Bafin nimmt Versicherer nach Milliardenverlusten bei Immobilienkrediten ins Visier

Die deutsche Finanzaufsicht Bafin fordert von Versicherern mehr Kontrolle bei privaten Kreditinvestments – und das nicht ohne Grund: Die jüngsten Insolvenzen im Immobiliensektor, etwa von René Benkos Signa oder der Adler Group, haben bei mehreren Versicherungsunternehmen zu empfindlichen Verlusten geführt. Julia Wiens, Leiterin der Versicherungsaufsicht bei der Bafin, bestätigte im Interview mit Bloomberg, dass 30 bis 40 Versicherer mit überdurchschnittlich hohem Engagement in alternativen Anlagen derzeit intensiv befragt werden. Ziel: Großvolumige Investments sollen künftig auf Vorstandsebene geprüft werden – eine Praxis, die offenbar nicht immer eingehalten wurde. „Es kann gut sein, dass einige Versicherer in dieser Hinsicht in der Vergangenheit versagt haben“, so Wiens. Ein klarer Fingerzeig: Kontrolle muss nicht nur vorhanden, sondern auch wirksam sein.

Rendite um jeden Preis? Versicherer als stille Leidtragende der Immobilienkrise
Während Deutschland zum Epizentrum der globalen Gewerbeimmobilienkrise avancierte, suchten Versicherer nach Renditechancen – und fanden sie in riskanteren Kreditstrukturen. Besonders das Projekt „Fürst“ am Berliner Kurfürstendamm geriet zum Paradebeispiel für fehlgeschlagene Erwartungen: Huk-Coburg, Barmenia und die KKH mussten nicht nur einen Schuldenschnitt akzeptieren, sondern auch erkennen, dass selbst vorrangige Gläubiger nicht vor Verlusten gefeit sind. Laut Bloomberg investierten zudem der Continentale Versicherungsverbund, die Gothaer Gruppe und die Signal Iduna in nachrangige Genussscheine der Signa Prime Selection – Instrumente, die nun voraussichtlich wertlos sind. Ein Hochseilakt mit dünnem Netz: Die erhoffte Mehrrendite verwandelte sich in einen Totalausfall. Doch Wiens mahnt zur Einordnung – viele dieser Investments seien zum damaligen Zeitpunkt rational und mit soliden Renditeaussichten erfolgt.

Mehr Kontrolle, keine Panik: Bafin setzt auf Governance statt Generalverdacht
Trotz der Verluste gibt sich die Bafin betont gelassen: Weder Signa noch Adler gefährden nach Einschätzung von Wiens die Stabilität der Branche. Entscheidend sei jedoch, wie die Unternehmen mit solchen Investments künftig umgehen. „Versicherer können grundsätzlich frei entscheiden, solange sie über ein angemessenes Risikomanagement verfügen“, betont sie. Wo das nicht der Fall ist, werde nachgeschärft – etwa durch tiefgehende Gespräche über Entscheidungsprozesse, Analysequalität und Limite. „Unsere Aufgabe ist es, die Stabilität des Versicherers zu sichern“, so Wiens. Die Botschaft ist eindeutig: Alternative Anlagen bleiben erlaubt, aber nur mit Weitblick, Know-how und einer Governance-Struktur, die nicht erst im Krisenfall greift.

Quelle

In Kooperation mit der
INTER Versicherungsgruppe