Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte: Berufsunfähigkeit – Aber welcher Beruf ist versichert? Worauf ist unbedingt zu achten im Leistungsfall?

PRESSEMITTEILUNG – 23.05.2016- Für die Frage, welcher Beruf im Leistungsverfahren im Rahmen der Berufsunfähigkeit zu versichert ist, ist das vertragliche Bedingungswerk des Versicherers.

Die dem Vertragswerk zugrundeliegenden Versicherungsbedingungen stellen darauf ab, ob der Versicherte während der Dauer der Versicherung berufsunfähig wird. Der Versicherte muss also aus gesundheitlichen Gründen unfähig sein, seinen Beruf oder eine andere Tätigkeit auszuüben, die – sollte eine Verweisung vereinbart worden sein – u.a. seiner „bisherigen“ Lebensstellung entspricht.

Zu verstehen unter „Beruf“ ist also die zuletzt tatsächlich und konkret ausgeübte Tätigkeit des Versicherten

Selbstverständlich ist dennoch das Vertragswerk des Versicherers zu überprüfen, denn alter Versicherungsverträge haben teilweise noch eine abstrakte Verweisung vereinbart.

Wenn jedoch nichts anderes vereinbart wurde, kommt es auf die letzte tatsächliche Tätigkeit an, und zwar in ihrer konkreten Ausgestaltung (ständige Rechtsprechung des BGH).

In § 172 Absatz 1 VVG hat der Gesetzgeber dieses aufgegriffen, wonach mit „Beruf“ schon nach dem Wortlaut nur die vor Eintritt des Versicherungsfalls zuletzt ausgeübte Tätigkeit bewertet wird:

§ 172 Leistung des Versicherers

(1) Bei der Berufsunfähigkeitsversicherung ist der Versicherer verpflichtet, für eine nach Beginn der Versicherung eingetretene Berufsunfähigkeit die vereinbarten Leistungen zu erbringen.

(2) Berufsunfähig ist, wer seinen zuletzt ausgeübten Beruf, so wie er ohne gesundheitliche Beeinträchtigung ausgestaltet war, infolge Krankheit, Körperverletzung oder mehr als altersentsprechendem Kräfteverfall ganz oder teilweise voraussichtlich auf Dauer nicht mehr ausüben kann.

Diese Tätigkeit muss sich folglich als „Beruf“ qualifizieren lassen. Versichert ist damit nicht ein Beruf oder ein typisches Berufsbild, sondern „der Beruf“ des Versicherten im Sinne einer Tätigkeit. Maßgebend ist daher die letzte konkrete Berufsausübung des Versicherten, so wie sie in gesunden Tagen ausgestaltet war, das heißt, solange die Leistungsfähigkeit des Versicherten noch nicht beeinträchtigt war.

Es muss also stets eine Gesamtbetrachtung der letzten Tätigkeit des Versicherten erfolgen. Dem Versicherten wird mit dieser Regelung jedoch gerade gestattet einen Berufswechsel durchzuführen, ohne dass er dieses dem Versicherer anzeigen muss. Es gibt also keine Obliegenheit des Versicherten, dem Versicherer entsprechende Berufswechsel anzuzeigen. Im Umkehrschluss kann der Versicherte also auch keine Obliegenheitsverletzungen begehen mit der Folge, dass der Versicherer im Rahmen des Leistungsfalles von der entsprechenden Leistung frei werden könnte.

Die konkrete Ausgestaltung der Tätigkeit hat der Versicherte genauestens darzulegen!

Dem Versicherten ist anzuraten bei der Beantragung der Berufsunfähigkeitsrenten dem Versicherer den zuletzt ausgeübten Beruf – also die Tätigkeiten – so genau wie möglich darzustellen. Der versicherte schuldet hierbei auch einen „minutiösen Stundenplan“, den er bereits mit dem Leistungsantrag übersenden sollte. Je genau und umfassender der Tätigkeitsnachweis ausfällt, desto schwerer wird es dem Versicherer fallen darzulegen, dass der Versicherte noch weiter – also zu mehr als 50% – arbeiten kann. Dieses kommt jedoch immer auf den Einzelfall an.

Schwierig wird die Situation, wenn sich die Tätigkeiten des Versicherten schlecht beschreiben lassen. Meist haben Versicherte über Jahre hinweg auch völlig unterschiedliche Tätigkeiten ausgeübt. Gerade bei Selbstständigen variieren die Tätigkeiten sehr oft. Bei dem Ausfüllen des Leistungsantrags, respektive des expliziten und minutiösen Tätigkeitsnachweises sind Versicherte nicht selten „allein gelassen“. Dabei ist es sehr wichtig für das weitere BU-Verfahren, dass diese Anträge exakt und mit juristischer Voraussicht ausgefüllt werden.

In Kooperation mit der <br>INTER Versicherungsgruppe