GDV: „Kreditversicherer warnen vor wachsenden Exportrisiken“

Geschäftsentwicklung Kreditversicherung

PRESSEMITTEILUNG – Die wirtschaftliche Lage der meisten deutschen Unternehmen ist derzeit erfreulich stabil – doch nach Einschätzung der deutschen Kreditversicherer ist die Exportwirtschaft mit wachsenden Gefahren konfrontiert: Zu den hohen politischen Risiken in einigen Weltregionen kommt die wirtschaftliche Schwäche in vielen Schwellenländern. Insbesondere die Entwicklung in China bereitet Sorgen.

Wie die Kreditversicherer im Rahmen ihres Jahres-Pressegesprächs am Mittwoch in Köln bekanntgaben, müssen Exporteure immer länger darauf warten, dass chinesische Abnehmer ihre Rechnungen bezahlen. Auch Zahlungsausfälle häufen sich. Nach Einschätzung der Kreditversicherer, die auf Basis ihrer Daten über zahlreiche Unternehmen weltweit auch als Risiko-Navigatoren für ihre Kunden fungieren, dürfte die Zahl der Unternehmensinsolvenzen in China 2015 um 25 Prozent steigen. Für das kommende Jahr wird ein weiterer Anstieg um 20 Prozent erwartet.

„China hat sich in den vergangenen Jahren zu einem der wichtigsten Absatzmärkte für deutsche Produzenten entwickelt. Aber die Zahlungsmoral sinkt und die Insolvenzen steigen. Dazu kommt, dass chinesische Gerichte kaum dabei helfen, ausstehende Forderungen durchzusetzen. Wer als Exporteur in China auf Erfolgskurs bleiben will, braucht einen guten Risiko-Kompass“, sagte Thomas Langen, Vorsitzender der Kommission Kreditversicherung des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Die Warenkreditversicherer decken nach Schätzungen des Verbandes rund 15 Prozent der deutschen Ausfuhren und tragen damit erheblich zum Erfolg der deutschen Exportwirtschaft bei.

Geschäftsentwicklung in der Kreditversicherung 2015

Geschäftsentwicklung in der Kreditversicherung 2015

 

Hohe Stabilität deutscher Automobilhersteller und Kfz-Zulieferer

Die Schwäche der chinesischen Wirtschaft beeinflusst unter anderem die deutschen Autobauer. Sie können die gesunkene Nachfrage aber mit guten Absatzzahlen in Europa und den USA derzeit nicht nur ausgleichen, sondern überkompensieren. Welche Folgen der VW-Abgas-Skandal mittelfristig für die Branche haben wird, ist derzeit noch nicht abzusehen. Aktuell ist eine Eintrübung des Geschäftsklimas nicht erkennbar. „Wir werden die weitere Entwicklung der Kfz-Industrie genau beobachten. In der Gesamtsicht könnten die Folgen – etwa neue Prüfvorschriften für Abgasnormen – zu steigenden Forschungs- und Entwicklungskosten, aber auch zu Marktchancen für Kfz-Zulieferer führen“, sagte Langen.
Kreditversicherer tragen Risiken in Höhe von 430 Milliarden Euro

Insgesamt sicherten die Kreditversicherer zum Ende des dritten Quartals 2015 Ausfallrisiken in Höhe von knapp 430 Milliarden Euro ab. Das waren 0,7 Prozent mehr als zum gleichen Zeitpunkt des Vorjahres. Davon entfielen 386 Milliarden Euro (-0,4 Prozent) auf die Warenkreditversicherer. Die Kautionsversicherer stellten Bürgschaften und Garantien in Höhe von 44 Milliarden Euro (+8,6 Prozent).

Kreditversicherung 2015 auf einen Blick

Risiken für Exportwirtschaft steigen

  • Wachsende wirtschaftliche und politische Risiken für Exportwirtschaft.
  • Abgeschwächte konjunkturelle Entwicklung in zahlreichen Schwellenländern, insbesondere in Russland, Brasilien und China.
  • Chinesische Unternehmen mit mehr Zahlungsverzögerungen, mehr Zahlungsausfällen und mehr Insolvenzen: Unternehmenspleiten dürften in China 2015 um 25% und 2016 um weitere 20% steigen.
  • Exporteure sollten Solvenz chinesischer Abnehmer genau prüfen.
  • Ausstehende Forderungen nur schwer gerichtlich durchsetzbar.

Geschäftsklima der deutschen Kfz-Industrie ist stabil

  • Aktuelle keine Eintrübung des Geschäftsklimas erkennbar.
  • Schwäche in China wird durch hohe Absatzzahlen in Europa und USA überkompensiert.
  • VW-Abgas-Skandal birgt für die Kfz-Industrie Chancen und Risiken.

Insolvenzanfechtung: Gläubiger brauchen Sicherheit

  • Hohes Risiko führt zu guter Nachfrage nach Versicherungsschutz gegen Insolvenzanfechtung.
  • Kreditversicherer unterstützen Reform der Insolvenzanfechtung: Der Anfechtungszeitraum sollte verkürzt und geschäftsübliche Vereinbarungen nicht mehr zu Lasten der Gläubiger gewertet werden.

Zahl der Insolvenzen in Deutschland auf 20-Jahres-Tief

Die Kreditversicherer gehen davon aus, dass die Zahl der Unternehmensinsolvenzen in Deutschland in diesem Jahr um drei Prozent auf rund 23.400 sinken wird. Das wäre der niedrigste Stand seit 1995. Für das kommende Jahr gehen die Versicherer von einem weiteren Rückgang um zwei Prozent aus.

Im laufenden Jahr rutschten bislang vor allem kleine und mittlere Unternehmen in die Zahlungsunfähigkeit. Eine größere Belastung verursachte lediglich die Insolvenz des Bautechnik-Konzerns Imtech. Insgesamt summierte sich der Schadenaufwand der Kreditversicherer in den ersten neun Monaten des Jahres 2015 auf 402 Millionen Euro, 3,9 Prozent weniger als im selben Zeitraum des Vorjahres.

Gute Nachfrage nach Insolvenzanfechtungspolicen

Gut vom Markt angenommen werden neue Policen zum Schutz vor den gewachsenen Risiken einer Insolvenzanfechtung. Nach jüngeren BGH-Urteilen müssen Lieferanten unter Umständen bis zu zehn Jahre lang bereits erhaltene Gelder zurückzahlen, wenn der Abnehmer zahlungsunfähig wird. Mit Hinweis auf vereinbarte Ratenzahlungen oder Stundungen machen Insolvenzverwalter zunehmend erfolgreich geltend, dass der Lieferant die drohende Insolvenz seines Abnehmers hätte erkennen können – bereits Jahre vor der Zahlungsunfähigkeit. Kann der Lieferant dann nicht das Gegenteil beweisen, muss er das erhaltene Geld gegebenenfalls zurückzahlen. „Der Anspruch der Kreditversicherer ist es, ihren Kunden Liquidität zu sichern und Wachstum zu ermöglichen. Mit der neuen Versicherung können sich Unternehmen vor den schwer kalkulierbaren Risiken der Insolvenzanfechtung schützen“, sagte Langen.

In Kooperation mit der <br>INTER Versicherungsgruppe