BU bis 55: Was soll das?

Immer wieder passiert es und ich fasse es nicht: Kunden kommen zu mir in die Beratung und präsentieren einen bestehenden BU-Vertrag – Endalter 55. Oder vielleicht gerade noch 60. Ich verstehe es nicht. Was bringt KollegInnen dazu, Verträge mit einem solchen Endalter abzuschließen? In Fällen – wohlgemerkt – in denen ein Abschluss bis mindestens 65 möglich gewesen wäre.

Ein Gastbeitrag von Oliver Mest

Fatale Einkommensfalle

Kaum jemand kann heute abschätzen, wo er mit 60 oder 65 finanziell steht. Aber Fakt ist: Fast niemand, der mit 60 berufsunfähig ist oder wird, kann die Jahre bis zum Rentenbeginn aus eigenen Mitteln finanziell überbrücken. Denn 1.500 Euro BU-Rente schon nur über 5 Jahre machen 90.000 Euro aus – 90.000 Euro, die dem Kunden fehlen.

Die gesetzliche Rente ist keine Hilfe!

Dazu kommt, dass eine Berufsunfähigkeit natürlich auch Auswirkungen auf die gesetzlichen Rentenansprüche hat. Denn wer berufsunfähig ist und nicht mehr arbeiten kann, der kann auch keine Rentenbeiträge leisten. Die Folge sind eine Mini-Altersrente und – sofern überhaupt vorhanden – nur geringe Bezüge aus der betrieblichen Altersvorsorge. Und diese Mini-Bezüge müssten Sie ohne private Absicherung bereits mit 60 oder 62 in Anspruch nehmen, weil die private Rente dann endet – das riecht nach Hatz IV und Grundsicherung …

Was tun?

Über die Beratungsqualität in einem solchen Fall kann man nur spekulieren – die Frage ist aber: Wie helfe ich dem Kunden? Der erste Gedanke des Kunden ist meist: Kann ich den Vertrag nicht einfach verlängern? Die Antwort lautet fast immer: Nein! Als Alternative bleibt dann nur, einen neuen Vertrag abzuschließen. Bei jüngeren und gesunden Kunden sicherlich kein Problem. Oft wird das aber wegen deutlich höherer Prämien als beim Bestandsvertrag finanziell schwer zu schultern und auch zu vermitteln sein – von Risikozuschlägen und Leistungsausschlüssen ganz zu schweigen.

Hat die AXA die Lösung für Kurzläufer?

Die AXA hat jetzt mit der Ergänzungs-Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung ein Produkt auf den Markt gebracht, das für die Kurzläufer eine Lösung bringen soll. Diese Berufsunfähigkeitszusatzversicherung wird als Ergänzungsvertrag so abgeschlossen, dass sie nahtlos an bestehenden Schutz anschließt und dann bis Endalter 67 läuft. Ein interessantes Angebot, das aber auch seinen Preis hat, denn die letzten Jahre im Berufsleben gehören klassischerweise zu den teuersten in der Kalkulation der Berufsunfähigkeitsversicherungen. Besteht zudem der Grundvertrag nicht bei der AXA, hat man im Leistungsfall zwei Ansprechpartner. In der Praxis zeigt sich, dass das nicht ganz ohne Mehraufwand und damit eine Belastung für den Kunden sein wird.

Alternativen finden

Kommt eine BU mit ausreichender Laufzeit nicht (mehr) infrage, bleibt nur der Blick zu den Alternativen wie Dread Disease sowie Erwerbsunfähigkeits- oder Grundfähigkeitsschutz. Die meisten Kunden mit einer BU aber winken dann ab, selbst wenn die Laufzeit zu kurz ist: Sie haben sich ja wegen der umfassenden Leistungen für die BU entschieden und wollen dann nicht auf ein Produkt umsteigen, das weniger Leistungsumfang hat, oft aber nicht einmal günstiger ist als die BU.

Das Fazit

Ist der Vertrag zu kurz abgeschlossen, ist vor allem bei Kunden jenseits der 40 kaum noch ein adäquater Schutz mit langer Laufzeit vermittelbar. Berater sollten deshalb Bestandskunden, die eine BU nicht bei ihnen abgeschlossen haben, frühzeitig auf die Laufzeitproblematik hinweisen und Lösungsvorschläge unterbreiten.


 

Oliver Mest

Oliver Mest

Oliver Mest, Jahrgang 1968, ist Versicherungsmakler und Jurist. Sein Schwerpunkt in die Beratung ist die Berufsunfähigkeitsversicherung sowie die Absicherung des Pflegerisikos. Auf seinem eigenen Vorsorgeportal www.optimal-absichern.de finden Verbraucher dazu Informationen – und natürlich auch Hintergründe und Fakten zu allen Vorsorgeparten.

 

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