Rückenwind für DAX-Konzerne: Pensionsverpflichtungen um 2,4 Prozent gesunken / Willis-Towers-Watson-Studie „DAX-Pensionswerke 2015”

PRESSEMITTEILUNG – Frankfurt am Main, 22. März 2016: Die Pensionsverpflichtungen der DAX-Unternehmen sind 2015 um 2,4 Prozent auf 364 Mrd. EUR gesunken (2014: 372 Mrd. EUR). Für Entspannung sorgte der IAS-Rechnungszins. Er war im Median um 25 Basispunkte auf 2,4 Prozent gestiegen. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Studie von Willis Towers Watson.

„Pensionsverpflichtungen sind erst in Jahren fällig. Je stärker der Zinssatz für ihre Bewertung sinkt, desto mehr müssen Unternehmen, die nach internationaler Rechnungslegung bilanzieren, für ihre Pensionsverbindlichkeiten zurücklegen“, erklärt Dr. Thomas Jasper, Leiter Retirement Solutions bei Willis Towers Watson, die Niedrigzinsproblematik. „Umgekehrt gilt: Ein Anstieg beim Rechnungszins bringt Entlastung.“

Die Studie „DAX-Pensionswerke 2015“ basiert auf den Geschäftsberichten der DAX-Unternehmen. Per 21. März 2016 hatten 26 Indexmitglieder ihre Zahlen für das Geschäftsjahr 2015 vorgelegt. Bei Continental, Volkswagen und SAP, deren aktuelle Daten noch nicht veröffentlicht sind, hat Willis Towers Watson die Vorjahreswerte berücksichtigt. Fresenius Medical Care wird vollständig durch Fresenius konsolidiert.

Planvermögen trotz Börsenturbulenzen leicht gestiegen

Auf der Anlageseite konnten die DAX-Unternehmen mit ihrer Kapitalallokation einen leichten Zugewinn verbuchen: Insgesamt stieg das Planvermögen um 2,9 Prozent auf 235 Mrd. EUR. Für Auftrieb sorgten Kursgewinne am Aktienmarkt. Der DAX konnte das insgesamt volatile Börsenjahr mit einem Plus von 9,6 Prozent abschließen. Trotz ihres vergleichsweise niedrigeren Aktienanteils erzielten die DAX-Unternehmen für ihre Pensionsvermögen eine Rendite von 1,3 Prozent.

Erholung auch beim Ausfinanzierungsgrad: Er zeigt das Verhältnis von Pensionsverpflichtungen und den Finanzmitteln, die zu ihrer Erfüllung zurückgestellt werden. 2015 stieg der Deckungsgrad im DAX auf durchschnittlich 65 Prozent (2014: 61 Prozent). Die Bandbreite bleibt jedoch unverändert groß (Deutsche Bank: 101 Prozent, Vonovia: 4 Prozent) und reflektiert die Vielfalt der Geschäftsmodelle und der damit verbundenen Finanzierungsstrategien im DAX. Mit 65 Prozent hat die Quote nicht nur das Niveau von 2013 erreicht, sondern auch im internationalen Vergleich an Boden gewonnen. Der Ausfinanzierungsgrad der Fortune-1000-Unternehmen liegt bei 82 Prozent.

„Seit jeher investieren ausländische Pensionsfonds ihr Pensionsvermögen ungleich stärker in den Aktienmarkt als deutsche Unternehmen. Zugleich besteht im Ausland eine Pflicht zur Ausfinanzierung, wodurch dort traditionell höhere Ausfinanzierungsgrade erzielt werden“, erklärt Alfred Gohdes, Chefaktuar bAV bei Willis Towers Watson, die wesentlichen Unterschiede.

bAV bleibt wichtige und gefragte Nebenleistung

Durch Dotierungen in Höhe von 9,9 Mrd. Euro (2014: 10,6 Mrd. EUR) haben die DAX-Unternehmen auch 2015 ihre Verantwortung für die Alterssicherung dokumentiert. Tatsächlich erwarten heute 83 Prozent der Arbeitnehmer von ihrem Arbeitgeber, dass er eine attraktive betriebliche Altersversorgung bereitstellt, zeigt eine internationale Studie von Willis Towers Watson. Denn die Rentenlücke wird sich in etwa verdoppeln; gleichzeitig sind aber die erwarteten Kosten für einen Euro Rente seit 2008 in der privaten und betrieblichen Altersversorgung dramatisch gestiegen, erklärt Gohdes am Rechenbeispiel für eine 35-jährige Person: „Vor zehn Jahren beliefen sich die erwarteten Kosten für eine kaufkraftgesicherte jährliche Altersrente von 1.000 EUR ab Rentenbeginn noch auf etwa 300 EUR pro Jahr. Heute muss ein/e 35-Jährige/r dafür schon mehr als das Dreifache aufwenden.“

Studie bestätigt Modellrechnung für DAX-Musterpläne

Die aktuellen Daten bestätigen die Trendaussage der jüngsten „German Pension Finance Watch“ von Willis Towers Watson. Die GPFW stellt die Auswirkungen der Kapitalmarktentwicklungen auf deutsche Benchmark-Pensionspläne dar. Sie wird quartalsweise veröffentlicht. Dabei wird ein Musterplan, der zum Stichtag vollständig ausfinanziert war und laufend in Höhe der neu erdienten Ansprüche dotiert wird, mit einem für ein DAX-Unternehmen typischen Pensionsplan verglichen. Für 2015 hatte die Modellrechnung einen Rückgang der Pensionsverpflichtungen um fünf Prozent auf 354,2 Mrd. EUR prognostiziert.

HGB-Novelle ist für den Mittelstand ein Schritt in die richtige Richtung

„Die aktuelle Entwicklung der DAX-Pensionsverpflichtungen ist ein positives Signal für die betriebliche Altersversorgung“, lautet Jaspers Fazit. „Aber für die vielen mittelständischen Unternehmen, die nach HGB bilanzieren, muss etwas getan werden. Der Abschluss der HGB-Novelle ist zwar ein Schritt in die richtige Richtung. Das strukturelle und methodische Problem ist damit aber noch nicht gelöst.“ Und Gohdes dazu: „Die Finanzierungskosten der Alterssicherung sind insbesondere durch die Niedrigzinsphase gestiegen. Ich hoffe daher, dass sich die Bundesregierung zügig auf weitere Maßnahmen zur Stärkung der bAV verständigt.“

Hintergrundinformationen zur Studie

Die Studie „DAX-Pensionswerke 2015“ basiert auf den Geschäftsberichten der DAX-Unternehmen, einschließlich der Anhangsangaben zu den Pensionsverpflichtungen sowie weiterer öffentlich zugänglicher Daten. Die der Auswertung zugrunde liegende Willis-Towers-Watson-Datenbank ermöglicht Vergleiche bis ins Jahr 1999.

Glossar

  • Pensionsverpflichtungen:

Die Pensionsverpflichtungen umfassen den Wert der Leistungen, insbesondere Rentenzahlungen, die Unternehmen an ihre aktuellen und künftigen Betriebsrentner zu leisten haben. In den Bilanzen werden die künftigen Zahlungen mit dem Wert erfasst, den das Unternehmen heute zahlen müsste (Barwert), wenn es die Verpflichtung sofort vollständig ausfinanzieren wollte.

Der heutige Gegenwert der Verpflichtung (Barwert) wächst durch Zins und Zinseszins bis zum Auszahlungsdatum auf die Höhe des versprochenen Auszahlungswerts an. Dabei orientiert sich der Zinssatz an der Umlaufrendite von Anleihen guter Bonität (Rechnungszins).

Ändert sich diese Umlaufrendite, ändert sich auch der für die Berechnung des Barwerts zugrunde zu legende Zinssatz. In der Folge ändert sich auch der in der Bilanz anzusetzende heutige Gegenwert der Pensionsverpflichtungen – er steigt, wenn der Rechnungszins sinkt bzw. er sinkt, wenn der Rechnungszins steigt.

Der Betrag der für die Zukunft zugesagten Rentenzahlung ändert sich dadurch nicht.

Rechenbeispiel: Ein Unternehmen sagt einem heute 55-jährigen Mitarbeiter zu, ihm bei Rentenbeginn mit 65 Jahren einmalig ein Kapital in Höhe von 10.000 Euro auszuzahlen. Bei einem Rechnungszins von 3,5 Prozent müsste es heute hierfür (unter der Annahme, dass die Leistung mit Sicherheit nach zehn Jahren abgerufen wird) eine Zahlungsverpflichtung in Höhe von 7.089 Euro in seiner Bilanz ansetzen. Beträgt der Rechnungszins hingegen nur niedrigere 2 Prozent, müsste es einen deutlich höheren Verpflichtungsumfang (8.203 Euro) – immerhin 16% mehr angeben. Trotz der unterschiedlichen Verpflichtungsangaben in der Bilanz lautet das künftige Zahlungsversprechen weiterhin auf 10.000 Euro.

Zusätzlich fließen – je nachdem, ob das Unternehmen seinen Mitarbeitern beispielsweise eine lebenslange Rente oder eine einmalige Kapitalzahlung im Ruhestand versprochen hat – weitere Faktoren, wie etwa die statistische Lebenserwartung, in die Berechnung ein.

  • Pensionsspezifische Vermögenswerte / Planvermögen:

Als so genanntes Planvermögen gelten die Vermögenswerte, die explizit für die Zahlung der Pensionsverpflichtungen reserviert und insolvenzgeschützt vom Vermögen des Unternehmens getrennt sind (Anforderungen nach dem Rechnungslegungsstandard IAS 19). Vermögenswerte, die allein durch die Bildung von Pensionsrückstellungen im Unternehmen gebunden wurden, zählen nach diesen strengen Vorschriften nicht als Planvermögen.

  • Ausfinanzierungsgrad (Deckungsgrad):

Der Ausfinanzierungsgrad ist der Quotient aus Planvermögen und Pensionsverpflichtungen. Verändern sich diese Werte in gegenläufiger Richtung, beeinflusst dies den Ausfinanzierungsgrad. In der Langzeitbetrachtung zeigt sich, dass der Ausfinanzierungsgrad im Jahresvergleich meist geringfügig schwankt. Jedoch haben Unternehmen in der vergangenen Dekade die speziell für die Zahlung künftiger Betriebsrenten reservierten Vermögenswerte stetig ausgebaut – ein Trend, der nach Einschätzung von Willis Towers Watson weiter anhalten wird.

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