PRESSEMITTEILUNG – Die Deutsche Aktuarvereinigung e.V. (DAV) begrüßt ausdrücklich, dass das Bundesfinanzministerium im Zuge der Umsetzung von Solvency II eine Neugestaltung der bisherigen Regelungen zum Höchstrechnungszins in der Lebensversicherung anstrebt. Auch die DAV sieht hier die Notwendigkeit einer Anpassung.
Für moderne Lebensversicherungsprodukte, bei denen die Kunden genau die Leistungen erhalten, die über ein festgelegtes Zusammenspiel zwischen Kapitalanlage und Kundenversprechen entstehen und die deshalb auch im aktuellen Niedrigzinsumfeld für Kunden und Versicherer attraktiv sind, wird ein Rechnungszins in der Tat nicht benötigt. Beispiele sind fondsgebundene Lebensversicherungen, Garantiefonds, Lebensversicherungen mit Indexanbindung oder weitere moderne Produkte, die bereits im Markt verfügbar sind.
Bei klassischen Lebensversicherungsprodukten hingegen, bei denen eine Absicherung langfristiger Zinsrisiken über den Kapitalmarkt nicht möglich ist, schlägt die DAV ein zweistufiges Vorgehen vor: In den ersten 15 Jahren soll der Höchstrechnungszins ein fester Zinssatz sein, der sich am Kapitalmarkt orientiert; in der Zeit danach ein vorsichtigerer Wert, der der langfristigen volkswirtschaftlichen Erwartung mit einem Sicherheitsabschlag folgt und ebenfalls bereits anfänglich festgelegt wird. So können auch weiterhin fest garantierte Zinsen in marktangemessener Höhe die Basis für eine erfolgreiche Altersversorgung und eine ergänzende Überschussbeteiligung sein.
„Die klassische Produktwelt mit ihrem kollektiven Sparprozess wird auch in Zukunft einen wichtigen Baustein für die Altersversorgung in Deutschland bilden“, erklärt Dr. Wilhelm Schneemeier, Vorsitzender des Vorstands der DAV. „Ohne die Begrenzung durch einen Höchstrechnungszins würden hier bei steigenden Marktzinsen wieder langfristige Zinsgarantien möglich sein, die am Kapitalmarkt nicht abgesichert werden können. Eine Situation wie die heutige würde Solvency II alleine nicht verhindern können“, so Dr. Schneemeier weiter.
Auch unter Solvency II wird daher der handelsrechtlichen Deckungsrückstellung unverändert eine hohe Bedeutung zukommen. Eine modifizierte Regelung des Höchstrechnungszinses für klassische Lebensversicherungsprodukte wird eine angemessene Rückstellungsbildung sicherstellen, und damit die Aufsichtsziele von Solvency II unterstützen.
Hintergrund
Im Zuge des Inkrafttretens des novellierten VAG zum 1.1.2016, mit dem Solvency II in deutsches Recht umgesetzt wird, sind auch die nachgelagerten Verordnungen neu in Kraft zu setzen. Der Referentenentwurf des Bundesfinanzministeriums zur Deckungsrückstellungsverordnung (DeckRV) sieht aktuell einen Höchstrechnungszins – und somit eine Begrenzung der Zinsgarantien – nur noch für kleine Lebensversicherer und Pensionskassen vor, während für große Unternehmen allein auf die neuen Eigenkapitalvorschriften von Solvency II abgestellt wird. Hierdurch wäre gesetzlich nicht mehr hinreichend sichergestellt, dass die Beiträge immer ausreichend hoch sind, um angemessene Deckungsrückstellungen in jedem Fall aufbauen zu können (§ 138 VAG neue Fassung).