GDV: Warum die meisten Menschen ihre Lebenserwartung unterschätzen

PRESSEMITTEILUNG / ARTIKEL – Die Männer in Deutschland erreichen statistisch gesehen ein Alter von durchschnittlich 85 Jahren, Frauen sogar von fast 89 Jahren. Eine gute Nachricht, die aber nur den wenigsten bewusst ist. Denn die meisten Deutschen unterschätzen die durchschnittliche Lebenserwartung deutlich. Das hat seine Gründe. Von Karsten Röbisch und Dennis Schmidt-Bordemann

Wenn die Deutschen das durchschnittliche Sterbealter schätzen müssen, so liegen sie mit ihren Prognosen ziemlich weit daneben. Laut einer aktuellen Forsa-Umfrage tippen Männer die Lebenserwartung ihres Geschlechts auf 77,4 Jahre. Tatsächlich haben sie – vom Kind bis zum Greis – jedoch durchschnittlich 84,7Jahre zu erwarten, also gut sieben Jahre mehr.

Ähnlich ist das Bild bei den Frauen: Sie werden laut Generationensterbetafel des Statistischen Bundesamts im Schnitt 88,7 Jahre alt, wobei die unterschiedliche Stärke der einzelnen Jahrgänge mit berücksichtigt ist. Die von Forsa befragten Frauen trauen ihrem Geschlecht mit 80,8 Jahren sogar fast acht Jahre weniger zu. Und für beide Geschlechter gilt: Rund neun von zehn Befragten liegen mit ihrem Tipp unterhalb des Durchschnitts.

Quelle: GDV

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Nicht nur die Deutschen sind schlechte Schätzer

Mit ihrer mangelnden Treffsicherheit sind die Deutschen keineswegs allein. Auch eine im Oktober 2015 veröffentlichte Studie der University of California in San Francisco zeigt, dass es Menschen schwer fällt, ihre statistische Lebensdauer richtig einzuschätzen. Rund jeder dritte Befragte hat demnach mehr Jahre vor sich, als er selbst glaubt.

Überraschend sind die Ergebnisse nicht: Denn zum einen ist ein hohes Alter noch ein recht neues Phänomen. Noch Ende des 19. Jahrhunderts betrug die Lebenserwartung in Deutschland für neu geborene Jungen gerade einmal 45 Jahre, Mädchen konnten im Schnitt bestenfalls 50 Jahre erwarten. Erst im Verlauf des 20. Jahrhundert stieg das Lebensalter rasant an. Die Selbstwahrnehmung vieler Menschen hinkt dieser Entwicklung einfach noch hinterher.

Menschen orientieren sich fälschlicherweise an Elterngeneration

Zudem neigen die Menschen dazu, ihre Lebenserwartung anhand des Sterbealters von Verwandten abzuschätzen. „Wenn man über die eigene Lebenserwartung nachdenkt, hat man vermutlich oft die Lebensdauer von Menschen der Generation der eigenen Eltern und Großeltern im Hinterkopf“, sagt Professor Jochen Ruß, Geschäftsführer des Instituts für Finanz- und Aktuarwissenschaften. Doch der Bezug führt in die Irre, er gleicht einem Blick in die Vergangenheit. Denn jede Generation wächst unter anderen Lebensbedingungen auf, und die waren für die heutigen Senioren einfach schlechter als für die jungen Menschen.

Medizinischer Fortschritt und steigender Wohlstand führen dazu, dass die Lebenserwartung auch in Zukunft weiter ansteigt. „Pro Jahrzehnt gewinnen wir rund 2,5 Jahre an Lebenszeit hinzu“, sagt Ruß. Jede Generation lebt somit rund 7,5 Jahre länger als die vorherige. Eine erfreuliche Entwicklung, die es den meisten Menschen auch künftig nicht leicht macht, das Sterbealter richtig einzuschätzen. „Die Lebenserwartung steigt schneller, als die meisten Leute denken“, betont Ruß.

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