BaFin verschärft Aufsicht: Julia Wiens kündigt Prüfung der Preispolitik und KI-Risiken in der Versicherungsbranche an

Auf der Jahrestagung der Versicherungsaufsicht in Bonn hat BaFin-Exekutivdirektorin Julia Wiens klargestellt, dass die Preisgestaltung in der Schaden- und Unfallversicherung künftig genauer geprüft wird. „Wir werden uns mit einigen Preisdifferenzierungen näher auseinandersetzen müssen“, sagte Wiens. Im Zentrum stehen die Kfz-Versicherungen – konkret Preisstrukturen, Rabattsysteme und das sogenannte Price-Walking, also wiederholte Prämienerhöhungen ohne Bezug zu Risiko oder Kosten. Solche Praktiken, mahnte Wiens, „sind mit den Grundsätzen der Wohlverhaltensaufsicht nicht vereinbar“.

Auch bei fondsgebundenen Lebensversicherungen sieht die Aufsicht Fortschritte: sinkende Effektivkosten zeigen laut Wiens, dass Regulierung Wirkung zeigt. Die BaFin will künftig stärker prüfen, welchen realen Nutzen Lebensversicherungen im Rentenbezug haben – Sicherheitsmargen dürfen nicht länger zulasten der Versicherten gehen.

Kapitalanlage: Risiken abseits der Börse nehmen zu

Ein weiterer Schwerpunkt der Rede lag auf der Kapitalanlage. Laut einer aktuellen Blackrock-Umfrage investieren Versicherer zunehmend in Alternative Investments wie Private Equity, Private Debt und Immobilien. Wiens lobte die Entwicklung grundsätzlich, warnte aber zugleich: „Das reicht nicht, um zukunftsfähig zu werden.“ Besonders kleinere Versicherer stünden unter Druck, ihre Risikomanagementsysteme zu stärken – andernfalls drohten Leistungskürzungen. „In Einzelfällen kann das gravierende Konsequenzen haben“, betonte Wiens. Die klare Botschaft: Investieren ja, aber nur dort, „wo man die Anlageklasse auch wirklich versteht“.

Künstliche Intelligenz: Chance und Herausforderung zugleich

Neben Kapital und Kosten rückte Wiens auch die digitale Transformation ins Zentrum. Versicherer müssten stärker in IT und Künstliche Intelligenz (KI) investieren, um wettbewerbsfähig zu bleiben. „Wir wollen zukunftsfähige Versicherer – solche, die die Möglichkeiten innovativer Technologien ergreifen“, so Wiens. KI könne nicht nur Prozesse optimieren, sondern auch Bereiche wie Wissensmanagement und Compliance voranbringen.

Gleichzeitig warnte sie vor den Risiken algorithmischer Entscheidungen – insbesondere vor Diskriminierungspotenzialen. Im Zuge der europäischen KI-Verordnung werde die BaFin voraussichtlich als Marktüberwachungsbehörde für den Finanzsektor fungieren. Ziel sei eine verhältnismäßige Auslegung: Standardstatistische Verfahren sollten nicht als Hochrisiko-KI eingestuft werden. Doch auch hier gilt das Prinzip der Antithese zwischen Fortschritt und Verantwortung – Innovation ja, aber nur mit klaren Governance-Strukturen.

Quelle

In Kooperation mit der
INTER Versicherungsgruppe