Die Versicherungsbranche steht vor einer großen Herausforderung: Rabatte werden im Vertrieb oft zu großzügig und ohne klare Strategie gewährt. Dirk Schmidt-Gallas, Senior Partner bei Simon-Kucher, warnt: „Das kann sich kein Versicherer mehr leisten.“ Besonders in der Kraftfahrzeug- und Wohngebäudeversicherung steigt der Kostendruck durch Extremwetterereignisse und Inflation. Jetzt sind gezielte Rabattstrategien gefragt – denn die Gewinnmargen schrumpfen. In der Kfz-Sparte lag die Schaden-Kosten-Quote zuletzt bei über 110 Prozent, was bedeutet, dass Versicherer mehr ausgeben, als sie einnehmen.
Rabatt-Chaos: Wenn Preisnachlässe unkontrolliert erfolgen
Ein Blick auf die Praxis zeigt: Rabatte werden häufig ohne einheitliche Struktur vergeben. Philipp Kaupke, Partner bei Simon-Kucher, stellt fest, dass viele Versicherer keine klare Übersicht über ihre Rabatt-Historie haben. Ursprünglich definierte Rabattlogiken sind oft nicht mehr nachvollziehbar – mit der Folge, dass Prämienerhöhungen durch großzügige Nachlässe wieder ausgehebelt werden. Besonders auffällig: Vermittler kombinieren Preisabschläge so, dass in Einzelfällen sogar negative Prämien entstehen. Ein leistungsstarkes Produkt wird dann zum Basispreis angeboten, was kurzfristig attraktiv erscheinen mag, aber langfristig Prämiensteigerungen und Stornierungen nach sich ziehen kann.
Klarere Vorgaben und Anreize für Vermittler notwendig
Die fehlende Kontrolle zeigt sich auch in der Praxis: Rabatte orientieren sich oft an willkürlichen Zahlen wie 5, 10 oder 15 Prozent, statt wirtschaftlich sinnvolle Stufen zu nutzen. Zudem werden Nachlässe strategisch so gesetzt, dass sie knapp unter den Freigabegrenzen bleiben, um zusätzliche Genehmigungen zu vermeiden. Das erschwert eine gezielte Steuerung. Schmidt-Gallas erwartet deshalb, dass Versicherer ihre Rabattvergabe enger mit den Anreizsystemen des Vertriebs verknüpfen. Boni für eine zurückhaltende Rabattpolitik könnten ein Instrument sein, um den Rabatt-Dschungel zu lichten. Eins ist klar: Rabatte bleiben ein wichtiges Wettbewerbsinstrument – doch sie müssen strategisch und kontrolliert eingesetzt werden, um langfristig die Profitabilität zu sichern.
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