Sprechstunde beim @AssekuranzDoc: GDV – Lächeln und Sorgenfalten auf dem Gesicht

Jahrespressekonferenz des GDV. Foto: Dr. Peter Schmidt

Jahrespressekonferenz des GDV. Foto: Dr. Peter Schmidt

Eine Jahrespressekonferenz mit zwei Facetten. Der Gesamtverband der Versicherungswirtschaft zog Bilanz für 2014. Trotz vieler positiver Zahlen ist die Anspannung unverkennbar. Starke Herausforderungen stehen vor der Branche. Mit einigen davon befasst sich die heutige Kolumne.

Vor den Fenstern des Tagungsraums für die diesjährige Jahrespressekonferenz des GDV in der Managerhochschule European School of Management and Technology (ESMT) wächst das neue Berliner Schloss Humboldtforum in die Höhe. Es ist gewissermaßen ein Symbol dafür was sich im letzten Jahr auch in der Versicherungswirtschaft getan hat. Wachstum und Baustelle zugleich.

GDV-Präsident Erdland konnte auf ein alles in allem gutes Geschäftsjahr 2014 verweisen. Aber Euphorie kam nicht auf. Im übertragenen Sinne waren die Sorgenfalten des Verbandes nicht zu übersehen. Und dies wird Wirkungen auf die Branche, die Vermittler und unsere Land als Ganzes haben. Ist doch die Versicherungsbranche der größte private Investor für den Staat und die Wirtschaft. Doch der Reihe nach.

Positive Ergebnisse in allen Branchen

Trotz widriger Umstände aus dem Umfeld der Versicherungswirtschaft konnte die Branche 2014 ein Plus bei den Beitragseinnahmen von 2,7 Prozent erreichen. Damit betragen die Beitragseinnahmen der deutschen Versicherer jetzt 192,3 Milliarden Euro. Das entspricht etwa dem gesamten Bruttoinlandsprodukt von Finnland.

Die Lebensversicherung hat mit fast fünfzig Prozent zum Ergebnis der gesamten Branche beigetragen. Die Steigerung des Beitragsaufkommens um 3,1 Prozent auf 93,7 Milliarden auch durch 29 Mrd. EUR Einmalbeiträge aus dem Jahresendgeschäft des alten Jahres ist angesichts der grassierenden Unlust zum Sparen bemerkenswert. Auch die Anzahl der Riester-Verträge hat sich stabilisiert.

Bei der Schaden- und Unfallversicherung fiel die Zunahme der Beitrags-einnahmen noch ein wenig höher aus. 3,2 % Zuwachs auf voraussichtlich 62,5 Mrd. Beitragseinnahmen und eine Senkung der Schaden-Kosten-Quote auf 95 Prozent sind Grund zur Freude, auch wenn vor allem die Natur daran einen großen Anteil hat. Nach dem schadenträchtigen Jahr 2013 zeigte sich das Jahr 2014 bekanntlich doch eher von der klimamäßig friedlichen Seite.

Die Unternehmen der Privaten Krankenversicherungen werden immerhin noch auf ein kleines Plus von ca. 0,7 Prozent verweisen können, wenn alle exakten Zahlen dann vorliegen. Dann ist mit Beitragseinnahmen von 36,3 Mrd. Euro zu rechnen.

Soweit so gut. Aber in jedem der drei Hauptbereiche gibt es Daten, die das Lächeln auf dem Gesicht der Versicherungswirtschaft eintrüben können.

Vertrauen der Kunden müssen Versicherer rechtfertigen

Der GDV-Präsident machte schon vor Beginn der Darstellung der positiven Geschäftszahlen deutlich, dass es gilt weiter hart zu arbeiten und am Kurs der Erneuerung festzuhalten. Hinter dieser salomonischen Umschreibung stecken offensichtliche Probleme und Herausforderungen, die für manchen Versicherer zu einer Herkulesaufgabe für die nahe Zukunft werden.

Die anhaltende Niedrigzinsphase sowie die Anforderungen von Solvency II erhöhen den Druck auf alle Versicherer, besonders auf die Versicherer mit Schwerpunkt Leben- und Krankenversicherung. Die Kritik des GDV an der Politik der Niedrigzinsen sowie dem EZB-Programm zum Aufkauf von Staatsanleihen fiel zwar klar und deutlich aus, wird aber den deutschen Versicherern kaum helfen.

Grundsätzlich werden die Anlagestrategien zu ändern, neue Produkte für die Gegenwart zu entwickeln und die Kosten weiter zu senken sein. Wege für eine bessere Verzinsung der Kundengelder sollen durch Infrastrukturprojekte oder Investitionen in die Energiewende beschritten werden. Da aber die politischen Rahmenbedingungen noch fehlen, wird dieses Umschwenken nicht so schnell erfolgen können.

Es ist aber auch klar, dass manch kleineres Versicherungsunternehmen, was jetzt schon bei Industrieanleihen mit sicherer Verzinsung zu kurz kommt, auch mit solchen Projekten überfordert sein wird.

Überall Baustellen – vor allem für die Politik

Zu den fehlenden politischen Rahmenbedingungen für eine stärkere Pace der Lebensversicherer gehören die zähen Diskussionen mit der Politik um eine stärkere Förderung der betrieblichen Altersversorgung und der „Riester“– Rente. Wenn die Politik für den Kreis der Beschäftigten, die für eine private Altersvorsorge das entsprechenden Einkommen haben, die Vorsorge attraktiver machen will, dann muss jetzt gehandelt werden.

Weitere Baustellen für die Assekuranz sind unverkennbar. Dazu gehören die seit dreizehn Jahren defizitäre Sparte der Gebäudeversicherungen, die gesunkene Anzahl von „Rürup“-Verträgen sowie geringere Beiträge in der privaten Pflegeversicherung oder die um fünfzigtausend Mitglieder geschrumpfte Zahl der privat Vollversicherten.

Dazu kommt ein enormer interner Investitionsbedarf für oftmals veraltete IT-Struktur bei vielen vor allem kleinen Versicherern, im Gefolge der immer wieder anstehenden Prioritäten aus einer immer stärkeren Regulierung der Brache aus Berlin und Brüssel. Hier ist im Rahmen eine Offensive im Bereich Digitalisierung ein Schub bei der technologischen Erneuerung notwendig und zu erwarten.

2016 wird Jahr der Wahrheit

Ein Wort des Dankes an zehntausende Vermittler die für ihre Kunden meist eine umsichtige und vertrauensvolle Arbeit tun, war im Fazit der Branchen-vertreter eher nicht zu vernehmen. Dabei sind es doch gerade die Vermittler, die das Bindeglied zwischen den Versicherungen und Kunden prägen.

Das gilt besonders für die Vermittler, die laut gesetzlichen Status als Sachwalter der Kunden per se für die vom GDV-Ehrland beschriebene Transparenz, Offenheit und die durch den Kodex gewollte Fachkompetenz stehen.

Eher kommt ein wenig gefühlter Sarkasmus von der Bühne, wenn es um die Zukunft der Vermittler geht. Erdland umschrieb auf der Jahrespressekonferenz die existenziellen Probleme vieler Vermittler mit den sinkenden Provisionen und Courtage im Gefolge des LVRG so:

 „Die für den Vertrieb wichtigsten Neuregelungen sind ja erst vor einigen Wochen in Kraft getreten. Aber es ist spürbar, dass etwas in Bewegung kommt, dass das LVRG eine produktive Unruhe auslöst“.

So klingt dann auch das Statement, dass man die Diskussion über ein Provisionsverbot kritisch sehe, nicht nach Entwarnung. Es bleibt im Raum, dass mit der immer noch diskutierten Vermittlerrichtlinie IMD II durchaus die Basis der Vergütung der Vermittler noch komplett gestrichen werden könnte. Ein klares Bekenntnis, dass man auf die persönliche Kunden-beratung durch gebundene und freie Vermittler setzt, sieht anders aus

Im Gegenteil. Es verdichten sich die Anzeichen, dass für Vermittler mit dem IMD II sowie für kleinere Versicherer mit Solcency II das Jahr 2016 zum Jahr der Wahrheit werden wird.

Die Branche wird weiter Kosten senken, um die Versprechen an die Kunden aus der Vergangenheit und für Zukunft einhalten zu können.

Diese Versprechen sind die Grundlage des Vertrauens der Kunden in die Branche. Und demnach wird zwangsläufig alles was Kosten verursacht auf den Prüftisch kommen: Produkte, Personal, Technik und Vertrieb. Der Rückzug aus Verlustbereichen- und sparten hat dann wohl gerade erst begonnen.

Fazit

„In guten Zeiten bereits an schlechte Zeiten denken“. Dieser Spruch meiner Großmutter eignet sich gut als Fazit. Für Vermittler bedeutet das, sich auf eine Zukunft einzustellen, die anders als die sich bereits verändernde Gegenwart sein wird.

Kunden sparen Kosten durch Abschlüsse bei Online-Portalen. Versicherer werden neue Produkte auf den Markt bringen, die über den Preis und die Vergütungen Kosten im Vertrieb sparen helfen. IMD II kann das komplette „Aus“ für den Provisionsvertrieb bringen.

Wenn freie Vermittler Stabilität für die eigene Firma und Wachstum sichern wollen, dann gilt es jetzt zu handeln. Machen Sie sich frei von Provisionen und Courtagen und gestalten Sie ihr Geschäftsmodell der Zukunft.

Und wenn Sie als persönliche Motivation ein anschauliches Beispiel für den anstehenden Strukturwandel brauchen, dann schauen Sie doch mal bei einem Dampflokmuseum in Ihrer Region vorbei – meint Ihr AssekuranzDoc.

P.S. Anregungen und Impulse zum Thema „Maklerfirma mit Perspektive“ haben ich mit meiner Unternehmensberatung Consulting & Coaching Berlin in einer umfassenden Dokumentation für interessierte Makler zusammengestellt.


Dr. Peter Schmidt AssekuranzDocExperte Personenversicherungen und Unternehmensberater im Bereich Versicherungen, Vertriebe und Makler mit langjähriger Erfahrung als Führungskraft und Vorstand bei deutschen Versicherern und twittert als @AssekuranzDoc. Besuchen Sie auch seine Webseite und werden Sie Fan von Dr. Schmidt auf Facebook.

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