Studie des Instituts für Versicherungswirtschaft der Universität St. Gallen: „Run-off 2016: Status quo und zukünftige Bedeutung von Run-off im deutschsprachigen Nichtleben-Versicherungsmarkt“

  • Run-off-Bestände im deutschsprachigen Raum seit 2012 um 29 % auf 133,5 Milliarden Euro gewachsen
  • Mehr als die Hälfte aller Versicherer verfügen inzwischen über Run-off (52,9 %)
  • Etwa ein Drittel aller Versicherer baut Run-off-Bestände aktiv ab (30,2 %)

PRESSEMITTEILUNG – Zürich, 14. April 2016 – Run-off wird für Versicherer im deutschsprachigen Raum immer wichtiger, so das Ergebnis der Studie „Run-off 2016: Status quo und zukünftige Bedeutung von Run-off im deutschsprachigen Nichtleben Versicherungsmarkt“ der Universität St. Gallen.

Nach der Vorgänger-Publikation von 2013 ermittelt die neueste Studie des Instituts für Versicherungswirtschaft (I.VW-HSG) erneut eine steigende Anzahl an Versicherern, die Run-off-Bestände aktiv reduzieren. 2015 war dies bei etwa einem Drittel (30,2 %) der Versicherer (50 % der Rückversicherer) der Fall. 2012 befassten sich lediglich 26,3 % aller Gesellschaften (45,5 % der Rückversicherer) mit dem aktiven Abbau der Bestände.

Folglich ist das Run-off-Volumen im Vergleich zu 2012 um rund 29 % gestiegen. Die aktuelle Untersuchung ermittelt zum Stand Ende 2015 Run-off-Bestände in Höhe von 133,5 Milliarden Euro in der Schweiz, Deutschland, Österreich und Luxemburg. Anders als im englischsprachigen Raum, wurden inaktive Bestände bisher vorwiegend intern abgewickelt. Inzwischen berücksichtigen die Versicherer jedoch verstärkt die mit Run-off verbundenen Risiken und die höheren Eigenmittelanforderungen unter Solvency II und entscheiden sich häufiger für die Externalisierung ihrer Run-off-Bestände.

Mehr Run-off und mehr aktives Run-off-Management

Der Anteil der Unternehmen, die Run-off in ihren Beständen halten, wächst. 52,9 % aller teilnehmenden Versicherungsunternehmen gaben an, über eingestelltes Geschäft zu verfügen. 2012 waren es noch 41,7 %. Unter den Rückversicherern ist der Anteil mit Run-off noch höher, dort sind es 71,4 % gegenüber 60,7 % 2012. „Obwohl die Thematik bei Rückversicherern noch ausgeprägter ist als bei Erstversicherern, beobachten wir ein zunehmendes Interesse auch seitens national agierender Erstversicherer und bei kleineren Versicherern“, sagt Prof. Dr. Martin Eling, Autor der Studie und Direktor am I.VW an der Universität St. Gallen.

„Unsere Studie analysiert auch den Umgang der Unternehmen mit inaktiven Beständen. Portfolioübertragungen und Rückabwicklung haben sich dabei als die gängigsten Instrumente für die aktive Reduzierung von Run-off erwiesen. Aber wir stellen Unterschiede zwischen den Gesellschaftsarten und den Ländern fest“, so Eling. „Zurzeit reduzieren besonders Schweizer und Luxemburger Versicherer Run-off-Bestände aktiv. Die Studie zeigt aber auch, dass deutsche Versicherer im Management von Runoff aufholen.“ Mit Blick auf die Gesellschaftsformen sind die Aktiengesellschaften besonders aktiv. Für die Zukunft prognostizieren die Studienteilnehmer eine weitere Zunahme der Run-off-Aktivitäten.

Motivation für Externalisierungen

Der Hauptgrund für die aktive Reduzierung von Run-off ist die Unsicherheit in der künftigen Schadenentwicklung. Wichtige Anreize für die Übertragung von Run-off an externe Dienstleister sind außerdem die Freisetzung von Kapital und die Reduktion administrativer Kosten.

Arndt Gossmann, Vorsitzender des Vorstands von Run-off-Versicherer DARAG, bestätigt das stetig wachsende Interesse am effizienten Umgang mit Altbeständen: „Die Geschwindigkeit und die Dynamik des Marktwachstums haben unsere Erwartungen übertroffen. Die vermehrten Run-off-Aktivitäten haben ihren Ursprung in der wirtschaftlichen und strategischen Notwendigkeit zur Konsolidierung und in den strengeren Regulierungen. Das macht Solvency II zu einem wichtigen Treiber für Run-off. Wir erwarten, dass die Summe aller Run-off-Deals 2016 den Rekordwert von 4 Milliarden Euro erreicht.“

Run-off-Vorkommen nach Sparten

Die Sparten mit dem größten Volumen an Run-off sind Allgemeine Haftpflicht-Versicherung, die aufgrund ihrer langen Abwicklungszeiträume viel Run-off aufweist, sowie Kraftfahrzeugversicherung, die zuletzt unter sinkender Profitabilität litt. Solche Run-off-Bestände wurden meist zwischen 1993 und 2008 gezeichnet. Die Sparten Rechtsschutz und Kreditversicherung nehmen den geringsten Anteil ein.

Nach den Motiven zur Einstellung von Zeichnungsaktivitäten befragt, gaben die Versicherer mehrheitlich drei Gründe an: Die Aufgabe eines Geschäftsfeldes, ein außerplanmäßiger Schadenverlauf sowie die Konzentration auf das Kerngeschäft (Komplexitätsreduktion).

Über die Studie

Als Autoren zeichnen Prof. Dr. Martin Eling, Direktor am I.VW an der Universität St. Gallen sowie Philipp Schaper, PHD-Student und Lehrstuhlassistent am I.VW verantwortlich.

Für die Studie wurden von November bis Dezember 2015 insgesamt 75 deutsche, Schweizer, österreichische und Luxemburger Versicherungsunternehmen befragt. Basierend auf den Angaben der Teilnehmer entspricht dies rund 254 Milliarden Euro versicherungstechnischer Rückstellungen und rund 53 % des deutschsprachigen Marktes. Damit repräsentiert die vorliegende Studie zusammen mit der Vorgängerstudie des Instituts für Versicherungswirtschaft von 2013 die bisher größte Untersuchung zum Thema Run-off nach untersuchten Regionen, Marktvolumen und Anzahl der Teilnehmer.

Erstmals wurden zudem 18 Experten zu wichtigen Implikationen für die Weiterentwicklung des Marktes befragt.

Die St. Gallen-Studie: “Run-off 2016: Status quo und zukünftige Bedeutung von Run-off im deutschsprachigen Nichtleben-Versicherungsmarkt“ können Sie per E-Mail anfordern: (andreina.zink@unisg.ch).

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