Sprechstunde beim @AssekuranzDoc: Die Pools schlagen zurück

Heiße Diskussionen hat das Sommerthema FinTech und Insure-Tech gebracht. Immer mehr Makler haben verstanden, dass diese Apps eine Bedrohung für das eigene Geschäftsmodell sein können. Aber bald gibt es die Möglichkeit selbst solche Verwaltungs-Apps zu nutzen. Das ist uns eine Kolumne wert

Auch hier bei Tagesbriefing.de wurde das Thema Verwaltungs-Apps für Versicherungen kontrovers diskutiert. Der „Angriff der Betreuer aus dem Web“ war uns sogar einen Zweiteiler wert. Nur scheint sich wieder etwas am Markt zu tun. Die Pools schlagen zurück. Zumindest kündigen das Jung, DMS & Cie  und blau direkt an.

Kompetenz und Aktivität von der Küste

Der Lübecker Maklerpool hat sich bereits frühzeitig dem Thema zugewandt und öffnet nun auch den angeschlossenen Maklern die Tür zum eigenen Kompetenzzentrum App. Die bereits gewonnenen Erfahrungen mit dem Bau solcher Verwaltungsapps werden für Makler nun mit simplr verwirklicht.

Lars Drückhammer, Geschäftsführer bei blau direkt, erklärte den Hauptvorteil der Innovation:

„Unsere Partner brauchen sich nicht an irgendeinen Venture-Kapitalgeber zu verkaufen und verfügen trotzdem über millionenschwere Technik.“

Durch die auf den einzelnen Makler personalisierten Apps sollen die Endkunden direkt und jederzeit Einblick in ihre eigenen Verträge erhalten. Außerdem ist eine automatische Information vorgesehen, die über geänderte oder neue Dokumente informiert.

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Bereits mit dem Download der App durch den Kunden wird das Bestandssystem des Pools erkennen, zu welchem Makler der Kunden gehört. Und die Verbindung via Web wird hergestellt. Mit der App hat der Kunde den Makler direkt immer bei sich.

Vorteile der Makler-App sollen Kunden überzeugen

Die Vorteile für den Kunden werden in drei Richtungen beworben. Überall dabei. Den Kunden wird der Vorteil schmackhaft gemacht, alle Versicherungsunterlagen per Smartphone immer am Mann oder an der Frau zu haben und damit für den Ernstfall gewappnet zu sein.

Persönlich. Im Gegensatz zu den ersten InsureTechs verwirklicht die App von blau direkt die direkte Verbindung zum Makler. Die Verbindung von App und persönlichem Ansprechpartner kann ein großer Pluspunkt für Kunden und Makler werden. Dem Online-Tool wird damit die Anonymität genommen.

Schutz. Die Verwaltungs-App für Makler will den Kunden die Sorge um die persönlichen Daten nehmen. Dafür werden sorgfältige Verschlüsselung und Schutz der Daten versprochen.

Das Projekt „App für Makler“ bei blau direkt wird von Hannes Heilenkötter als verantwortlicher Projektentwickler geleitet. Er ist nicht nur Chef des IT-Bereichs von blau direkt sondern auch Geschäftsführer des Berliner IT-Dienstleisters DIONERA GmbH, dem Anbieter von simplr.

Heilenkötter sieht die Vorteile der App seines Hauses in zahlreichen zusätzlichen Funktionen, die die herkömmlichen Apps wie von Clark, Knip oder safe.me nicht bieten:

„Wir bieten daher neuartige Funktionen, die dem Kunden zahlreiche Vorteile bieten, so dass der Makler es leicht hat, seine bestehenden Kunden zum Download der neuen App zu motivieren…Wenn der Makler auf dem Smartphone des Kunden ist, ist der Makler immer präsent.“

Gerade in kleinen nützlichen Gimmicks kann der Reiz für die Kunden liegen, sich die App herunterzuladen und zu nutzen. Versicherungen sind für den Kunden eher langweilig und tröge. Wenn aber interessante Meldungen (neudeutsch: Notifications) den Kunden beispielweise informieren „Achtung, in ihrem Urlaubsland sind Sie bei Reiseunfällen oder notwendigen Arztbehandlungen so und so geschützt“, dann macht das Spaß und kommt beim Kunden an.

Simplr startet kostenlos, aber …

Die App von blau direkt befindet sich aktuell im Testbetrieb, wie Geschäftsführer Oliver Pradetto auf meine Anfrage Auskunft gab.

„Ende November erfolgt das Release der App. Der exakte Zeitpunkt hängt an den Stores, da diese sich eine eigene Abnahmeprüfung vorbehalten. Insbesondere Apple ist damit  aktuell bereits seit 5 Wochen beschäftigt.“

Die gute Nachricht für alle Makler: Die App wird kostenfrei bereitgestellt.

Die App kann nicht nur von Partnern von blau direkt genutzt werden. Voraussetzung für die Funktionalitäten ist jedoch eine Anbindung an die genutzten Verwaltungsprogramme. Dies bedingt dann aber ent-sprechende Investitionen für Updatesicherung und Entwicklung, wie Pradetto betont.

„Wenn diese (Kosten) nicht durch den MVP-Hersteller über-nommen werden, kommen erhebliche Belastungen auf den Nutzer zu. Deswegen ist es eher unwahrscheinlich, dass einzelne Makler die App außerhalb blau direkt nutzen können oder werden. Die Möglichkeit bietet sich eher Versicherern, Vertrieben und Pools.“

Die Antwort aus dem Süden lautet allesmeins

Jung, DMS & Cie. ist zur Zeit durch mehrere Aktivitäten in den Schlagzeilen der Branche. Dazu gehört die Gründung einer neuen Vertriebsschiene unter dem Namen JDCplus ebenso wie die Ankündigung einer App für Partnermakler für Januar 2016.

Ziel der JDC-App mit dem Namen allesmeins, der an eine bekannte Versteigerungsplattform erinnert, soll ebenfalls die Technik eines innovativen InsureTech mit der Beratung durch Makler verbinden.

Dazu versprechen die Lenker des Pools einen Zusatznutzen durch die bessere Kundenbindung und Möglichkeiten der Einkommensoptimierung für Makler. Für eine optimale Kommunikation mit den Kunden sollen die Möglichkeiten über die Social-Media-Welt und auch eine Chatfunktion angeboten werden.

JDC orientiert sich mit seiner App auch stärker an Maklern, die auch im Investmentbereich tätig sind. Deshalb sind auch App-Funktionen im Bereich der Kapitalanlagen und mit Informationen zu Anlagedetails zu erwarten. Gespannt kann man darauf sein, wie die avisierten Hinweise zur Vertragsoptimierung sowie zu fehlenden Versicherungen bei bestehenden Risiken umgesetzt werden sollen.

Nicht wie das Kaninchen vor der Schlange

In den aktuellen Statements der Poolchefs wird aber auch der Respekt gegenüber den neuen Playern im Markt deutlich. Cash-Online zitiert dazu Lars Drückhammer von blau direkt:

„Nach und nach wird unseren Versicherungspartnern jedoch klar, dass der Umsatz schon sehr bald wegbricht, wenn die Produkte nicht am Point of Sale kommuniziert werden.”

Und dieser Point of Sale verlagert sich immer mehr in die Welt des Web und der von den Kunden bevorzugten Medien. Der Erfolg der zahlreichen Onlineportale und ihrer mobilen Werkzeuge in Form von Apps belegt das.

Der Vorstandsvorsitzende von JDC, Sebastian Grabmaier, betont noch eine Analogie zu den Veränderungen im Buchhandel vor einigen Jahren.

„Anders als der deutsche Buchhandel beim Markteintritt von amazon.com wollen wir nicht abwarten, bis FinTechs mit disruptiven Geschäftsmodellen unseren Partnern die Butter vom Brot nehmen oder sie gar aus dem Markt verdrängen.“

Nord oder Süd – Wer wird die Nase vorn haben?

Nach einem ersten Vergleich der angekündigten Funktionen könnte allesmeins für Makler im Investmentbereich und simplr bei Maklern mit Schwerpunkt Versicherung die Nase vorn haben. Der Umfang der avisierten Funktionen von simplr wird die Möglichkeit beinhalten, Verträge per Knopfdruck mit allen gängigen Tarifen des Marktes zu vergleichen.

Außerdem kann der Kunde mit simplr Policen fotografieren. Die Verträge sollen dann wie von Zauberhand nach einigen Tagen in der App erscheinen und wandern dann automatisch in den Bestand des betreffenden Maklers, wenn dieser zustimmt.

Fazit:

Die Verantwortlichen bei blau direkt und JDC haben den Trend der Zeit erkannt und schnell gehandelt. Noch sind FinTechs wie Clark, Knip und Getsafe im Aufbau und in der fachlichen sowie finanziellen Konsolidierung. Mit Millionen Werbegeldern müssen diese den Durchbruch im Vertrauen der Kunden erst erkämpfen. Im Windschatten der FinTechs können die Pools mit Ihren Apps und deren angeschlossene Makler, wenn diese die Apps nutzen, zum Überholvorgang ansetzen. Und dabei haben Pools und Makler enorme Vorteile. Man hat die Kunden, man hat die Kompetenz und man hat auch die technischen Ressourcen. So kann ein zusätzlicher Beitrag zur Zukunftssicherheit der Makler entstehen.

Die neuen Werkzeuge der Pools aus Wiesbaden und Lübeck werden außerdem ganz nebenbei auch ein Beitrag zur weiteren Konsolidierung der Vermittler- und Poollandschaft in Deutschland auslösen. Denn auch hier dürfte das inzwischen geflügelte Wort vom „Wer zu spät kommt, den bestraft des Leben“ nicht lange auf seine Verwirklichung warten lassen – meint Ihr AssekuranzDoc

 


Dr. Peter Schmidt AssekuranzDocExperte Personenversicherungen und Unternehmensberater im Bereich Versicherungen, Vertriebe und Makler mit langjähriger Erfahrung als Führungskraft und Vorstand bei deutschen Versicherern und twittert als @AssekuranzDoc. Besuchen Sie auch seine Webseite und werden Sie Fan von Dr. Schmidt auf Facebook.

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