Die finanzielle Unsicherheit im Ruhestand ist für viele Menschen in Deutschland ein wachsendes Problem. Laut einer exklusiven Forsa-Studie im Auftrag der Versicherungsgruppe Barmenia-Gothaer, die der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung vorliegt, sorgt sich fast die Hälfte der Befragten, dass ihre Altersvorsorge nicht ausreicht. Besonders Frauen sehen sich stärker betroffen – eine Entwicklung, die sich mit anderen Umfragen deckt.
Die Gründe sind vielschichtig: Während Niedrigverdiener und Alleinerziehende häufig nicht genug Geld für die Altersvorsorge zurücklegen können, trifft die Inflation zunehmend auch mittlere Einkommensgruppen. Der steigende Anteil des Einkommens, der für Miete, Lebensmittel und Fixkosten aufgewendet wird, lässt kaum Spielraum für langfristige finanzielle Rücklagen. Auch Personen mit stabilen Einkünften zweifeln immer häufiger daran, dass ihre Ersparnisse für den Ruhestand ausreichen.
Rentenlücke und die Herausforderungen privater Vorsorge
Die Zahlen belegen ein strukturelles Problem: Laut Statistischem Bundesamt gelten aktuell 3,5 Millionen Rentner als armutsgefährdet – gemessen an einem Einkommen unterhalb von 60 Prozent des mittleren Einkommens, was derzeit rund 1380 Euro brutto entspricht. Besonders betroffen sind Frauen, die aufgrund von Teilzeitbeschäftigung oder familiären Verpflichtungen geringere Rentenansprüche erworben haben. Auch die unzureichende Rendite traditioneller Sparanlagen wie Tagesgeld oder Girokonten verschärft das Problem.
Finanzexperten wie Matthias Bachmann sehen eine zentrale Ursache in fehlendem Wissen über die eigene finanzielle Situation: „Viele Menschen haben nie konkret berechnet, wie viel Kapital sie für den Ruhestand benötigen. Die Unsicherheit führt dazu, dass entweder zu wenig gespart wird oder bestehendes Vermögen übervorsichtig verwaltet wird.“ Das sogenannte „Ruhestands-Konsum-Puzzle“ – eine plötzliche Reduzierung der Ausgaben beim Renteneintritt – zeigt, dass selbst wohlhabende Haushalte dazu neigen, ihre Konsumausgaben drastisch zu senken, weil sie sich ihrer finanziellen Sicherheit nicht bewusst sind.
Strategien gegen Altersarmut: Inflation und Sparverhalten im Fokus
Angesichts der aktuellen Herausforderungen raten Finanzexperten zu gezielten Maßnahmen: Wer über 50 Jahre alt ist, kann seine Rentenansprüche relativ genau prognostizieren und entsprechende Sparstrategien entwickeln. Jüngere Arbeitnehmer müssen hingegen stärker mit Annahmen arbeiten und Inflationseffekte einplanen. Eine gängige Berechnungsgrundlage ist eine jährliche Inflationsrate von zwei Prozent, die langfristig steigende Kosten widerspiegelt.
Als Lösung sehen Experten eine frühzeitige und breit diversifizierte Altersvorsorge, die über klassische Sparformen hinausgeht. Langfristige Aktieninvestitionen, etwa in breit gestreute Indexfonds, bieten eine höhere Rendite und können Inflationsverluste ausgleichen. Zudem könnte eine flexiblere Gestaltung der gesetzlichen Rente notwendig werden, um Altersarmut entgegenzuwirken.
Die Studie zeigt: Die Angst vor Altersarmut ist nicht unbegründet, doch wer sich frühzeitig mit seinen Finanzen auseinandersetzt, kann gegensteuern – bevor der Ruhestand zur finanziellen Herausforderung wird.