Finanz-Reserven der gesetzlichen Krankenversicherung bei 28 Milliarden Euro
PRESSEMITTEILUNG – Die Finanz-Reserven der gesetzlichen Krankenversicherung addieren sich zum Jahreswechsel 2014/2015 auf eine Summe von insgesamt rund 28 Milliarden Euro. Im Jahr 2014 haben die gesetzlichen Krankenkassen durch Prämienzahlungen und freiwillige Leistungen Mittel in Höhe von mehr als einer Milliarde. Euro an ihre Versicherten zurückgeführt. Die gesetzlichen Krankenkassen verfügen damit weiterhin über Finanz-Reserven in Höhe von rund 15,5 Milliarden Euro. Dazu kommt die Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds in Höhe von 12,5 Milliarden Euro.
Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe: „Mit Reserven von rund 28 Milliarden Euro steht die gesetzliche Krankenversicherung auf einer soliden Grundlage. Das ist auch das Ergebnis einer sorgfältig abwägenden Gesundheitspolitik, die Einahmen und Ausgaben gleichermaßen im Blick behält. Dass die Kassen mehr als eine Milliarde Euro an Prämien und freiwilligen Leistungen an ihre Versicherten zurückgeben konnten, zeigt die insgesamt gute Finanzlage der Kassen. Es ist gut, dass die Krankenkassen ihre hohen Finanz-Reserven im Sinne der Versicherten nutzen – für attraktive Beiträge und gute Leistungen. Ziel muss es bleiben, eine nachhaltig gute Versorgung aller Bürgerinnen und Bürger mit hochwertigen Leistungen und Arzneimitteln sicherzustellen.“
Einnahmen in Höhe von rund 204,1 Milliarden Euro standen nach den vorläufigen Finanzergebnissen des Jahres 2014 Ausgaben von rund 205,3 Milliarden Euro gegenüber. Die Differenz von knapp 1,2 Milliarden Euro geht zu einem Großteil darauf zurück, dass die Krankenkassen ihre Versicherten über Prämien und freiwillige Satzungsleistungen an ihren hohen Finanz-Reserven beteiligt haben. So wurden im Jahr 2014 Ausgaben für Prämienzahlungen an Krankenkassenmitglieder in Höhe von rund 711 Millionen Euro sowie Aufwendungen für freiwillige Satzungsleistungen (z.B. Osteopathie oder professionelle Zahnreinigung) in Höhe von 313 Millionen Euro geleistet. Ohne diese Sonderfaktoren ergibt sich für die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) im Jahr 2014 bei einem Ausgabevolumen von 205,3 Milliarden Euro ein weitgehend ausgeglichenes Finanzergebnis.
Durch die neue Finanzstruktur des GKV-FQWG haben die Krankenkassen auch weiterhin die Möglichkeit, ihre erheblichen Finanz-Reserven bei der Kalkulation ihrer Zusatzbeiträge zu berücksichtigen. Zum 1. Januar 2015 haben 65 – und damit mehr als die Hälfte der 123 Krankenkassen – ihre Beiträge im Vergleich zum Vorjahr gesenkt. Damit profitieren rund 20 Millionen Krankenkassen-Mitglieder von niedrigeren Krankenkassen-Beiträgen. Weitere 50 Kassen mit 32,5 Millionen Mitgliedern haben ihre Beiträge stabil gehalten. 8 Krankenkassen mit insgesamt weniger als 700.000 Mitgliedern haben ihre Beiträge im Vergleich zum Vorjahr leicht angehoben. Auf dieser Basis ergibt sich Anfang 2015 ein durchschnittlicher Zusatzbeitragssatz, der bei rund 0,8 Prozent liegt.
Finanzentwicklung nach Krankenkassenarten unterschiedlich
Bei einer differenzierten Betrachtung nach Krankenkassenarten zeigt sich eine unterschiedliche Entwicklung: Im Jahr 2014 erzielten 52 Krankenkassen ein Plus von 683 Millionen Euro. So erzielten die AOKen einen Überschuss von rd. 421 Millionen Euro. Bei den Ersatzkassen überstiegen hingegen die Ausgaben die Einnahmen um rund 1,08 Mrd. Euro Euro; bei den Betriebskrankenkassen um 334 Millionen Euro, und bei den Innungskrankenkassen um 219 Millionen Euro. Die Ausgabenüberhänge dieser Kassenarten erklären sich zu einem erheblichen Teil durch Prämienzahlungen, die die Krankenkassen an ihre Mitglieder geleistet haben.
Finanzergebnis des Gesundheitsfonds
Elf Jahre nach dem Rekord-Schuldenstand in Höhe von damals 8,3 Milliarden Euro (Anfang 2004) steht die GKV Ende 2014 weiterhin auf einem sehr soliden finanziellen Fundament. Ende 2014 verfügten die Krankenkassen über Finanz-Reserven in Höhe von 15,5 Milliarden Euro. Die Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds verfügte über einen Betrag in Höhe von 12,5 Milliarden Euro. Damit addieren sich die Finanzreserven in der GKV zum Jahreswechsel 2014/2015 auf eine Summe von insgesamt rund 28 Milliarden Euro.
Zwar verzeichnet der Gesundheitsfonds im Jahr 2014 einen Ausgabenüberhang von rund 1,12 Milliarden Euro, dieser ist allerdings auf Grund der Verbeitragung von Einmalzahlungen (Weihnachtsgeldeffekt) wie erwartet gegenüber dem 1.-3.Quartal (-4,1 Milliarden Euro) deutlich zurückgegangen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Mehrausgaben, die den Krankenkassen durch die Abschaffung der Praxisgebühr auch in 2014 entstehen (1,8 Milliarden Euro) sowie die gesetzlich induzierten Mehrausgaben für Krankenhäuser (rund 0,6 Milliarden Euro) ebenso wie die vorübergehende Absenkung des Bundeszuschusses um 3,5 Milliarden Euro durch eine Entnahme aus der Liquiditätsreserve gedeckt wurden. Durch die weiterhin günstige Entwicklung der Beitragseinnahmen mit einem Plus von 3,9 Prozent wurde allerdings nur ein relativ geringer Teil des potenziellen Entnahmebetrages von 5,8 Milliarden Euro in 2014 auch tatsächlich benötigt.
Ausgabenzuwächse bei 4,9 Prozent
Je Versicherten gab es 2014 einen Ausgabenzuwachs von 4,9 Prozent. Die Leistungsausgaben stiegen um 5,2 Prozent je Versicherten; die Verwaltungskosten nur geringfügig um 0,2 Prozent. Deutlich steigende Versichertenzahlen haben dazu beigetragen, dass die absoluten Ausgabenzuwächse um 0,6 bis 0,7 Prozentpunkte höher ausgefallen sind als die Pro-Kopf-Ausgaben. Damit lag der Ausgabenzuwachs unterhalb der Prognose des Schätzerkreises, der für das Gesamtjahr 2014 von einem Ausgabenzuwachs je Versicherten von 5,0 Prozent (Leistungsausgaben plus 5,2 Prozent, Verwaltungskosten plus 1,5 Prozent) ausgegangen war. Zu den Ausgabenzuwächsen haben vor allem stark steigende Arzneimittelausgaben beigetragen.
Entwicklungen in den einzelnen Leistungsbereichen
2014 sind die Arzneimittelausgaben der Krankenkassen nach drei Jahren mit moderaten Zuwächsen um 9,0 Prozent (2,9 Milliarden Euro) gestiegen. Dieser Ausgabenzuwachs ist zu rund 3 Prozentpunkten auf das Auslaufen des bis 31. Dezember 2013 befristeten erhöhten Herstellerrabatts für patentgeschützte Arzneimittel von 16 Prozent zurückzuführen. Auffällig sind auch die hohen Ausgaben für neu zugelassene Arzneimittel zur Behandlung der Hepatitis C, die 2014 in der GKV zu Mehrausgaben in einer Größenordnung von rund 600 Millionen Euro geführt haben. Mittlerweile hat der GKV-Spitzenverband für die ersten Arzneimittel mit den jeweiligen Herstellern Erstattungsbeträge vereinbart, die zu einer Preissenkung führen. Auch haben einzelne Krankenkassen Rabattvereinbarungen mit dem Hersteller abgeschlossen.
Ohne die ausgabenbegrenzenden Regelungen, die die Bundesregierung Anfang 2014 im Arzneimittelbereich umgesetzt hat, lägen die Ausgabenzuwächse des vergangenen Jahres deutlich im zweistelligen Bereich. So wurde das bestehende Preismoratorium Anfang 2014 bis Ende 2017 nahtlos verlängert. Mit Wirkung zum 1. April 2014 wurde der Herstellerabschlag von 6 auf 7 Prozent für alle Arzneimittel – mit Ausnahme der patentfreien, wirkstoffgleichen Arzneimittel – angehoben. Durch Rabattvereinbarungen mit pharmazeutischen Unternehmern verzeichneten die Krankenkassen weitere Entlastungen. Im Jahr 2014 konnten die Einsparungen durch vertraglich vereinbarten Rabatte im Vergleich zum Vorjahr um 300 Millionen Euro auf 3,15 Milliarden Euro erhöht werden. Sie weisen damit einen Anstieg aus, der in etwa dem Zuwachs der gesamten Arzneimittelausgaben entspricht.
Im Bereich der vertragsärztlichen Vergütung stiegen die Ausgaben je Versicherten um rund 3,9 Prozent an. Dies entspricht einem Zuwachs von 1,5 bis 1,6 Milliarden Euro. Bei den Ausgaben für zahnärztliche Behandlung und Zahnersatz betrug der Anstieg 3,5 bzw. 2,6 Prozent. Da bei den Krankenkassen für den aktuellen Berichtszeitraum in diesen Leistungsbereichen überwiegend lediglich Abrechnungsdaten der Kassenärztlichen und Kassenzahnärztlichen Vereinigungen des 1. Halbjahrs vorliegen, enthalten die ausgewiesenen Veränderungsraten noch erhebliche Schätzkomponenten.
Die Ausgaben für Krankenhausbehandlung stiegen je Versicherten um 3,9 Prozent. Der aktuelle Anstieg ist auch auf die vom Gesetzgeber im Laufe des vergangenen Jahres eingeführten Finanzhilfen für Krankenhäuser zurückzuführen, die ab August 2013 wirksam wurden. Insgesamt erhielten die Krankenhäuser allein von den gesetzlichen Krankenkassen rund 3 Milliarden Euro mehr als im entsprechenden Vorjahreszeitraum.
Beim Krankengeld hat sich nach mehreren Jahren mit hohen zum Teil zweistelligen Zuwächsen der Anstieg mit einem Plus von 8,2 Prozent auf dem hohem Niveau der Vorjahre weiter fortgesetzt. Die Krankengeldausgaben der GKV haben mittlerweile ein Volumen von 10,6 Milliarden Euro erreicht. Das sind knapp 900 Millionen Euro mehr als im Vorjahr. In den letzten zehn Jahren haben sich die Krankengeldausgaben der GKV damit fast verdoppelt. Maßgebliche Ursachen für diesen Anstieg beim Krankengeld ist die Zunahme der Krankengeldbezieher in höheren Altersgruppen bei steigendem Renteneintrittsalter sowie der Anstieg von lang andauernden psychischen Erkrankungen. Hier sind nicht zuletzt die Unternehmen und die Krankenkassen gemeinsam gefordert, diesem Trend im Rahmen einer verstärkten betrieblichen Gesundheitsförderung entgegen zu wirken. Um die maßgeblichen Faktoren der Ausgabenentwicklung beim Krankengeld näher zu analysieren und Steuerungsmöglichkeiten in diesem Bereich aufzuzeigen, hat Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe den Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen mit der Erstellung eines Sondergutachten beauftragt, das in diesem Sommer vorgelegt werden soll.
Hohe Zuwachsraten von 8,2 Prozent wiesen im Jahr 2014 auch die Ausgaben für Hilfsmittel aus. Dieser Zuwachs ist maßgeblich auf den Bereich der Hörgeräteversorgung zurückzuführen, in dem die Krankenkassen die Festbeträge für Hörhilfen bei hochgradig schwerhörigen Personen in Folge eines Urteils des Bundessozialgerichts ab November 2013 annähernd verdoppelt haben. Auch wenn Krankenkassen mit Hörgeräteakustikern mittlerweile zum Teil günstigere Sonderverträge abgeschlossen haben, sind die Ausgaben in dem Leistungssegment um rund 65 Prozent und damit gegenüber 2013 um rund 380 Millionen Euro gestiegen.
Positiv zu bewerten sind die Zuwächse von rund 35 Prozent bei der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung und den Zuschüssen der Krankenkassen für ambulante und stationäre Hospize, die insgesamt um ca. 9 Prozent gestiegen sind. Dies zeigt, dass sich die Hospiz- und Palliativversorgung in Deutschland stetig verbessert: Dennoch bedarf es – insbesondere auch in der Regelversorgung – einer weiteren Stärkung der Hospiz- und Palliativversorgung, damit flächendeckend in ganz Deutschland Menschen in ihrer letzten Lebensphase die Versorgung und Betreuung erhalten, die sie benötigen. Hierzu werden derzeit auf Grundlage der Ende des Jahres 2014 vorgestellten Eckpunkte zur Verbesserung der Hospiz- und Palliativversorgung in Deutschland gesetzliche Regelungen vorbereitet.
Die Ausgaben der Krankenkassen für Präventionsleistungen nach §§ 20 ff. SGB V haben einen Zuwachs von 10 Prozent je Versicherten erfahren. Insgesamt wendeten die Krankenkassen für diese Leistungen im 2014 rund 289 Millionen Euro auf. Für primäre Prävention der Krankenkassen nach dem Individualansatz wurden 192 Millionen Euro (2,73 Euro je Versicherten und Jahr), für betriebliche Gesundheitsförderung 65 Millionen Euro (93 Cent je Versicherten) und für die Prävention in nichtbetrieblichen Lebenswelten 31 Millionen Euro (45 Cent je Versicherten) ausgegeben. Allerdings bleiben gerade in den betrieblichen und nicht-betrieblichen Lebenswelten, also in Bereichen, in denen wichtige Weichenstellungen für ein gesundheitsbewusstes Leben vorgenommen werden können (z.B. in Kitas, Schulen und Betrieben), die Ausgaben trotz Steigerungen von 17 bzw. 11 Prozent weit hinter dem finanziellen Engagement zurück, das für die Stärkung der Gesundheitsförderung und Prävention erforderlich ist. Hier müssen im Zusammenwirken mit allen Beteiligten die notwendigen Ressourcen zur Verfügung gestellt werden. Dies wird eine der vorrangigen Aufgaben des von der Bundesregierung beschlossenen Entwurfs für ein Präventionsgesetz sein, das den Krankenkassen vorgibt, ab dem Jahr 2016 mindestens 4 Euro je Versicherten für gesundheitsfördernde Leistungen in Betrieben und weiteren Lebenswelten auszugeben.
Die Netto-Verwaltungskosten der Krankenkassen sind im Jahr 2014 mit 0,2 Prozent je Versicherten geringfügig gestiegen. Auch wenn ein Teil dieser Rückgänge – insbesondere im Ersatzkassenbereich – auf Sonderfaktoren zurückzuführen ist, zeigt die Entwicklung, dass Krankenkassen mit bislang deutlich überproportionalen Verwaltungskosten durch Einsparungen versuchen, ihre Wettbewerbsposition zu verbessern.
Weitere Perspektive
Die Finanzentwicklung des Jahres 2014 bildet eine solide Ausgangsbasis für die Finanzentwicklung der GKV in 2015 und in den Folgejahren.
Zum Jahreswechsel 2014/2015 haben die gesetzlichen Krankenkassen erstmalig ihre Zusatzbeiträge im Rahmen der neuen Finanzstruktur der GKV beschlossen. Der auf Basis der Ergebnisse des Schätzerkreises vom Oktober festgelegte durchschnittliche Zusatzbeitragssatz in der gesetzlichen Krankenversicherung für das Jahr 2015 liegt wie der bisherige Sonderbeitrag bei 0,9 Prozent. Die individuellen Beitragssatzentscheidungen der mittelerweile noch 123 Krankenkassen haben dazu geführt, dass 65 Kassen mit rund 20 Millionen Mitgliedern Zusatzbeiträge unterhalb von 0,9 Prozent erheben und damit ihren Beitragssatz absenken. Weitere 50 Kassen mit 32,5 Millionen Mitgliedern haben sich am Durchschnitt von 0,9 Prozent orientiert und ihre Beiträge damit stabil gehalten. 8 Krankenkassen mit insgesamt weniger als 700.000 Mitgliedern haben ihre Beiträge im Vergleich zum Vorjahr leicht angehoben, Auf dieser Basis ergibt sich Anfang 2015 ein durchschnittlicher Zusatzbeitragssatz, der bei rund 0,8 Prozent liegt.
Durch das Gesetz zur Weiterentwicklung der Finanzstruktur und der Qualität in der gesetzlichen Krankenversicherung sind Krankenkassen und Gesundheitsfonds zum 1. Januar 2015 in eine neue Finanzarchitektur gestartet. Alle Beteiligten konnten sich rechtzeitig auf das neue Finanzierungssystem einstellen und hatten eine verlässliche Grundlage für die Kalkulation ihrer Zusatzbeiträge. Mit dem Gesetz wurden die Rahmenbedingungen für einen fairen Preis- und Qualitätswettbewerb gestärkt. Es liegt auch in Zukunft im Interesse der Krankenkassen, sich um eine qualitativ hochwertige Versorgung zu bemühen und die Höhe der Zusatzbeiträge durch eine wirtschaftliche Verwendung der Mittel gering zu halten.