Die Frage, ob Versicherungsmakler sich auf ihrer Webseite als „unabhängig“ bewerben dürfen, beschäftigt derzeit die Gerichte und sorgt für Spannungen zwischen Maklern und Verbraucherschützern. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) hatte bereits mehrere Makler abgemahnt und bemängelt, dass die Unabhängigkeit der Beratung nicht gewährleistet sei. Schließlich erhalte der Makler für den Abschluss von Versicherungen Provisionen, was eine gewisse Abhängigkeit implizieren könne. Diese Auffassung stieß nun jedoch auf Widerstand: Im Dezember 2024 entschied das Landgericht Leipzig (Az: 05 O 1092/14) erstmals zugunsten eines beklagten Versicherungsmaklers und wies die Klage der Verbraucherschützer ab.
Urteil aus Leipzig: Unabhängigkeit nicht wettbewerbswidrig
Das Leipziger Gericht stellte fest, dass die Bezeichnung „unabhängig“ auf der Webseite der Maklerin nicht irreführend sei. Vielmehr würde der Begriff für die Kunden bedeuten, dass der Versicherungsmakler nicht von einem einzelnen Anbieter oder einer kleinen Auswahl an Versicherern beeinflusst werde. Stattdessen sei zu erwarten, dass die Empfehlungen des Maklers auf einem breiten Marktüberblick basieren, der die Interessen der Kunden berücksichtigt und nicht nur Eigeninteressen verfolgt. Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke, der die Kanzlei Jöhnke & Reichow vertritt, erläuterte, dass die Provisionen der Makler über den gesamten Markt verteilt seien und somit nicht die Unabhängigkeit beeinträchtigten. „Die Provisionen resultieren aus der werbenden Tätigkeit und nicht aus einer einseitigen Bindung an einen Versicherer“, so Jöhnke.
Berufung eingereicht: Der Fall geht weiter
Trotz des positiven Urteils für den Makler ist der Rechtsstreit noch nicht entschieden. Der VZBV legte Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Leipzig ein. Der Fall wird nun vor dem Oberlandesgericht Dresden weiter verhandelt (Az: 14 U 1740/24). Auch andere Gerichte hatten bereits ähnliche Fälle behandelt, wobei insbesondere das Landgericht Bremen und das Landgericht Köln der Auffassung des VZBV gefolgt waren. Jöhnke betonte jedoch, dass jedes Urteil in diesen Fällen von den individuellen Umständen abhängt, da auch Fragen zur Honorargestaltung eine Rolle spielen können.
Ausblick: Eine Klärung durch den Bundesgerichtshof ist nötig
Für eine endgültige Klarstellung der Rechtslage wünschen sich Experten wie Jöhnke ein Urteil des Bundesgerichtshofs. Dieser könnte den Streit zwischen Verbraucherschützern und Versicherungsmaklern ein für alle Mal beenden und für Rechtssicherheit sorgen. Bis dahin bleibt Maklern geraten, sich der potenziellen Gefahr weiterer Abmahnungen bewusst zu sein und ihre werblichen Formulierungen auf der Webseite entsprechend zu überprüfen.