Sprechstunde beim @AssekuranzDoc: Exoten oder Normalos – die hybriden Kunden

Kürzlich in einer Filiale eines Kaffeerösters. Eine Kundin kauft ein Paket frisch gemahlenen Kaffee. Die freundliche Verkäuferin verweist auf das Aktionsangebot für eine Sporttasche. Die Kundin lehnt dankend mit der Bemerkung ab, dass sie die Tasche schon im Online-Shop des Anbieters gekauft habe. Wie passt das denn zusammen?

Es ist Realität, dass beim Shopping wie der Informationssuche durch immer mehr Kunden verschiedene Angebote genutzt werden. Heute im regionalen Handel einkaufen und morgen schon im Online-Shop einkaufen. Das ist eigentlich nichts Neues. Das Fernsehen sollte der Tod Radios sein, das Bücherlesen per Tablet oder Reader sollte das Todenglöckchen für Bücher zum Anfassen sein und der Online-Handel sollte dem stationären Handel das Licht aushauchen.

Nichts von alledem ist passiert. Sicher gab es Verschiebungen zu Lasten des einen oder anderen. Aber der stationäre Handel mit seinem besonderen Mix auf Schauen, Anfassen, Beraten und Kaufen hat eben seinen besonderen Reiz auch wenn mancher Kunden nach der Beratung im Ladengeschäft dann doch Online kauft. Kunden nutzen gerne beide Möglichkeiten, mal so und mal so. Damit ist dann auch der Begriff des hybriden Kunden entstanden. Ein Kunde der sich „vermischt“ verhält. Offline – Online, Teuer – Preiswert, Ökologisch – Verschwenderisch.

Mit dem SUV zum Discounter

Kürzlich war ich für eine Unternehmensberatung in einem Stadtteil von Stuttgart unterwegs. Unmittelbar an der S-Bahn ein Discounter der Kette Süd. Auf dem Parkplatz fast jedes zweite Auto ein Sportwagen oder SUV der Preisklasse 100.000 Euro aufwärts. Ein treffendes Beispiel für hybride Kunden und Anlass für diese Kolumne.

Dieses gemischte Verhalten von Kunden bei Beratung, Kauf und im Alltag war früher eher undenkbar. Wer von Bekannten in der Nähe eines Discounters gesehen wurde musste eher unangenehme Fragen gefallen lassen. Geht es Dir nicht gut? Ist bei Dir etwas nicht in Ordnung? Also vermied man dies, auch aus Standes- oder Markenbewusstsein. Inzwischen ist dies Vergangenheit.

Jeder Verkaufskanal hat seine Vorteile und die werden von den Deutschen gern und umfassend genutzt. Über fünfzig Prozent der Kunden bevorzugen den stationären Handel. Andererseits brechen die Online-Händler alle Rekorde. So berichtete vor einiger Zeit die „Welt“ von 2,8 Millionen Bestellungen bei Amazon. Wohlgemerkt an einem Tag!

Der Online-Schuh-Versand mit den (zumindest in der Werbung) glücklich schreienden Frauen hatte 2014 über 40 Millionen Bestellungen.

Und diese hybriden Kunden sind nicht anspruchslos. Am liebsten wollen sie die Vorteile des einen Weges mit dem anderen verbunden haben. Und der Handel hat reagiert. Kataloge per Papier und Online-Angebote per Newsletter. Am bestens alles mit einem schnittstellenarmen Übergang. Auswahl eines Rasenmähers am Wochenende auf der Onlineplattform und Abholen der Ware im Baumarkt um die Ecke.

Umgedreht ist das sogenannte Showroom-Verhalten: Im Ladengeschäft informieren und dann im Onlineshop preiswert(er) kaufen. Natürlich sind die letzten Hindernisse bei den Kunden für Onlinegeschäfte noch nicht gefallen.

Hürden für die Onlineanbieter

Nach wie vor gibt es besonders bei kritischen Deutschen in Sachen Datenschutz Vorurteile oder auch berechtigte Bedenken zum Onlinehandel. Die einen trauen den Bezahlsystemen über das Internet noch nicht. Andere wollen keine Speicherung der persönlichen Kundendaten im Nirvana des Web.

Nicht selten scheitern Onlinekäufe auch an sogenannten Medienbrüchen zwischen Kauf und Bezahlung. Dabei sind Sicherheitsabfragen beispielsweise bei der Zahlweise Kreditkarte durchaus im Kundeninteresse werden aber oft durch Abbruch des Kaufvorganges abgestraft.

Unangenehm finden viele Nutzer von Onlineangeboten auch die Auswertung des bisherigen Kaufverhaltens und den Vergleich mit anderen Käufern. Wird beim Kauf einer Blueray Disc die Empfehlung einer weiteren zum gleichen Schauspieler noch als Hinweis empfunden so kommen dann beim Wechsel der Plattform und einer dann wieder auftauchenden Werbung für diese Produkte den Kunden dann doch unangenehme Bedenken.

Nicht zu vergessen in einem Artikel für die Branche der Versicherungs- und Finanzdienstleistungen ist ein weiterer Effekt. Das Vertrauen in Personen wenn es um bestimmte Produkte oder Dienstleistungen geht.

Besonders bei komplexen Vorgängen kehren sich die Vorteile des Onlinehandels um.

Informieren im Netz – Beraten und Kaufen beim Vermittler

Über den immer stärker zunehmenden Kauf von einfachen Versicherungsprodukten über Onlineportale oder auch Apps (InsurTechs) wurde hier bereits geschrieben. Davon ausgenommen sind noch immer Produkte und Dienstleistungen die dem Kunden noch ein „Buch mit sieben Siegeln“ sind. Produkte der Altersvorsorge, private Krankenvoll- und Zusatzversicherung, Finanzierungen oder der Auf- und Ausbau von Kapital- oder Sachwertvermögen.

Herausforderung für die Vermittler von Finanz- und Versicherungsprodukten ist es demnach seinen Kunden auf hybriden Wegen entsprechend abzuholen. Das beginnt bei einer Vermarktung der Kompetenzen für anspruchsvolle Beratung, lebenslangen Service u n d  Angeboten über digitale Onlineangebote. Dann kann der Kunde oder die Kundin entscheiden, welcher Informations- und Kaufweg in der konkreten Situation gewählt wird.

Auf diese Ansprüche muss (sollte) der Vermittler sich einstellen. Einzelkämpfer oder kleiner Versicherungsbüros sind dann eher bei Dienstleistern mit komplexen Angeboten gut aufgehoben. Eigene Lösungen sind meist einfach zu teuer und werden nur langfristig ins Verdienen gebracht. werden.

Makler haben die Wahl zwischen Pools die eher über Umsatzanforderungen oder über Servicepauschalen diesen Service bereitstellen. Letzteres finde ich beispielsweise über den Lübecker Pool Blaudirekt besser.

Aber auch digitale Angebote für die Multikanalberatung und den Onlineverkauf der TIGON AG mit ihrem Angebot der Homepage als  digitalem Einkaufsplatz für Kunden sollten sich Makler einmal näher ansehen und prüfen, ob diese Plattform zum eigenen Geschäftsmodell passt. Ein unabhängiger Check zur Qualität der bisherigen eigenen Homepage kann da auch interessante Impulse geben.

Jeder hybride Kunde ist anders

Für den individuell richtigen Weg zum hybriden Kunden ist dieser selbst nicht außer Acht zu lassen. Bevor sich Makler/in für neue Formen des Geschäftsmodells entscheidet ist eine Befragung wichtiger Kunden eine gute Möglichkeit. Je nach Hauptzielgruppe werden die Wünsche und Meinungen unterschiedlich sein. Dazu kommen auch Unterschiede in den Altersgruppen oder in der Emotionalität.

Hybride Kunden werden immer schwerer diagnostizierbar. Ihr Verhalten kann sich durch Kleinigkeiten von heute auf morgen wandeln. Das massenhafte Hacken von Kundendaten bei einer Bank führt sofort (für eine gewisse Zeit) zu einem anderen Verhalten. Ebenso kann eine Enttäuschung des Kunden durch eine fehlerhafte Beratung durch einen Vermittler das Vertrauen in die persönliche Beratung beschädigen.

Der Vermittler muss zum Manager verschiedener Kundenkommunikationskanäle werden. In jedem Falle laufen hybride Geschäftsmodelle bei Vermittlern auch nicht von allein. Ein entsprechendes Marketing muss die Kunden immer wieder zu den verschiedenen klassischen und modernen Beratungsformen abholen.

Das Konzept zur Kundenkommunikation muss dann Angebote zur persönlichen Beratung ebenso beinhalten wie Mischformen (Online-Beratung, Video-Chats…) oder reine Onlineangebote zum Sofortabschluss von „Saison- oder Aktionsware“, die es bekanntlich in der Branche auch gibt.

Hinweis zum Schluss

Angebote für hybride Kunden zu entwickeln ist zweifellos eine unternehmerische Herausforderung. Aber gerade dieses Bereitstellen von unterschiedlichen vertrieblichen, technischen und organisatorischen Beratungsservices hilft die Zukunftsfähigkeit von der Vermittlern zu sichern

Wird der hybride Kunde über alle ihm schon bekannten Wege abgeholt, wird er für den Vermittler auch ein treuer, ein loyaler Kunde sein. Und für den Vermittler gibt es noch einen Vorteil. Der hybride Kunde gibt gern auch Feedback für gute Produkte oder Service.

Wird in das neue Geschäftsmodell des Vermittlers auch ein entsprechender Bewertungsprozess eingebaut, dann wird es sehr eindeutige Hinweise dafür geben, was gut und was weniger gut läuft.

Gerne kann man dazu ein Sterne-System verwenden. Je mehr Sterne ein Service ein Produkt erhält, desto größer ist die Kundenzufriedenheit.

Und das spricht sich bei Ihren hybriden Kunden herum – meint Ihr Assekuranzdoc.


Dr. Peter Schmidt AssekuranzDocExperte Personenversicherungen und Unternehmensberater im Bereich Versicherungen, Vertriebe und Makler mit langjähriger Erfahrung als Führungskraft und Vorstand bei deutschen Versicherern und twittert als @AssekuranzDoc. Besuchen Sie auch seine Webseite und werden Sie Fan von Dr. Schmidt auf Facebook.

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