Urteil zu Embedded Insurance: CTS Eventim darf Kunden nicht unter Druck setzen

Ein aktuelles Urteil des Oberlandesgerichts Bamberg (Az. 3 U KL 11/24 e) zeigt: Was für die Assekuranz als Wachstumsmarkt gilt, birgt zugleich rechtliche Risiken. Konkret untersagte das Gericht dem Ticketanbieter CTS Eventim, Kunden beim Online-Kartenkauf durch ein aufpoppendes Fenster mit der Aussage „Ich trage das volle Risiko selbst“ zur Buchung einer Ticketversicherung zu drängen. Wer eine Zusatzversicherung bereits bewusst abgelehnt hat, dürfe nicht mit der impliziten Drohung eines Totalverlustes konfrontiert werden. Laut den Richtern werde damit die Entscheidungsfreiheit erheblich beeinträchtigt – insbesondere, da Verbraucher fälschlich annehmen könnten, bei Konzertabsage sei der Ticketpreis grundsätzlich verloren. Geklagt hatte der Bundesverband der Verbraucherzentralen (VZBV). Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, Eventim hat Berufung eingelegt.

Embedded Insurance boomt – doch der Vertrieb verlangt Fingerspitzengefühl

Im Grundsatz ist die Idee eingebetteter Versicherungen alles andere als neu: Wer online ein Smartphone, ein Fahrrad oder eine Reise bucht, soll mit wenigen Klicks auch gleich die passende Absicherung erhalten. Der Vertrieb über Plattformen verspricht enormes Potenzial – laut Data Horizon lag das weltweite Marktvolumen 2024 bereits bei 77 Milliarden US-Dollar, für 2033 wird ein Anstieg auf 512 Milliarden Dollar prognostiziert. Der Charme für Versicherer liegt auf der Hand: niedrige Vertriebskosten, hohe Abschlussquoten. Doch gerade diese Schnelligkeit im Verkaufsprozess sorgt für Kritik. Verbraucherschützer wie der Bund der Versicherten (BdV) bemängeln fehlende Transparenz, mangelnde Vergleichsmöglichkeiten und überteuerte Policen mit zweifelhaftem Nutzen – etwa bei einer Ticketversicherung für ein Konzert. Denn deren Wegfall stellt selten eine existenzielle Bedrohung dar, so der Tenor der Kritik.

Transparenz und Timing als Schlüssel: Wann Beratung zur Pflicht wird

Das Urteil trifft einen sensiblen Punkt: Zwischen bequemer Zusatzleistung und verkaufspsychologischem Druck verläuft eine schmale Linie. CTS Eventim betont, das Urteil richte sich nur gegen die konkrete Wortwahl im Pop-up, nicht aber gegen den erneuten Hinweis selbst. Die Ergo Reiseversicherung – Produktgeber der Ticketversicherung – hält sich mit Kommentaren zurück. Doch eines ist klar: Versicherer begeben sich beim Embedded-Vertrieb in ein Spannungsfeld. Sie überlassen Plattformen einen Teil der Kommunikationshoheit – und damit auch die Verantwortung für die Präsentation. Wo einst Makler persönlich erklärten, übernehmen heute Algorithmen und automatisierte Prozesse. Was Effizienz bringt, kann zugleich Vertrauen kosten. Die digitale Bequemlichkeit hat ihren Preis – rechtlich, reputativ und möglicherweise auch regulatorisch.

Quelle

In Kooperation mit der
INTER Versicherungsgruppe