Zum 1. Januar wurde der Beitragssatz zur sozialen Pflegeversicherung (SPV) um 0,2 Prozentpunkte auf 3,6 Prozent angehoben – eine Maßnahme, die rund 3,7 Milliarden Euro an Mehreinnahmen für die Pflegekassen bringen sollte. Doch diese Erhöhung scheint nicht auszureichen, um das unterfinanzierte System nachhaltig zu stabilisieren. Wie jetzt bekannt wurde, hat bereits die erste Pflegekasse beim Bundesamt für Soziale Sicherung (BAS) einen Antrag auf Finanzhilfe gestellt – ein bislang einmaliger Vorgang, der den alarmierenden Zustand der Branche verdeutlicht.
Pflegekassen stehen unter enormem Druck
Laut BAS-Sprecher Michael Mühlhoff ist der Finanzhilfe-Antrag ein Indikator für die zunehmenden Liquiditätsprobleme der betroffenen Pflegekasse. Diese muss zunehmend ihre Rücklagen aufbrauchen, um ihre Zahlungsfähigkeit zu sichern. Der Ausgleichsfonds, der als Puffer zwischen den Pflegekassen fungiert, ist ebenfalls unter Druck geraten. Um die Kassen mit ausreichend Liquidität auszustatten, müssen nun Pflegekassen mit überschüssigen Mitteln mehr einzahlen, während andere Kassen, die in Zahlungsschwierigkeiten geraten, weniger erhalten. Dies könnte vor allem kleinere Kassen in noch größere Bedrängnis bringen. Mühlhoff betont, dass der Ausgleichsfonds auf Antrag finanzielle Hilfe leistet, solange er selbst noch leistungsfähig ist.
Corona-Ausgaben belasten Pflegekassen zusätzlich
Das BAS befürchtet, dass sich die Situation weiter zuspitzen könnte. BAS-Präsident Frank Plate fordert von der Bundesregierung eine schnelle Rückzahlung der rund 6 Milliarden Euro, die den Pflegekassen während der Corona-Pandemie fälschlicherweise aufgebürdet wurden, etwa für Tests oder Sonderprämien für Pflegekräfte. Diese finanziellen Belastungen haben die ohnehin angespannte Lage der Pflegekassen zusätzlich verschärft. Der demografische Wandel, die steigende Zahl pflegebedürftiger Menschen und die jüngsten Lohnsteigerungen für Pflegekräfte verstärken den Graben zwischen den Einnahmen und Ausgaben der sozialen Pflegeversicherung. Der Druck auf das System wächst, und ohne schnelle politische Lösungen könnte das System vor einer existenziellen Krise stehen.
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