Zwei von drei Anlegern interessieren sich für Nachhaltigkeit
Berlin, 15. Oktober 2025 – Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) hat erstmals umfassend untersucht, welche Erwartungen Verbraucher an nachhaltige Finanzprodukte haben – und liefert damit neue Impulse für eine Debatte, die die Finanzbranche seit Jahren spaltet. Die repräsentative Online-Befragung von 1.528 Personen im Juni 2025 zeigt: 65 Prozent der Befragten interessieren sich zumindest ein bisschen für nachhaltige Geldanlagen, 29 Prozent haben bereits investiert. Besonders im Fokus stehen Transparenz und verbindliche Standards: Rund zwei Drittel der Nachhaltigkeitsinteressierten wünschen sich, dass Menschenrechtsverletzungen ausgeschlossen werden; mehr als die Hälfte erwartet dies auch für Investitionen in geächtete Rüstungsgüter oder Kohleverstromung. Bei Mindestquoten setzt die Mehrheit klare Grenzen: 71 Prozent verlangen mindestens 50 Prozent nachhaltiger Anlagen, 35 Prozent sogar 75 Prozent – im Schnitt erwarten die Befragten einen Anteil von 57 Prozent.
Verbraucher bewerten Produktkategorien kritisch
Die Bafin testete vier mögliche SFDR-Reformkategorien: nachhaltige Finanzprodukte (82 % Zustimmung), Transformationsprodukte (56 %), Ausschlussprodukte (39 %) und Mischprodukte (30 %). Fazit der Aufsichtsbehörde: Produkte ohne klare ökologische, soziale oder Governance-Ziele werden von Verbrauchern nicht als nachhaltig wahrgenommen. Artikel-8-Fonds gelten zwar für Emittenten und Vertrieb als nachhaltig, bei Verbrauchern schneiden sie jedoch schlechter ab als Artikel-9-Fonds mit explizitem Nachhaltigkeitsziel. Praktisch bedeutet das: Wer Transparenz und Nachhaltigkeitsbindung verspricht, muss diese auch klar dokumentieren – sonst droht Irreführung.
Informationspflicht und Kontrolle stehen im Vordergrund
97 Prozent der Befragten fordern detaillierte Angaben zu Nachhaltigkeitsaspekten, 60 Prozent möchten diese Informationen bereits vor Vertragsabschluss. Kritisch gesehen wird zudem, wenn nicht nachhaltige Investments nicht offengelegt werden: 70 Prozent empfinden fehlende Angaben als irreführend. Bei der Kontrolle sprechen sich 62 Prozent für staatliche Behörden aus, 43 Prozent nennen Wirtschaftsprüfer, nur 28 Prozent die Unternehmen selbst; regelmäßige Prüfungen wünscht sich die Mehrheit (66 %). Die EU-Kommission arbeitet derzeit an einer Anpassung der seit 2021 geltenden Offenlegungsverordnung, um nachhaltige Investments verständlicher zu machen. Die Bafin-Umfrage liefert die Verbraucherperspektive für den Reformprozess – und verdeutlicht, dass regulatorische Komplexität und Kundenerwartungen weiterhin weit auseinanderliegen
