Regierung plant Reform des Widerrufsrechts – Streit um Verbraucherschutz entflammt

Die Bundesregierung will das Widerrufsrecht bei Finanzdienstleistungen neu regeln – und damit eine juristische Dauerbaustelle schließen. Künftig soll der Widerruf eines Vertrags über Finanzdienstleistungen nach zwölf Monaten und 14 Tagen enden, bei Lebensversicherungen nach 24 Monaten und 30 Tagen. Damit fällt das bisherige „ewige Widerrufsrecht“, das Kund:innen auch Jahre später einen Rücktritt vom Vertrag erlaubte, weitgehend weg. Was als Vereinfachung gedacht ist, entzweit nun die Branche: Verbraucherschützer:innen wie Stephen Rehmke, Vorstand des Bundes der Versicherten (BdV), sprechen von einem „traurigen Lehrstück“. Vermittlerverbände wie der AfW hingegen sehen in der Reform eine überfällige Korrektur – und eine Chance für mehr Rechtssicherheit.

Verbraucherschützer warnen vor Rückschritt – Vermittler fordern klare Grenzen

Rehmke kritisiert, die geplante Begrenzung setze ein falsches Signal. „Wer schlecht informiert, profitiert künftig von der Zeit“, so der BdV-Vorstand. Bislang begann die Widerrufsfrist erst dann, wenn Versicherer ihren Informationspflichten korrekt nachgekommen waren – fehlerhafte Belehrungen führten also zu offenen Fristen. Gerade bei kapitalbildenden Lebensversicherungen war das ein scharfes Schwert, da Abschluss- und Vertriebskosten bei einem Widerruf erstattet werden mussten. Rehmke hält die neue Regelung daher für eine Einladung, Informationspflichten weniger ernst zu nehmen. Ganz anders Norman Wirth, geschäftsführender Vorstand des AfW Bundesverband Finanzdienstleistung: Für ihn ist das geplante Gesetz „keine Niederlage, sondern eine Chance“. Das „ewige Widerrufsrecht“ habe jahrelang für Unsicherheit gesorgt, Prozesse verlängert und Kosten für alle Versicherten erhöht.

Zwischen Reformwillen und Halbherzigkeit – was der Markt jetzt erwartet

Wirth mahnt jedoch an, dass der aktuelle Entwurf zu zögerlich sei: Die Frist müsse in jedem Fall gelten, sobald eine Belehrung erteilt wurde – auch wenn sie kleine Fehler enthält. Nur wenn diese völlig fehle, solle das Recht unbegrenzt fortbestehen. Zudem fordert der AfW eine Rückwirkung auf bestehende Verträge, um „jahrzehntelange Rechtsunsicherheit“ zu vermeiden. Für die Versicherungsbranche wäre die Reform damit ein Befreiungsschlag, für viele Verbraucher:innen dagegen ein Einschnitt. Zwei Positionen, die gegensätzlicher kaum sein könnten – und doch dasselbe Ziel verfolgen: endlich klare Regeln in einem Streitfeld, das seit Jahren zwischen Paragraphen, Prozessen und Prinzipien gefangen ist.

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