Die Wiederansiedlung des Wolfs in Deutschland sorgt für hitzige Debatten: Während Naturschützer den Prädator als Erfolg für den Artenschutz feiern, stehen Landwirte und Tierhalter vor wachsenden Herausforderungen. Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Bis Mitte 2024 wurden allein in Nordrhein-Westfalen 273 Schafe und Ziegen von Wölfen gerissen oder verletzt. Besonders drastisch war ein Fall im Kreis Minden-Lübbecke, wo ein Rudel innerhalb weniger Nächte 15 Tiere tötete. Niedersachsen meldete ein weiteres Problem: Ein einzelner Wolf im Rheiderland attackierte binnen eines Jahres mehr als 20 Nutztiere, bis die Behörden den Abschuss genehmigten. In Sachsen eskaliert die Situation ebenfalls: Dort registrierte das Landesumweltamt bis August 2024 bereits 202 getötete Nutztiere, insbesondere in den Landkreisen Bautzen und Görlitz. Die Kernfrage für betroffene Tierhalter lautet: Wer kommt für die Schäden auf, und welche Versicherungen decken die finanziellen Folgen?
Staatliche Entschädigung: Wer zahlt bei Wolfsrissen?
Grundsätzlich gibt es in vielen Bundesländern finanzielle Entschädigungen für nachgewiesene Wolfsangriffe. Doch: Der Teufel steckt im Detail. Voraussetzung für eine staatliche Zahlung ist eine Rissbegutachtung durch die zuständige Fachstelle Wolf, die unmittelbar nach dem Vorfall erfolgen muss. Dabei wird geprüft, ob die Angriffsmerkmale einem Wolf zuzuordnen sind und ob die betroffenen Tiere über einen adäquaten Schutz verfügten.
Welche Tiere fallen unter die Entschädigungsregelungen?
- Schafe, Ziegen und Gehegewild (z. B. Rot- oder Damwild) sind in der Regel abgedeckt.
- Rinder, Pferde und Alpakas können ebenfalls entschädigt werden, obwohl es hier keine vorgeschriebenen Mindestschutzanforderungen gibt.
- Geflügel und Schweine hingegen bleiben oft außen vor, ebenso Begleitschäden oder wirtschaftliche Folgekosten.
Versicherungsschutz: Welche Optionen gibt es?
Da staatliche Entschädigungen nicht alle Verluste abdecken, rücken Versicherungen verstärkt in den Fokus. Einige Anbieter haben in den letzten Jahren spezielle Policen entwickelt, um landwirtschaftliche Betriebe gegen Wolfsrisse abzusichern. Die Bedingungen variieren je nach Versicherer, doch zentrale Aspekte sind:
- Mindestschutzanforderungen: Versicherer verlangen oft wolfssichere Zäune als Voraussetzung für eine Leistung. Ein Beispiel: Elektrozäune für Schafe und Ziegen müssen mindestens 90 cm hoch sein und eine Stromspannung von 4.000 Volt aufweisen.
- Schnelle Schadensmeldung: Wie bei der staatlichen Entschädigung muss ein Wolfsriss innerhalb von 24 Stunden gemeldet werden, damit ein Gutachten erstellt werden kann.
- Erweiterte Absicherung: Manche Policen decken neben dem direkten Verlust der Tiere auch Folgekosten wie entgangene Einnahmen oder notwendige Umzäunungen ab.
Die Entwicklung zeigt: Während Naturschützer die Präsenz des Wolfs als natürliches Gleichgewicht verteidigen, bleibt für Tierhalter die Herausforderung real und finanziell belastend. Ob staatliche Hilfen oder private Versicherungen: Eine vorausschauende Absicherung wird zunehmend zur Notwendigkeit. Die Debatte über den Umgang mit dem Raubtier dürfte also weiter an Fahrt aufnehmen.