Industrie- und Gewerbeversicherung: Wenn die Deckung immer dünner wird

Die Situation in der Industrie- und Gewerbeversicherung spitzt sich zu: Engpässe bei Deckungskapazitäten, lange Bearbeitungszeiten und der Mangel an qualifizierten Ansprechpartnern bringen zunehmend Unruhe in die Maklerschaft. Auch die Finanzaufsicht reagiert auf diese Entwicklung. Ein Sprecher der BaFin bestätigte gegenüber procontra, dass nun auch für das Gewerbegeschäft verbindliche Bearbeitungszeiten von maximal einem Monat für Anträge erwartet werden – eine Ausweitung der bisherigen Regelung, die sich bisher nur auf das Privatkundengeschäft bezog.

Diese Entwicklung ist alarmierend, denn ein ausreichender Versicherungsschutz ist für mittelständische Unternehmen existenziell. Die zunehmende Deckungsnot und Verzögerungen gefährden nicht nur den Schutz dieser Firmen, sondern stellen auch Makler vor große Herausforderungen. Diese müssen trotz erschwerter Bedingungen ihre Rolle als Kundenvertreter verantwortungsvoll und wirtschaftlich ausfüllen, ohne dabei Haftungsrisiken einzugehen. Dabei ist das Gewerbegeschäft grundsätzlich attraktiv, da es oft höhere Vergütungen bietet als das Privatkundengeschäft – wie Pedro Martinho von Amexpool betont.

Ansprechpartner adé: Standardisierung vs. individuelle Betreuung

Makler berichten aus der Praxis von einer gravierenden Verschlechterung der Kommunikation mit Versicherern. Nico Streker, Geschäftsführer von Asspick, hebt hervor, dass viele Gesellschaften lokale Fachansprechpartner abgeschafft und durch Call-Center ersetzt haben. Diese Strukturen führen zu fehlendem Fachwissen, eingeschränkter Entscheidungsbefugnis und damit zu erheblichen Verzögerungen.

Franziska Geusen, Geschäftsführerin bei Hans John Versicherungsmakler und Vorständin des AfW Bundesverbands Finanzdienstleistungen, ergänzt, dass die Erreichbarkeit bei Versicherern „ausgesprochen uneinheitlich“ ist. Während einige noch persönliche Ansprechpartner bieten, setzen viele auf zentrale Ticketsysteme, was in der Praxis oft zu Rückfragen und Zeitverlust führt. Dies erhöht den Aufwand für Makler und schmälert die Zeit für eine individuelle Kundenbetreuung.

Ein anonymer Makler warnt sogar: „Makler fühlen sich in ihrem Status bedroht. Ohne individuelle Antworten und verlässliche Ansprechpartner ist der Beruf kaum mehr ausübbar.“

Empirische Belege: Studie zeigt Kapazitätsengpässe in der Industrieversicherung

Die Umfrage der Versicherungsforen Leipzig im Auftrag des Bundesverbands Deutscher Versicherungsmakler (BDVM) bestätigt die Sorgen. Die Mehrheit der Makler erlebt deutliche Kapazitätsengpässe, insbesondere bei den Risiken Feuer, Explosion, Leitungswasser, Betriebsunterbrechung und Naturkatastrophen. Besonders betroffen sind Branchen wie Abfallwirtschaft und Recycling.

Als Hauptursachen werden strengere Risikoselektion, verschärfte Anforderungen sowie steigende Schadenkosten und -quoten genannt. Makler berichten zudem von höheren Prämien und Selbstbeteiligungen. Viele Unternehmen verzichten daher zunehmend auf notwendigen Schutz – eine Entwicklung, die langfristig nicht nur einzelne Firmen, sondern die gesamte Wirtschaft gefährden kann. Die BaFin hat diesen Zusammenhang erkannt und intensiviert ihre Überwachung.

Quelle

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

In Kooperation mit der
INTER Versicherungsgruppe