OECD-Gesundheitsbericht: Arzneimittelausgaben in Deutschland weit über internationalem Durchschnitt

PRESSEMITTEILUNG – (Berlin/Paris, 4. November 2015) – Die Arzneimittelausgaben in Deutschland sind höher als in fast jedem anderen europäischen Land und in den meisten OECD-Ländern. Wie aus der jüngsten Ausgabe des OECD-Berichts “Gesundheit auf einen Blick” hervorgeht, lagen sie 2013 kaufkraftbereinigt bei 678 US-Dollar pro Einwohner und damit 30 Prozent über dem OECD-Durchschnitt. In Europa toppt das nur Griechenland.

Im vergangenen Jahr stiegen die Ausgaben nach einer Phase der Stagnation (2009-2013) sogar um etwa sieben Prozent. Zum Vergleich: Die allgemeinen Pro-Kopf-Gesundheitsausgaben wuchsen in Deutschland von 2009 bis 2013 im Schnitt und inflationsbereinigt um zwei Prozent jährlich, 2014 nach vorläufigen Schätzungen um 2,5 Prozent.

Dass die Arzneimittelkosten so stark nach oben gegangen sind, begründet sich zum Teil mit erhöhten Ausgaben für sehr teure Medikamente, etwa Hepatitis C-Präparate. Darüber hinaus ist der Rabatt, den Hersteller Krankenkassen für patentgeschützte Arzneimittel gewähren müssen, mit Beginn des Jahres 2014 gesunken. Außerdem nehmen die Deutschen verhältnismäßig viele Medikamente ein: Ihr Verbrauch von blutdrucksenkenden Mitteln zum Beispiel ist höher als in allen anderen OECD-Ländern und liegt beim Dreifachen der in Österreich konsumierten Menge. Auch Antidiabetika werden in Deutschland wesentlich häufiger verschrieben als im OECD-Schnitt. Zwischen 2000 und 2013 hat sich der Verbrauch fast verdoppelt. Die Zunahme von Diabetes hängt auch mit der Alterung der Gesellschaft und der verstärkten Verbreitung von Übergewicht und Fettleibigkeit zusammen.

Noch stärker gewachsen ist der Verbrauch von Antidepressiva: Hier liegt Deutschland zwar mit 53 Tagesdosen für tausend Einwohner noch etwas unter dem Schnitt der Industrieländer (58 Tagesdosen). Im Jahr 2000 kam das Land aber erst auf 21 Tagesdosen. In der gleichen Zeit verzeichnen nationale Behörden auch mehr Krankheitstage durch Depressionen. Es ist allerdings nicht abschließend geklärt, ob psychische Erkrankungen heute häufiger diagnostiziert werden, weil sie weiter verbreitet sind als noch vor ein paar Jahren oder ob die gestiegene gesellschaftliche Akzeptanz es leichter macht, über die Krankheiten zu sprechen.

Antidepressant-drugs_NEW_DE-650x613Um die Arzneimittelkosten im Zaum zu halten, hat Deutschland eine Reihe von Maßnahmen ergriffen. Nicht zuletzt versucht es, die Verwendung von günstigeren Generika zu fördern. Im Jahr 2000 waren 47 Prozent der im Land verschriebenen Medikamente Generika, 2013 waren es bereits 80 Prozent. In der OECD liegt der Anteil bei 48 Prozent. Insgesamt beliefen sich die Arzneimittelausgaben in den OECD-Ländern 2013 auf 800 Milliarden US-Dollar. Zählt man den Medikamentenverbrauch in Krankenhäusern dazu, dann entspricht dies etwa 20 Prozent der gesamten Gesundheitsausgaben.

Die Qualität der Gesundheitsversorgung steht mit den Kosten nur bedingt in Zusammenhang. “Gesundheit auf einen Blick” zeigt, dass keines der OECD-Länder in allen Kategorien der Qualitätserfassung zur Spitzengruppe gehört, selbst wenn es erhebliche Summen in sein Gesundheitssystem investiert. In vielen Ländern besteht weiterhin Verbesserungsbedarf bei Prävention, frühzeitiger Diagnose oder auch Behandlung von Erkrankungen.

Auch für Deutschland ergibt sich ein gemischtes Bild: Ein Indikator für die Qualität der medizinischen Primärversorgung ist die Anzahl der potenziell vermeidbaren Krankenhausaufenthalte. Hier schneidet Deutschland weniger gut ab – seine Einweisungsraten für chronische Krankheiten wie Diabetes und Herzinsuffizienz sind weit höher als im OECD-Schnitt, was nur in Teilen durch ein größeres Vorkommen dieser Krankheiten erklärt werden kann. In einem Land mit stark alternder Bevölkerung und einem wachsenden Anteil von chronisch kranken Menschen wäre es wichtig, die Kontinuität der Versorgung dieser Patienten zu stärken und so unnötige Krankenhausaufenthalte zu vermeiden.

Besser steht Deutschland bei einem der klassischen Qualitätsindikatoren für Akutbehandlung im Krankenhaus da, der Versorgung nach einem Schlaganfall. Im internationalen Vergleich sind die Überlebensraten von Schlaganfall-Patienten hierzulande hoch. Die Überlebensrate von Patienten, die mit Herzinfarkt in ein Krankenhaus eingeliefert werden, liegt dagegen leicht unter dem OECD-Schnitt

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