Die langen Wartezeiten an Schadenshotlines großer Autoversicherer sind symptomatisch für ein tieferliegendes Problem: Kunden müssen oft über 30 Minuten warten, um einen Kfz-Schaden zu melden. Dieses Phänomen ist kein Einzelfall und betrifft nicht nur die Kfz-Versicherung, sondern die gesamte Branche. Auf dem MCC-Kongress „Innovatives Schadenmanagement 2024“ wurde deutlich, wie dringend Handlungsbedarf besteht, um die Kundenzufriedenheit zu erhöhen und Prozesse zu optimieren.
Mangelnde Investitionen hemmen die Digitalisierung
Ein zentrales Hindernis für effizientere Abläufe ist die geringe Investitionsbereitschaft in die Automatisierung von Schadenprozessen. Matthias Schwenk von der SV Sparkassenversicherung kritisiert, dass 2021 lediglich 2,42 Prozent der Bruttobeitragseinnahmen in IT-Investitionen flossen, hauptsächlich in die Modernisierung von Kernsystemen. Dies führt zu überlasteten Schadenabteilungen und ineffizienten Prozessen. Schwenk fordert eine smartere Digitalisierung und eine höhere Dunkelverarbeitungsquote, insbesondere bei Frequenzschäden. Sein Appell an die Branche: Mehr strategische Partnerschaften eingehen, statt auf teure Eigenentwicklungen zu setzen.
Künstliche Intelligenz als Schlüssel zur Effizienzsteigerung
Einige Versicherer wie die HUK-Coburg setzen bereits erfolgreich auf Künstliche Intelligenz. Bernd Hingkeldey, Mitglied der GDV-Kommission für Kriminalitätsbekämpfung, berichtet, dass allein die rechtliche Vorbereitung eines KI-Projekts ein Jahr dauerte. Heute arbeiten 130 Mitarbeiter in acht Teams an KI-Lösungen, und eine Expansion um 40 Prozent ist geplant. Die KI erkennt 40 Prozent aller betrugsverdächtigen Fälle und fasst Schadenakten übersichtlich zusammen, was die Effizienz der Sachbearbeiter deutlich erhöht. Hingkeldey betont: „Das rechnet sich.“ Die Einsparungen übersteigen die Personalkosten um das Fünffache. Auch bei Signal Iduna und Axa führt der Einsatz von KI und agilen Arbeitsmodellen zu optimierten Prozessen und höherer Kundenzufriedenheit. Während diese Vorreiter die Vorteile moderner Technologien nutzen, bleibt der Großteil der Branche in alten Mustern verhaftet—ein deutlicher Hinweis auf die Diskrepanz zwischen Potenzial und gelebter Praxis.