Die betriebliche Altersversorgung (bAV) spielt eine wichtige Rolle im Vermögensaufbau und kann das Einkommen im Alter signifikant steigern. Doch reicht die bestehende Opt In-Pflicht aus, oder braucht es mehr Druck? Cordula Vis-Paulus, Expertin für bAV, befürwortet eine Opt Out-Pflicht, während Bundestagsabgeordneter Matthias Birkwald, Die Linke, anderer Meinung ist.
Cordula Vis-Paulus: Pro Opt Out
Bei der derzeitigen Regelung müssen sich Arbeitnehmer aktiv für eine bAV entscheiden – das sogenannte Opt In. Im Gegensatz dazu steht das Opt Out, bei dem alle Beschäftigten automatisch in die bAV aufgenommen werden, es sei denn, sie widersprechen innerhalb einer festgelegten Frist. Dieses System könnte, laut Vis-Paulus, die Teilnahmequote erheblich steigern, da viele Arbeitnehmer aus Bequemlichkeit oder mangelndem Interesse die Opt In-Möglichkeit nicht nutzen.
Vis-Paulus betont, dass beim Opt Out die Trägheit der Mitarbeitenden dazu führt, dass sie sich nicht aus dem System abmelden und somit eine bessere Rente erhalten. Der Arbeitgeber spielt dabei eine entscheidende Rolle, indem er den Anbieter und die Ausgestaltung der bAV bestimmt. Wichtig ist jedoch, dass das Opt Out nichts über die Finanzierung der Einzahlungen aussagt. Eine Mischfinanzierung aus Entgeltumwandlung und Arbeitgeberanteil kann hier sinnvoll sein.
Matthias Birkwald: Contra Opt Out
Matthias Birkwald, Bundestagsabgeordneter der Linken, sieht die betriebliche Altersversorgung als zweite Schicht zwischen gesetzlicher Rente und privater Vorsorge. Er betont, dass die Verbreitung der bAV nichts über ihre Leistungsfähigkeit aussagt. Zwar nutzen knapp die Hälfte der Beschäftigten die Entgeltumwandlung für ihre Altersversorgung, doch dies bedeutet Gehaltsverzicht und führt zu Beitragsausfällen in den Sozialversicherungssystemen. Hinzu kommt, dass die Garantien bei der bAV immer weiter abgebaut werden, was das Risiko birgt, dass die eingezahlten Beiträge nicht rentabel sind.
Birkwald argumentiert, dass eine verpflichtende Opt Out-Regelung mehr Schaden als Nutzen bringen würde. Stattdessen sollte die gesetzliche Rente gestärkt und die betriebliche Altersversorgung überwiegend durch die Arbeitgeber finanziert werden. Verbraucherschutzzentralen empfehlen, dass der Arbeitgeberanteil mindestens 40 Prozent betragen sollte, um eine verlässliche Zusatzrente zu gewährleisten. Ein Blick nach Schweden zeigt, dass dort 90 Prozent der Menschen eine vollständig vom Arbeitgeber finanzierte Betriebsrente erhalten.
Fazit: Opt Out als Lösung?
Die Diskussion um eine Opt Out-Pflicht in der betrieblichen Altersversorgung zeigt die unterschiedlichen Ansichten der Experten. Während Vis-Paulus auf die Vorteile einer höheren Teilnahmequote verweist, warnt Birkwald vor den Risiken und fordert eine stärkere Rolle der Arbeitgeber und Gewerkschaften. Klar ist, dass die gesetzliche Rente gestärkt und die bAV als ergänzende Schicht besser unterstützt werden muss. Die Frage bleibt: Kann ein Opt Out-System tatsächlich die Lösung für eine sichere Altersversorgung sein?