Aufbruch im Sturm: Wie ETFs trotz Krisenwetter den deutschen Finanzmarkt revolutionierten
11. April 2000 – ein Datum, das nicht gerade nach großem Aufbruch roch. Die Euphorie des Neuen Marktes war gerade in sich zusammengebrochen, als die Deutsche Börse als erste in Europa den Handel mit Exchange Traded Funds einführte. Zwei Produkte von Merrill Lynch – heute unter dem Namen iShares bekannt – machten den Anfang. Der Zeitpunkt? Ungünstig. Der Markt? Verunsichert. Die kommenden Jahre brachten Terror, Finanzkrisen, Skepsis. Doch gerade diese widrigen Umstände verliehen dem ETF-Start eine gewisse Ironie: Wo viele Risiken witterten, legte sich der Grundstein für eine stille Revolution. Der damalige Projektleiter Jan Altmann erinnert sich, dass das Xetra-System mit seiner Mindestordergröße von einem Anteil ein entscheidender Faktor für den Standort Frankfurt war. Der deutsche Markt setzte auf Infrastruktur statt Euphorie – und das zahlte sich aus.
Vom Randprodukt zur Investment-DNA: Die rasante Evolution des ETF-Marktes
Ein Blick zurück zeigt: Die Idee war nicht neu. Schon 1900 verglich der Mathematiker Louis Bachelier die Börse mit dem torkelnden Gang eines Betrunkenen – ein Bild, das auch heute noch fasziniert. Doch erst 1993 kam mit dem SPDR S&P 500 der erste ETF in den USA auf den Markt. Europa zog sieben Jahre später nach – mit Deutschland als Vorreiter. Der Widerstand der aktiven Fondsindustrie war groß, zu groß schien der Machtverlust durch die neue, transparente Konkurrenz. Doch die Zahlen sprechen eine andere Sprache: Von 200.000 ETF-Sparplänen im Jahr 2014 auf rund 9,5 Millionen bis Ende 2024 – ein Anstieg, der ebenso still wie gewaltig war. Das investierte Vermögen stieg im selben Zeitraum auf 148,5 Milliarden Euro. Neue Player wie Indexchange oder Union Investment setzten Meilensteine, während iShares, Amundi und DWS das Marktgeschehen heute dominieren. Und der Boom hält an: Allein 2024 flossen europäischen ETFs 250 Milliarden Euro zu – Rekord.
Neue Märkte, neue Risiken – und eine neue Realität
Was sich leicht erzählt, war hart erkämpft. Synthetische ETFs sorgten 2011 für Vertrauensverluste, obwohl Sicherheitsmechanismen längst etabliert waren. Physische ETFs wurden wegen Wertpapierleihe kritisch hinterfragt – ein Lehrstück in moderner Kapitalmarktkritik. Doch auch das zeigte Wirkung: Die Produkte wurden robuster, die Regulierung klarer. Die Ucits-III-Richtlinie der EU war dabei ein Katalysator. Und mit der Steuerreform von 2018, die thesaurierende und ausschüttende Fonds gleichbehandelt, wurden ETFs endgültig massenmarktfähig. Heute dominieren Themen-ETFs, nachhaltige Strategien und zunehmend auch aktive ETFs das Bild. „Seit 25 Jahren helfen ETFs den Menschen in Deutschland dabei, ihre finanziellen Ziele effizient und transparent zu erreichen“, sagt Sebastian Külps von Vanguard. Inzwischen liegt das global verwaltete Vermögen in ETFs bei über 10 Billionen US-Dollar – Europa hält rund 15 bis 20 Prozent davon. Was 2000 als mutiger Schritt in unsicherem Terrain begann, ist heute ein unverzichtbarer Teil der Anlagestrategie von Millionen. Der nächste Akt der ETF-Erfolgsgeschichte? Bereits in Arbeit.