Sprechstunde beim @AssekuranzDoc: Eine Aufsicht für die Aufsicht?

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Von Dr. Peter Schmidt

Spielplatz. Kinder spielen in einer Kletterburg aus Holz. Das Holz ist morsch und beginnt zusammenzubrechen. Unsere Erwartungen an die anwesenden Eltern ist klar: Einschreiten und den Mangel an die zuständige Behörde melden. Wie aber ist das aber mit dem „Aufseher“ über den deutschen Finanz- und Versicherungsmarkt?

Inzwischen gibt es die deutsche Aufsichtsbehörde über die Banken, Versicherer und den Wertpapierhandel seit mehr als 12 Jahren. Über 2.000 Mitarbeiter stellen sich der Aufgabe 1.854 Banken, 681 Finanzdienstleistungsinstitute, etwa 592 Versicherungsunternehmen und 30 Pensionsfonds, 6.069 inländische Fonds und 78 Kapitalanlagegesellschaften zu beaufsichtigen.

Hohe Ansprüche

Als eines der Ziele schreibt sich die BaFin auf die Fahnen „durch ihre Marktaufsicht …Verhaltensstandards durch(zusetzen), die das Vertrauen der Anleger in die Finanzmärkte wahren. Zum Anlegerschutz gehört es auch, dass die BaFin unerlaubt betriebene Finanzgeschäfte bekämpft.“

Diese Aufgaben werden vielfach akribisch und bis ins Detail betrieben wie ich aus verschiedenen Führungsfunktionen in der Versicherungsbranche weiß. Auffälligkeiten und Vorfälle mit Vermittlern werden konsequent und regelmäßig nachgefragt. Aber das Bild von der Aufsicht hat Schatten bekommen.

Für Verbraucher und Vermittler von Versicherungs- und Finanzprodukten ist es um so befremdlicher, wenn sich Fälle zu häufen scheinen, in denen die Aufsicht für Anlegerschutz nicht oder nicht richtig funktioniert hat.

Phoenix, S&K und Co.

Nicht erst in jüngerer Vergangenheit fragen sich viele Kunden und Vermittler, ob die Aufsicht in allen Bereichen wirksam funktioniert.

Bereits kurz nach der Fusion der Einzelaufsichten zur BaFin gab es den Fall Phönix, zu dem die Behörde selbstkritisch schrieb, dass man erst „durch die neue Geschäftsleitung über Unregelmäßigkeiten informiert worden war, die diese aufgedeckt hatte. Dabei (ging) es um das Bestehen eines Kontos bei einem Londoner Broker. Über diesen Broker hat Phoenix Finanzgeschäfte für Kunden abgewickelt.“

Bereits lange vor diesem Eingeständnis gab es in der Branche laute Zweifel am Geschäftsmodell von Phoenix auf die damals augenscheinlich nicht rechtzeitig reagiert wurde, um Schaden von Kunden abzuwenden. Parallelen zu den Fällen um S&K, INFINUS AG Finanzdienstleistungsinstitut oder Prokon scheinen zu bestehen. Und die Kritik der Medien und Verbraucherschützer folgte prompt.

Im Fall S&K kritisierte das Manager-Magazin: „Hätte die Finanzaufsicht Bafin die Mehrzahl der geschlossenen Fonds der Frankfurter Immobilien-gruppe S&K von vornherein stoppen können?“ „Hätte die Bafin eingegriffen, wäre tausenden Anlegern das inzwischen entstandene, viele Millionen Euro schwere Anlagedesaster womöglich erspart geblieben.“

Für den Fall Prokon heißt es bei den GRÜNEN mit Bezug auf die Verbraucherzentrale Bundesverband: „Bis dato erfolgt bei Prokon lediglich eine Prüfung von Verkaufsprospekten auf Vollständigkeit. Eine Überprüfung der Seriosität des Geschäftsmodells durch die Aufsicht erfolgt jedoch nicht, da der Aufsicht einfach die gesetzliche Grundlage hierfür fehlt.“

Für den Betrachter bleibt unklar, warum man bei den Dimensionen von Kundengeldern im höheren dreistelligen Millionenbereich nicht dem eigenen Anspruch gegen unerlaubt betriebene Finanzgeschäfte vorzugehen ausreichend nachgekommen ist.

In der Erlaubnis des BaFin für eines der aufgeführten Unternehmen heißt es zum Beispiel: „Die Erlaubnis umfasst nicht die Befugnis, sich Eigentum oder Besitz an Kundengeldern oder Wertpapieren zu verschaffen.“ Gab es hier keinen Handlungsbedarf?

Jeder Bäcker wird stärker kontrolliert

Es wird deutlich, dass die Frage des Verbraucherschutzen bei Finanzdienstleistungen über die Aufsicht durch das BaFin hinauszugehen. Ich neige wahrlich nicht dazu, bei allem und jedem nach der Politik zu rufen, aber angesichts der Millionenschäden der letzten Zeit ist klarer Handlungsbedarf bei der Politik angesagt.

So stellt sich die Frage, warum die Kontrollen bei einigen Finanzdienstleistern nicht so funktionieren, wie dies im Alltag bei jedem normalen Bäcker und Konditoreigeschäft funktioniert. Hier stehen die Prüfbehörden der Landesämter für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit regelmäßig vor der Tür und praktizieren Verbraucherschutz. Es werde nicht nur die Formalien geprüft sondern auch hygienischen Mängel, verschmutzte und schadhafte Gerätschaften, Anlagen und Apparaturen.

Wenn das BaFin es „nur“ als seine Aufgabe ansieht zu prüfen, „ob die Prospektangaben inhaltlich richtig sind“, dann passt etwas nicht. Und die Erklärungen der Aufsicht, dass „die Qualität von Anlageprodukten nicht zum Prüfungsumfang“ gehört widerspricht zumindest der eingangs zitierten BaFin-Zielstellung „unerlaubte Finanzgeschäfte bekämpfen zu wollen“.

Aber es kommt Bewegung in das brisante Thema, wenn auch zaghaft. „Ich könnte mir vorstellen, dass man Anlagen nach ihrer Komplexität und den damit verbundenen Risiken kennzeichnet“, sagte Elke König der
ZEIT. Dies könne in Form einer Ampel geschehen: „Rot für hoch riskante Produkte, Gelb für weniger riskante und Grün für Anlagen mit relativ geringem Risiko.“

Der Ruf nach mehr Stringenz bei der Prüfung von Vermittlern ergibt sich aus meiner Sicht auch aus der Verfahrenweise bei der Erlaubniserteilung bzw. Rücknahme der Erlaubnis für die Vermittlung von Kapitalanlage-produkten nach §34f der GewO. Die Zuständigkeiten in den einzelnen Bundesländern gehen von der örtlichen Polizeibehörde über das Gewerbeamt bis meist zur IHK. Ohne jemanden zu nahe treten zu wollen, scheint auch hier nur eine Prüfung der „Formalien“ möglich. Das genügt aber nicht.

Selbstreinigung und Selbstkontrolle

Auch weil die gesetzlichen Kontrollmechanismen oft nicht greifen ist es ein gutes Zeichen, dass einige Verbände der Versicherungs- und Finanzvermittler Verfahrensweise zu Qualitätssicherung selbst in die Hand nehmen.

Als Beispiel sei aus dem Statut des IGVM, eines kleiner Maklerverbandes zitiert, dessen Ziele positiv an traditionelle „Handwerkerinnungen“ erinnern: „Nutzung einheitlicher Qualitätsstandards, was die Risikoanalyse, den Vermittlungsvorgang und die Schadensbetreuung angeht. Festigung des Berufsbildes eines Versicherungsmaklers als eines auf der Seite seiner Mandanten stehenden, unabhängigen Beraters und Vermittlers, im Gegensatz zum Vertreter eines oder mehrerer Versicherer.“

Und zu dieser regionalen Selbstkontrolle gehört auch, dass man Maklerkollegen auf Fehler in der Beratung oder Selbstdarstellung aufmerksam macht. Der eigenen Anspruch könnte lauten: „Immer habe ich nach dem Grundsatz gehandelt, lieber Geld verlieren als Vertrauen. Die Unantastbarkeit meiner Versprechungen, der Glaube an den Wert meiner Ware und an mein Wort, standen mir höher als ein vorübergehender Gewinn.“
So sah das Robert Bosch.

In dem Sinne ist ein Stück mehr Kontrolle zum Erhalt des Vertrauens wohl angeraten. Oder wie sehen Sie das?


Dr. Peter Schmidt

Peter_Schmidt_Portrait

Experte Personenversicherungen und Unternehmensberater im Bereich Versicherungen, Vertriebe und Makler mit langjähriger Erfahrung als Führungskraft und Vorstand bei deutschen Versicherern und twittert als „assekuranzdoc“. Besuchen Sie auch seine Webseite und werden Sie Fan von Dr. Schmidt auf Facebook.

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