Sprechstunde beim @AssekuranzDoc: Neuer Impuls zur Reduzierung von Provisionen?

AssekuranzdocRezeptVertriebskosten

Von Dr. Peter Schmidt

Die Niedrigzinsphase dauert an. Auch die deutschen Lebensversicherer leiden darunter. Die Diskussionen um angeblich zu hohe Provisionen erhielt neues Feuer durch den BaFin- Exekutivdirektor Felix Hufeld. Welche Argumente werden ins Feld geführt?

„Die Vertriebskosten haben relativ gesehen enorme Höhen erreicht… Das ist eine der vordringlichen Hausaufgaben für das Management eines Versicherungsunternehmens“, erklärte Hufeld kürzlich gegenüber der Börsen-Zeitung. Er übte damit wieder massive Kritik an den angeblich zu hohen Provisionen der Lebensversicherer an ihre Vermittler.

„Extraordinäre Belastungen“ für die Branche

Die Belastungen der Lebensversicherer durch die Niedrigzinsphase auf der einen und Ausschüttungen für Bewertungsreserven auf der anderen Seite gehören für Hufeld zu den extraordinären Belastungen, die zu einer massiven Herausforderung angewachsen seien. Allein in den kommenden zwei Jahren wird mit einem zusätzlichen Finanzbedarf von über 10 Mrd. Euro Eigenmitteln gerechnet.

Doch damit ist wohl das Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht. Ab 2016 droht die Einführung von Solcency II und damit ein weiterer Kapitalbedarf von drei bis fünf Milliarden Euro pro Jahr. Dementsprechend bleibt das Thema der Kosten ein heißes. Umstrukturierungen in Betriebs- und Vertriebseinheiten werden ebenso an der Tagesordnung bleiben, wie das Reizthema Kürzung von Provisionen als Teil der Vertriebskosten.

In der Verwaltung, oder im Brachendeutsch „im Betrieb“, wurden bei vielen Versicherern kontinuierlich die Kosten gesenkt. Die sogenannte Verwaltungskostenquote ist in den letzten zehn Jahren um rund ein Viertel gesunken. Häufig sind bei kleineren Versicherern Einsparpotentiale in diesem Bereich bereits an einer kritischen Grenze angekommen, die bei weiteren Rationalisierungen sogar den normalen Geschäftsablauf gefährden könnten.

Bei den Vertriebskosten gab es hingen keine Senkungen. Im Gegenteil. Die Vertriebskosten sind häufig gestiegen, ohne dass damit auch mehr Geschäft generiert werden konnte.

Nach Hufeld ist aber der Ernst der Lage bei den Versicherern erkannt. „Wir haben nicht den Eindruck, dass signifikante Teile der Branche den Weckruf nicht gehört hätten“, sagte er. Ausdruck dessen sind die massiven Umstrukturierungen in Vertriebseinheiten bei vielen großen und kleinen Versicherern. Und ein Ende ist 2014 auch nicht abzusehen. Inzwischen erreicht die Welle des Zurückstutzens auch vertriebliche Serviceeinheiten für die Maklerschaft.

Bei diesen teilweise schmerzhaften Kostensenkungsprogrammen muss man aber auch klarstellen, dass gestiegene Kosten im Vertrieb vielfach auch aus Bemühungen neue Vermittler zu gewinnen und auszubilden resultieren. Und ganz ohne Kosten bekommt man es auch nicht hin, sich den Anforderungen der neuen Kommunikationswege zu stellen oder auch neue Produkte den Kunden besser zu erklären.

Vertriebskosten zu hoch – wo könnte man kürzen?

Zu den Vertriebskosten zählen neben Vergütungen für die Vermittler auch die Ausgaben für Werbung, die Verkaufsförderung, Reisekosten oder Sponsoring. Jedes dieser Elemente hat seine Berechtigung. Aber man kommt wohl nicht darum herum, alle Bestandteile auf den Prüfstand zustellen.

Die Fokussierung allein auf die Vergütungen sehe ich wie mehrfach hier schon betont, nicht als den allein richtigen Weg an. Eine auskömmliche Vergütung für die vielfach selbständigen Vermittler sichert auch die Beratungsqualität und erkennt die Aufwände der Vermittler für die Bedarfsermittlungen, die Produktauswahl, den Abschluss sowie die Betreuung von Verträgen an. Nicht zu vergessen, dass ein ordentlich ausgebildeter und sich weiterqualifizierender Vermittler eine adäquate Vergütung erwarten kann.

Ebenso ist ein bestimmtes Maß an Information zum Beispiel für viele neue Produkte über Marketingmaßnahmen notwendig. Denn wie sollen Vermittler und Kunden von neuen und häufig besseren Produkten erfahren, wenn entsprechende Marketingmaßnahmen diese nicht der Öffentlichkeit nahe bringen.

Klare Worte zu einer wesentlichen Ursache der bestehenden Situation, also der anhaltenden Niedrigzinsphase als Mittel der Bewältigung der anhaltenden Konflikte im europäischen Finanzsystem sind bei Hufeld zu vermissen.

Vorbereitung auf den Niedergang von Lebensversicherern

In seinem Interview mit der Börsen-Zeitung scheint Hufeld die Öffentlichkeit aber auch auf die Möglichkeit des Niedergangs von Lebensversicherern vorbereiten zu wollen. So hebt das Handelsblatt hervor: „… die Kunden (müssen sich) darauf gefasst machen, dass der eine oder andere Versicherer abgewickelt wird – bisher ein Tabu“. „Marktaustritte müssen möglich sein.“ Es sei nicht Aufgabe der BaFin, das Scheitern zu verhindern, sondern es für die Betroffenen schonend zu gestalten.“

Dies dürfte bei der Maklerschaft wohl zur Folge haben, dass das Kriterium der Anbieterauswahl nach der Finanzstärke in der kommenden Zeit wieder an Bedeutung gewinnen dürfte. Neu ist das nicht, denn in Krisenzeiten hat sich das „Auswahlfähnchen“ schon immer in Richtung der Marktführer gedreht.

Was meinen Sie? Wie wirken die Ankündigungen von Herrn Hufeld auf Sie? Werden Sie in Ihrer Produktauswahl etwas ändern?


Dr. Peter Schmidt

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Experte Personenversicherungen und Unternehmensberater im Bereich Versicherungen, Vertriebe und Makler mit langjähriger Erfahrung als Führungskraft und Vorstand bei deutschen Versicherern und twittert als „assekuranzdoc“. Besuchen Sie auch seine Webseite und werden Sie Fan von Dr. Schmidt auf Facebook.

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