Heftigster Einbruch seit 2013: Goldpreis verliert binnen Stunden über sechs Prozent
Nach einem Rekordlauf folgt der Absturz: Der Goldpreis ist am Dienstag (21. Oktober) um bis zu 6,3 Prozent gefallen – der stärkste Rückgang seit über einem Jahrzehnt. Noch am Vortag hatte das Edelmetall mit 4.381,52 US-Dollar je Unze ein neues Allzeithoch markiert. Am Mittwochmorgen (22. Oktober) stabilisierte sich der Kurs leicht und notierte bei rund 4.139 Dollar. Der Rücksetzer kommt nach einer monatelangen Rally, in der Anleger Gold als Schutzschild gegen geopolitische Risiken und Marktunsicherheiten gesucht hatten. Nun hat sich die Nachfrage nach sicheren Häfen spürbar abgekühlt – nicht zuletzt, weil sich US-Präsident Donald Trump und Chinas Staatschef Xi Jinping zu einem Handelsdialog treffen wollen. In Indien, einem der wichtigsten Goldmärkte weltweit, ebbt zudem die saisonale Kauflust nach dem Festgeschäft ab.
Kaufrausch vorbei – Experten sehen technische Korrektur statt Panik
„In den letzten Sitzungen haben Händler zunehmend über die Schulter geblickt, da Bedenken hinsichtlich einer Korrektur zugenommen haben“, erklärte Ole Hansen, Rohstoffstratege bei der Saxo Bank. Der drastische Anstieg der vergangenen Wochen habe technische Indikatoren – etwa den Relative-Stärke-Index – deutlich in überkaufte Zonen gedrückt. Parallel dazu verteuerte ein erstarkter US-Dollar den Erwerb von Edelmetallen für internationale Käufer:innen. Hansen sieht den Rückschlag als Lackmustest für den Markt: „In Korrekturphasen zeigt sich die wahre Stärke eines Trends – und auch diesmal dürfte solides Kaufinteresse Rücksetzer begrenzen.“ Ähnlich äußerte sich Charu Chanana, Chef-Anlagestrategin bei Saxo Markets: Der jüngste Ausverkauf sei vor allem eine „Positionsbereinigung“. Erst wenn sich Faktoren wie steigende Kreditspreads oder systematische Abverkäufe über mehrere Anlageklassen hinweg zeigen, könne daraus ein echtes Risikoereignis werden.
Volatilität steigt – fehlende Daten verstärken Unsicherheit
Die Nervosität an den Edelmetallmärkten wächst. Wegen des US-Regierungsstillstands fehlen zentrale Berichte der Commodity Futures Trading Commission, die normalerweise Einblick in die Positionierungen von Hedgefonds und institutionellen Anlegern geben. Ohne diese Daten steige die Gefahr überzogener Spekulation, warnt Hansen. Das zeigt sich auch am Derivatemarkt: An den letzten beiden Handelstagen der Vorwoche wechselten über zwei Millionen Optionskontrakte des weltweit größten goldgedeckten ETF den Besitzer – ein neuer Rekord. Noch liegen die ETF-Bestände laut Tatiana Darie, Makrostrategin bei Bloomberg, „unter den historischen Höchstständen“. Doch die Dynamik könne schnell kippen: „Wenn die ausstehenden Daten eine robustere US-Wirtschaft zeigen, dürfte der Preisdruck auf Gold weiter zunehmen.“ Auch Silber geriet unter Druck – mit einem Einbruch von 8,7 Prozent, dem größten Tagesverlust seit Anfang 2021. Händler sprechen von einer „Atempause nach einer beispiellosen Rally“. Zwischen Euphorie und Ernüchterung pendelt der Markt – ein klassisches Szenario, in dem Erwartungen und Realität aufeinandertreffen.
