Makler brauchen eine richtige Vertretung

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Kürzlich im Gespräch mit einem Makler. Wütend posaunte er: „Auf uns Makler hört doch niemand. Der Politik und vielen Versicherern sind wir doch sch…egal!“ Diese Meinung ist kein Einzelfall. Warum fühlen sich viele Vermittler von Finanz- und Versicherungsprodukten allein gelassen? Warum gibt es keine Gewerkschaft für Makler? Diese Kolumne versucht ein paar Antworten.

Sind alle Vermittler in Deutschland in einem Verein?

Wenn man allein die Mitgliederzahlen der größten Vermittlerverbände betrachtet, ist jeder vierte Finanz- und Versicherungsberater in einem Verband organisiert. Doch dem ist nicht so, wenn man sich einmal die Zusammensetzung der Mitglieder einzelner Verbände etwas näher anschaut. Die Mitgliedschaft von „Organmitgliedern“, darunter komplette Vertretervereinigungen der Ausschließlichkeit von Versicherern oder die Mitgliedschaft von Maklerpools mit tausenden von untergebundenen Vermittlern verfälschen das Bild von der Mitgliedschaft in rund einem Dutzend von Vermittlerverbänden.

Ein Blick auf die Verbände selbst

Etwas sarkastisch betrachtet ist (fast) jeder dieser größeren Verbände nach eigener Einschätzung der Größte. Das hilft wohl in der Politik in Berlin und Brüssel „ein Ohr zu finden“. Marketing eben. Der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute e.V. (BVK) vertrat im vergangenen Jahr 9.925 Vollmitglieder (2002: 12.924) und 56 Vertretervereinigungen, darunter auch Probemitgliedschaften oder Mitgliedschaften zu besonders günstigem Beitrag. Zusammen 40.000 Versicherungsvertreter und mit ca. 1.200 Maklern zugleich auch der größte deutsche Versicherungsmaklerverband, wie es im Geschäftsbericht des BVK 2012 heißt.

Der Verband Deutscher Versicherungsmakler e.V. (VDVM) repräsentiert nach eigenen Angaben ca. 12.000 Mitarbeiter von 693 Versicherungsmakler-Unternehmen. Und der AfW-Verband verweist darauf, dass er circa 30.000 Versicherungs- und Kapitalanlagevermittler mit seinen 1.600 Mitgliedsunternehmen vertritt.

Transparenz in den Verbänden meist Fehlanzeige

Bei den großen Verbänden fehlen dem Betrachter neben den Angaben zur Zusammensetzung der Mitglieder, Vermittlerbetriebe und Mitarbeiter häufig auch Angaben zu den Finanzierungsgrundlagen, sprich: die notwendige Transparenz.

Nehmen wir zum Beispiel den BVK, der über die Mitgliedschaft von Vertretervereinigungen Vermittler aus der Ausschließlichkeit und freie Vermittler vertritt. Es stellt sich die Frage, wie sich die Vertretung von Interessen der sich deutlich unterscheidenden Gruppen von Vermittlern, also AO und Maklern, unter einen Hut bringen lassen? Beispiel: Im BVK- Geschäftsbericht 2012 wird von einer gewissen Auskömmlichkeit von AO-Agenturen bei 25 o/oo LV-Provision gesprochen. Im Gegensatz dazu kann eine Maklerfirma davon nicht existieren. Oder: Wie viele beitragszahlende Mitglieder verstecken sich konkret hinter den „Organmitgliedern“?

Der VDVM hebt sich in solchen Fragen positiv ab: Mitgliedsbeitrag 1.000 EUR pro Jahr, keine Fördermitglieder aus der Branche und nach eigenen Angaben auch kein Sponsoring.

Bei anderen Verbänden bleiben die Rollen von Versicherern, Finanzdienstleistern, Pools oder Genossenschaften als Fördermitglieder bei der Bestimmung der Vereinspolitik eher im Dunklen. Und in manchem Verein ist die Verquickung von Pool- und Vereinsinteressen kein Geheimnis. Wenn in diesen Fällen der Makler kein Vereinsmitglied ist, dann kann er eben auch im betreffenden Pool nicht mitmachen.

Vermittlerverbände in der Öffentlichkeit

Sowohl die großen als auch mehrer kleinere Verbände der Vermittler bemühen sich um viel Aufmerksamkeit der Politik in Berlin und Brüssel sowie der vielfältigen Medienlandschaft. Selbst für kleinere Verbände ist eine Akkreditierung in Brüssel als Interessenvertreter deutscher Finanzdienstleister ein Muss geworden.

Die medialen Schlagzeilen der Verbände waren in der letzten Zeit vielfältig. So treibt der BVK seine Vorstellungen vom „Ehrbaren Kaufmann“ seit mehr als einem Jahr weiter voran. Die grundsätzlich meist ehrenwerte Anliegen werden aber zum Teil durch die unterschiedlichen Interessen der Mitglieder eher konterkariert.

Der VDVM erhielt größere mediale Aufmerksamkeit mit seinem Vorstoß zu einem gemeinsamen Projekt mit einem Versicherer, ein neues Courtagemodell mit reduzierten Vergütungen ausprobieren zu wollen.

Der AfW-Verband holte sich zum gleichen Thema Verstärkung aus zahlreichen Pools um mit der „Berliner Erklärung“ und der „Initiative Pools für Makler“ für die existenziellen Sorgen vieler Einzelmakler einzutreten.

Hervorzuheben ist, dass sich dast alle Verbände regelmäßig mit Versicherern, Handelsunternehmen oder Krankenkassen anlegen. Das ist nicht nur im Interessen der Vermittler, sondern auch der Kunden. Exemplarisch seien hier die BGH-Urteile gegen die AOK Nordost bzw. zu den Rückkaufwerten von Lebensversicherungen oder die Unterlassungserklärung der C&A-Bank genannt, die durch AfW, BVK und IGVM erwirkt wurden.

Nicht zu unterschätzen – die „kleinen“ Vermittlerverbände

Dennoch ist das, was die größeren Verbände machen, vielen Maklern nicht konkret genug. Die Unzufriedenheit über ständig neue Gesetze und Auflagen, Bürokratisierung und Schikanen manches Versicherers nimmt nicht ab und die vorhandenen Verbände und Verbünde können manchen Makler nicht überzeugen.

So finden kleinere Verbände gerade deshalb Zulauf, weil diese konsequenter für die Qualität, das Erscheinungsbild und die ureigenen Interessen von speziellen Vermittlergruppen wie zum Beispiel Makler eintreten. So verfolgt der IGVM e.V. das Ziel der Schaffung eines eigenständigen Maklergesetzes. Ein solches Gesetz gibt es bereits beim kleinen Nachbarn Österreich. In einem solchen Gesetz sollten nach Meinung des IGVM e.V. klarer als bisher die Pflichten und Rechte eines Versicherungsmaklers vor, während und nach der Versicherungsvermittlung definiert werden.

Die Mitgliedschaft in solchen spezialisierten Verbänden kann der Kunde auch als Gütesiegel verstehen. Fachkompetenz, professionelles Arbeiten, Auftreten sowie Seriosität solcher Maklerbetriebe geben dem Berufsbild des Makler einen anderen qualitativen Anstrich als bekundete imaginäre „Berufsbilder“ von einer bunten Mischung von Vermittlern in großen Vereinen.

Als ich kürzlich mit Matthias Glesel, Geschäftsführer der Berliner Maklerfirma GMFS und neuer Vorsitzender des IGVM e.V. sprach, drängte sich mir der Vergleich mit der Gewerkschaft der Lokomotivführer auf. Während große Verbände Themen der „großen Politik folgen, versuchen die „Kleinen“ pragmatische Themen zu stemmen. So ist der IGVM e.V. aktuell zum Beispiel dabei sich eines leidigen Themas der Versicherungsmakler anzunehmen, die bei Übernahme der Betreuung von Verträgen von einem anderen Vermittler von einigen Versicherern keine Vergütung für die Betreuung der Bestände erhalten. Eigentlich ein „No Go -Thema“, wenn diese Versicherer sich am Kundenwunsch und an qualitativ hochwertiger Betreuung der Kunden orientieren würde.

Fazit

Den existierenden „neuen“ und „alten“ Verbänden ist eine Rührigkeit für die Interessen der Vermittlern nicht abzusprechen. Engagiert sind deren Protagonisten um Interessenvertretung bemüht. Den größeren Verbänden fehlt häufig die Fokussierung auf spezielle und existenzielle Interessen ihrer Mitglieder. Das können manche kleinere Verbände besser.

Was den größeren und kleineren Verbänden aber hauptsächlich fehlt, dass ist die „Massenbasis“ und das aktivere Mitwirken der eigenen Mitglieder.

Trotz einiger zehntausend Mitglieder in rund einem Dutzend Vermittlerverbänden ist der Organisationsgrad der Vermittler noch ein Trauerspiel. Treffend kritisierte Norman Wirth, geschäftsführender Vorstand des AfW- Verbandes: „Nahezu jede andere Berufsgruppe – ob Taubenzüchter oder Waffenbesitzer – ist stärker organisiert als die Vermittlerschaft.“

Es ist an der Zeit für alle Finanz- und Versicherungsvermittler sich ihres Potentials als Wähler bewusst zu werden und sich bei der Politik stärker Gehör zu verschaffen. Für einen Dachverband, sowie die Brachen- oder Spartengewerkschaften des DGB das machen, scheint die Zeit reif.

Ob der einzelnen Makler – um im Bilde zu bleiben – sich bei „Energie, Bergbau, Chemie“ oder bei den „Lokführern“ besser vertreten fühlt, bleibt ihm oder ihr überlassen.

Aber die Verbandschefs sollten endlich eine gemeinsame Stimme finden.

Oder wie sehen Sie das?


Dr. Peter Schmidt

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Experte Personenversicherungen und Unternehmens- berater im Bereich Versicherungen, Vertriebe und Makler mit langjähriger Erfahrung als Führungskraft und Vorstand bei deutschen Versicherern und twittert als „assekuranzdoc“. Besuchen Sie auch seine Webseite und werden Sie Fan von Dr. Schmidt auf Facebook.

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