Private Krankenversicherung unter Druck: Streit um Erstattungen sorgt für massive Kritik

Wenn Vertrauen bröckelt: Rückforderungen trotz jahrelanger Zahlung

Die Debatte um die Private Krankenversicherung (PKV) hat mit neuen Recherchen von Der Spiegel und dem ZDF-Magazin Frontal eine brisante Wendung genommen: Im Zentrum steht die 60-jährige Martina Kräcker aus Schleswig-Holstein, die nach schweren Krankheitsjahren nun auch um ihre Erstattungen kämpft. Kräcker, Dozentin für alternative Tiermedizin, leidet unter Psoriasis-Arthritis, einer chronischen Gelenkerkrankung, die ihr innerhalb weniger Jahre Knochen und Lebensqualität raubte. Sechs Operationen, massive Schmerzen – und schließlich Hoffnung durch unkonventionelle Therapieformen wie Kältetherapie, Laserakupunktur und Stoßwellenbehandlung. Die gesetzliche Krankenversicherung hätte diese Leistungen gar nicht erst übernommen. Die Huk-Coburg jedoch zahlte zunächst – 23 Rechnungen wurden laut Spiegel erstattet. Bis plötzlich im Dezember 2023 die Kehrtwende kam: Teile der Behandlung seien „nicht nachvollziehbar“, die medizinische Notwendigkeit zweifelhaft. Der Gipfel: Im April 2024 forderte der Versicherer 21.200 Euro zurück. Eine Begründung, warum monatelang gezahlt wurde, bleibt die Huk-Coburg laut Spiegel und Frontal schuldig.

Zwischen Gutachten, Gutgläubigkeit und Gutdünken

Kräcker wehrte sich: legte Atteste und Fachmeinungen vor, stellte sich einem Gutachter – der sie jedoch nie sah. Das schriftliche Urteil eines Arztes, der lediglich Dokumente studierte, reichte der Versicherung offenbar aus. Fazit: Die Therapie sei medizinisch nicht notwendig gewesen. Dasselbe Spiel an anderer Stelle: Der Versicherer bot an, das Geld direkt vom behandelnden Arzt zurückzufordern – Kräcker solle eine Abtretungserklärung unterzeichnen. Für sie undenkbar. Die Sorge vor Regressforderungen steht im Raum. Fachanwältin Alexandra Glufke-Böhm bestätigt die Brisanz gegenüber Frontal: Sie betreut „hunderte“ solcher Fälle, bei denen es um Rückforderungen und verweigerte Erstattungen geht. Laut Spiegel offenbart sich ein System, „das mitunter zynisch wirkt“. Auch Finanzjournalist Hermann-Josef Tenhagen empfiehlt in diesem Kontext PKV-Versicherten, dringend eine Rechtsschutzversicherung abzuschließen.

PKV-Verband wehrt sich: Einzelfälle oder strukturelles Problem?

Der PKV-Verband versucht zu beruhigen: Es handle sich um „Einzelfälle“, so die offizielle Stellungnahme. Die Überprüfung von Rechnungen sei Teil der kollektiven Verantwortung gegenüber allen Versicherten. Einen Trend zur Kürzung, wie Medienberichte nahelegen, gebe es nicht. Im Gegenteil: Die Ausgaben für Leistungen seien laut Verband in den letzten drei Jahren um 20 Prozent gestiegen – bei über 70 Millionen Rechnungen habe es 2024 lediglich in 0,0017 Prozent der Fälle Eingaben beim Ombudsmann gegeben. Die Zahlen sprechen – aber so auch die Geschichten. Und genau in dieser Kluft zwischen Statistik und Einzelschicksal, zwischen Vertrauensschutz und Vertragsrecht, zwischen Leistung und Leistungserwartung entfaltet sich der aktuelle Konflikt. Ein juristischer Streit scheint für Martina Kräcker unausweichlich. Ihr Entschluss steht: „Ich werde nicht klein beigeben.“

Quelle

In Kooperation mit der
INTER Versicherungsgruppe