Am 11. Februar 2025 steht vor dem Bundesgerichtshof (BGH) eine wegweisende Entscheidung an: Können Unternehmen ihre Kartellbußgelder von verantwortlichen Managern und deren D&O-Versicherungen zurückfordern? Solche Bußgelder, die schnell Millionen- oder gar Milliardenhöhen erreichen, sind ein gängiges Mittel der Regulierungsbehörden. Doch die Frage, ob Manager für diese Summen haftbar gemacht werden können, spaltet die juristische Fachwelt.
Während die Unternehmensseite argumentiert, dass Manager durch einen Regress stärker in die Verantwortung genommen würden, warnen Kritiker vor der Aushebelung des Bußgeldzwecks. Dieser solle abschrecken und zur Einhaltung von Regeln motivieren – nicht aber zur Verschiebung von finanziellen Lasten. Bisherige Urteile zeichnen ein gemischtes Bild: Das Landgericht Dortmund sprach sich 2022 für eine Managerhaftung aus, während das Oberlandesgericht Düsseldorf in einem ähnlichen Fall das Gegenteil entschied. Sollte der BGH zugunsten des Regresses urteilen, könnte dies weitreichende Konsequenzen für die Managerhaftung und den Versicherungsmarkt haben.
Compliance und steigende Insolvenzen treiben D&O-Fälle an
Unabhängig vom Ausgang des Verfahrens zeichnet sich ein Trend ab: Managerhaftung steht zunehmend im Fokus. Die Zahl der Insolvenzen stieg 2024 laut Statistischem Bundesamt um 20 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Jede Insolvenz wird zur Prüfung von Pflichtverletzungen des Managements genutzt – ein Nährboden für Schadensersatzforderungen und D&O-Versicherungsfälle. Parallel dazu erhöhen neue Compliance-Anforderungen wie das Lieferkettengesetz (LkSG), die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) und das Cybersicherheitsgesetz NIS-2 den Druck auf Führungskräfte.
Besonders kritisch: Verstöße gegen diese Regelwerke führen nicht nur zu Bußgeldern, sondern oft auch zu teuren Schadensersatzansprüchen, Umsatzverlusten und Beraterkosten. Das Organisationsverschulden des Vorstands wird in solchen Fällen nahezu automatisch unterstellt. Selbst klare Ressortzuweisungen innerhalb der Geschäftsführung bieten keinen Schutz – die Gesamtverantwortung bleibt bestehen.
Neue Herausforderungen für Versicherer und Manager
Sollte der BGH den Regress von Unternehmensbußen erlauben, müssten sich Versicherer auf eine Welle von Deckungsauseinandersetzungen einstellen. Viele D&O-Policen schließen die Übernahme von Bußgeldern explizit aus, könnten jedoch durch die Umwandlung in Schadensersatzforderungen doch haften. Versicherer müssten in diesem Fall ihre Vertragsbedingungen anpassen, was eine Neubewertung des Marktes nach sich ziehen würde.
Für Manager wird 2025 ein Jahr, in dem Compliance oberste Priorität haben muss. Neben den bestehenden Regelwerken treten neue Vorschriften wie das Whistleblower-Gesetz und die verpflichtende Nachhaltigkeitsberichterstattung in Kraft. Versicherungsmakler stehen vor der Herausforderung, maßgeschneiderte D&O-Konzepte anzubieten, die den rechtlichen und tatsächlichen Risiken gerecht werden. Der Druck auf Manager, rechtlich einwandfrei zu agieren, wird in diesem Jahr so hoch sein wie nie zuvor.