Sprechstunde beim @AssekuranzDoc: Untergang oder Veränderung – Teil 2

Noch sind die Aussagen zu den Folgen des LVRG widersprüchlich. Dennoch sehen viele Vertreter der Branche die Notwendigkeit, dass die Vermittler von Versicherungen und Finanzdienstleistungen sich neu aufstellen müssen Anlass sich mit Aspekten des Themas und möglichen Wegen der Veränderung intensiver zu befassen. Heute der zweite Teil, der sich mit Möglichkeiten der Veränderung in der Kundenberatung befasst.

Die Mehrzahl der Vermittler im Allgemeinen berät Kunden gern. Makler sehen sich nicht nur per Gesetz als Sachwalter ihrer Kunden sondern leben das auch. Aber dabei verliert man sich mancher in den Details des Alltages und vergisst die Grundsätze unternehmerischen Handelns. Aufwand und geschäftlicher Nutzen stehen bei so mancher Beratung – gerade auch nach dem LVRG –  in keinem gesunden Verhältnis mehr.

Beratung allein sichert nicht die Maklerfirma – „Stundenlohn“ im Focus

Fragt man freie Vermittler nach dem Verhältnis von Administration sowie Zeit für die Kunden inklusive Risikoanalysen, Marktrecherchen, Verkauf und Dokumentation, dann sind die Auskünfte sehr unterschiedlich. Der Trend geht in Richtung 60 : 40, mal mehr mal weniger und abhängig von der Firmengröße. Also mehr als die Hälfte der Zeit eines Makler wird für die innerbetrieblichen Prozesse verwendet, die nur wenig mit dem Umsatz direkt zu tun haben.

Konstruieren wir daraus ein Beispiel und nehmen unsere exemplarische Maklerfirma, die 100.000 EUR Umsatz im Jahr aus Bestandscourtagen und Neugeschäft generiert. Unsere von der Praxis der vielfachen Wertbestimmungen von Maklerfirmen genährte Annahme: 25 Prozent der Gesamtcourtagen kommt aus dem Neugeschäft.

Als Arbeitszeit nehmen wir im Jahr 46 Wochen an, den Rest lassen wir Urlaub, Krankheit oder Weiterbildung sein. 46 Wochen mal ca. 60 Wochenstunden müssten in etwa der Praxis vieler Makler entsprechen. Das sind dann im Jahr 2.750 Arbeitsstunden.

Aus beiden Annahmen resultiert, dass 25.000 EUR Courtage Neugeschäft in 40 Prozent der Gesamtarbeitszeit, also 1.100 Stunden, erarbeitet werden müssen. Es ist schnell überschlagen, dass damit bei unserem Beispiel, in einer Durchschnittsstunde für das Neugeschäft mindestens 22,00 EUR Wertschaffung notwendig sind.

22,00 EUR in einer Stunde zu „verdienen“ kann eine harte Nuss sein. Das ist mit Auswahl, Verkauf und Dokumentation einer Privathaftpflichtversicherung schon kaum möglich. Nun bringt es aber die Besonderheiten der Branche mit sich, dass nicht irgendetwas verkauft werden kann und soll. Bei einem Neukunden ist zunächst einmal eine möglichst umfassende Bestands-, Risiko- und Wunschanalyse vorzunehmen.

Selten gibt es in einer Erstberatung schon einen Abschluss für den Vermittler. Allein für den Teil „Erfassung des Status Quo und Risiken“ und dann für die Auswertung aller Daten sind vier bis sechs Stunden Zeitaufwand keine Seltenheit. Das bedeutet, dass erst nach der „Erfassung“ der Teil „Vermittlung“ und „Abschluss“ erfolgt, der dann auch Umsatz und Einkommen für den Vermittler bringt.

Damit verschiebt sich die Generierung des Vermittler“lohns“ auf die Stunde des Abschlusses und damit auch der Anspruch auf die Höhe betriebs-wirtschaftlich notwendigen Umsatzes. Und deshalb müssen Maklerinnen und Makler überlegen, wie gehe ich damit um, wie gestalte ich meine Beratungs-prozesse so um, dass diese zum gewünschten Umsatz führen u n d trotzdem kundenfreundlich bleiben?

Beratungsprozess effektiver gestalten

Es gibt vielfältige Möglichkeiten das Geschäftsmodell des Maklers beim heute erörterten zweiten Hauptpunkt „Kundenberatung“ so zu verändern, dass Kundenzufriedenheit und Umsatz steigen. Consulting & Coaching Berlin, eine auf Makler und Versicherer spezialisierte Unternehmensberatung, hat dazu 25 Optionen der Optimierung der „Kundenberatung“ in einer „Impulsübersicht“ zusammengestellt. Drei davon greifen wir hier heraus.

  1. Besonders Makler im ländlichen Raum mit großen Fahrstrecken sollten das Beratungsfeld „Onlineberatung“ erobern, denn dieser sind die Kunden inzwischen nicht mehr abgeneigt. Vorteil des Maklers sind sofort sinkende Betriebsausgaben für das KFZ sowie ein deutlicher Schub in der verfügbaren Arbeitszeit.
  2. Immer mehr Makler überlegen, ob Tätigkeiten, die nichts direkt mit der Vermittlungstätigkeit zu tun haben, nicht zu einem courtageunabhängige Einkommen führen sollten. Das Lösen vom betriebswirtschaftlichen „Zwang“ in einer bestimmten Zeit einen bestimmten Umsatz erreichen zu „müssen“ führt zu einer anderen Aufstellung des freien Vermittlers in seinem Umgang mit dem Kunden.
  3. Schnell umsetzbar ist auch die Verbesserung der Kundenberatung durch komplexere oder gezieltere Beratungsinhalte. Möglichkeiten dafür gibt es viele. Die Gewinnung von Neukunden ist teuer und zeitintensiv. Also drängen sich die eigenen Bestandskunden geradezu auf. Für die intensivere Arbeit mit Bestandskunden ist entweder eine komplexere oder eine themenorientiertere Beratung zu empfehlen.

Den professionellen Umgang mit Zielgruppen lernen

Was meine ich mit komplexer oder themenorientierter Beratung? Für beides gibt es ein gutes Beispiel, mit dem gewissermaßen „zwei Fliegen mit eine Klappe“ geschlagen werden können.

Die demografische Entwicklung in Deutschland hat es mit sich gebracht, dass in vielen Kundenbeständen die Anzahl der Kunden über 55 Jahren einen großen Anteil einnimmt. Gemeint sind die sogenannten „Silver Ager“. Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend beschreibt diese Zielgruppe unter anderem mit folgenden Sätzen:

 Die Silver Ager „sind konsumerfahren und müssen daher von der Nützlichkeit oder Vorteilhaftigkeit eines Angebots überzeugt sein und wissen … vermeintliche Innovationen von tatsächlichen Innovationen zu differenzieren.“

 

„… Daten des Marktforschungsunternehmens GfK (zeigen), dass Ältere häufiger (bis zu 33 %) zum Einkaufen gehen als Jüngere. Auch Produktinnovationen faszinieren die Generation 50plus ebenso wie Jüngere.“

 

Silver Ager sind keine homogene Gruppe. „Hier finden wir (analog zu den Jüngeren) …viele verschiedene Lebensstile, Werte und Konsuminteressen…“.

 

Diese Zielgruppe umfassender und bedarfsgerechter zu beraten kann man in diesem LVRG-Übergangsjahr 2015 sogar theoretisch und praktisch lernen. So bieten die Industrie- und Handelskammern den Zusatzlehrgang zum „GenerationenBerater“ an.

„Der IHK-Zertifikatslehrgang GenerationenBerater macht Mitarbeiter aus der Finanzbranche fit, ältere Kunden umfassend zu beraten und so entscheidenden Mehrwert zu bieten. Die Absolventen sind sattelfest in Themen wie Erbschaft, Schenkung, Vorsorgevollmacht, Betreuungs-verfügung, Pflegezeit, Testament und Patientenverfügung. Sie führen mit dem Kunden eine qualifizierte Analyse durch und erarbeiten ein passendes Finanzkonzept. Sie beraten kompetent und vertriebsorientiert“, lautet die Vorstellung der IHK.

Konzentration in der Kundenberatung erhöht auch die Umsätze

In der Umstellung der Vorgehensweise bei der Beratung und Vermittlung liegen noch wahre Schätze die gehoben werden wollen. Neue Ideen und Konzepte lohnen sich schnell auch wirtschaftlich und werden vielfach den Bedürfnissen der Kunden besser gerecht als ein „Weiter so“.

Abschließend sei wieder hervorgehoben, dass die heute vorgestellten drei Ideen“ hier nur ausgewählte Aspekt im Änderungsprozess „Kundenberatung“ darstellen. Über zwanzig weitere Möglichkeiten stehen zusätzlich zur Auswahl.

In der kommenden Woche erörtern wir im dritten von fünf Teilen der Serie „Untergang oder Veränderung“ einen Aspekt aus dem Haupthandlungsfeld „Innerbetriebliche Prozesse neu gestalten“. Wir freuen uns auf Ihr Feedback zu unserer heutigen Anregung.

Ihr AssekuranzDoc.

 


Dr. Peter Schmidt AssekuranzDocExperte Personenversicherungen und Unternehmensberater im Bereich Versicherungen, Vertriebe und Makler mit langjähriger Erfahrung als Führungskraft und Vorstand bei deutschen Versicherern und twittert als @AssekuranzDoc. Besuchen Sie auch seine Webseite und werden Sie Fan von Dr. Schmidt auf Facebook.

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