Fachleute der Gesundheitsbranche beim SDK-Symposium zum Austausch zu einem aktuellen Thema aus Versorgungsforschung und Gesundheitsökonomie. Für die Teilnehmer ist das Symposium gleichzeitig Forum für Fragen, Diskussionen und Anregungen. Das SDK-Institut für Gesundheitsökonomie wurde von der SDK-Stiftung ins Leben gerufen und ist Teil der Steinbeis-Hochschule Berlin. Prof. Dr. Bernd Brüggenjürgen ist Lehrstuhlinhaber. Die SDK-Stiftung leistet mit seinem Lehrstuhl einen Beitrag zu einem nachhaltigen und zukunftsfähigen Gesundheitswesen in Deutschland. Die SDK-Stiftung selbst existiert seit 2007. Sie unterstützt unter anderem die internationale Hilfsorganisation „Ärzte der Welt“ sowie die Tour Ginkgo, eine Benefiz-Radveranstaltung der Christiane Eichenhofer-Stiftung zugunsten kranker Kinder.


Die SDK mit Sitz in Fellbach ist in Süddeutschland der Krankenversicherungsspezialist der Volksbanken Raiffeisenbanken. Hier zählt die SDK mit über 700 Millionen Euro Beitragseinnahmen zu den größten privaten Krankenversicherern. Über 600.000 Versicherte bauen beim Thema Gesundheitsvorsorge auf die SDK. Für kompetente Beratung und Hilfe sorgen rund 800 Beschäftigte im Innen- und Außendienst. Mit ihrem Kooperationspartner aus dem Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung, der mhplus Krankenkasse, bietet die SDK Vorsorgelösungen aus einer Hand. Renommierte Wirtschaftsmagazine und führende Rating-Unternehmen zählen die SDK zu den besten Unternehmen der Branche. Zu den kleineren Unternehmen zählt die Süddeutsche Lebensversicherung mit etwa 1,7 Milliarden Euro Versicherungssumme. Sie überzeugt durch höchste Kundenzufriedenheit und exzellente Kapitalanlageergebnisse. Die Süddeutsche Allgemeine Versicherung sichert Unfälle ab und macht das Angebot als Personenversicherer komplett.


Quelle: PRESSEMITTEILUNG

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