Irrtümer rund ums Kündigungsrecht

von Björn Fleck

Gute Mitarbeiter finden ist schwer. Doch manchmal ist eine Trennung notwendig. Doch worauf muss man bei einer Kündigung achten? Muss sie begründet werden? Darf man kranken Mitarbeiter kündigen? Immer wieder verbreiten sich Irrtümer, was erlaubt sei. Lesen Sie jetzt, worauf Sie bei einer Kündigung achten müssen

1. Irrtum: In Kleinbetrieben gibt es keinen Kündigungsschutz

Dieser Fehler unterlief einem Arbeitgeber als er eine Mitarbeiterin mit Hinweis auf ihre Rentenansprüche mit folgenden Worte kündigte. „Inzwischen bist Du pensionsberechtigt und auch für uns beginnt ein neuer Lebensabschnitt in der Praxis im kommenden Jahr. …“. Die Mitarbeiterin wehrte sich vor Gericht mit Erfolg. Die Kündigung war Aufgrund der Begründung des Arbeitgebers unwirksam.

Bei Betrieben mit maximal zehn Mitarbeitern sind Kündigungen weniger Regelungen unterworfen. Das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) gilt nicht. Eine fristgerechte Kündigung ist damit (fast) immer möglich. Es gibt aber Regelungen, die jeder Betrieb beachten muss.

Besonderen Kündigungsschutz genießen:

  • Schwangere Frauen werden durch § 9 des Mutterschutzgesetzes geschützt (Kündigungsverbot).
  • Eltern in Elternzeit schützt das Bundeserziehungsgeldgesetz.
  • Schwerbehinderte werden durch § 85 Sozialgesetzbuch IX geschützt. Zur Kündigung ist die Zustimmung des Integrationsamtes erforderlich.
  • Betriebsratsmitglieder sind durch § 15 Absatz 1 des Kündigungsschutzgesetzes und § 103 des BetrVG geschützt.
  • Auszubildende werden durch § 15 des Berufsbildungsgesetzes geschützt.

Weiterhin gilt das Verbot der Diskriminierung wegen des Geschlechts, Religion oder wegen seines Alters (siehe Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz).  Bestehen Indizien für eine Benachteiligung und kann der Arbeitgeber dieses nicht widerlegen, ist die Kündigung unwirksam (BAG Urteil vom 23.07.2015, Az.: 6 AZR 457/14). Der Hinweis auf die Pensionsansprüche lässt in diesem Fall Rückschlüsse auf das Alter zu und damit auf mögliche Kündigungsgründe. Hätte der Arbeitgeber die Kündigung nicht begründet, wäre sie gerechtfertigt gewesen.

Regel: Es gibt in Kleinbetrieben Grenzen für eine Kündigung.

2. Irrtum: Kranke Mitarbeiter können nicht gekündigt werden.

Der Genesung wird es nur in seltenen Fällen förderlich sein, wenn ein kranker Mitarbeiter seine Kündigung erhält. Auch moralisch stoßen sich viele Menschen daran eine kranke Person zu kündigen. Dieses ist durchaus ehrenhaft. Juristisch ist es unerheblich, ob der Empfänger der Kündigung erkrankt ist. Sie ist auch dann gültig. Wenn ein Mitarbeiter nicht krank ist, sondern blau macht, betrügt er seinen Arbeitgeber. Dann ist sogar eine fristlose Kündigung berechtigt.

Regel: Krankheit schützt vor Kündigung nicht

3. Irrtum: Wer krank ist, muss zuhause bleiben, sonst droht die fristlose Kündigung

Von erkrankten Menschen, die auf Reisen gehen oder Partys besuchen und anschließend gekündigt werden, hört man immer wieder. Dieses bedeutet aber nicht, dass jeder Spaziergang, Einkauf oder der Weg zum Arzt ein Kündigungsgrund ist. Ein Mitarbeitern, der krank ist, muss sich schonen. Er darf nichts tun, was seiner Genesung zuwiderläuft. Es hängt somit von der Erkrankung ab, was erlaubt ist. Ein Mitarbeiter mit Gipsarm, dem vom Arzt die Arbeitsunfähigkeit bescheinigt wurde, darf durchaus im Park spazieren gehen oder sogar eine Reise antreten.

Anders wenn der grippal erkrankte Mitarbeiter am Wochenende durch die Kneipen zieht. Das fällt dann möglicherweise unter blau machen. Der Arbeitgeber wird jedoch über den Grund oder die Art der Erkrankung gar nicht unterrichtet, so dass es für ihn schwer ist die Situation richtig einzuschätzen.

Regel: Erkrankte Mitarbeiter dürfen draußen sein

4. Irrtum: Mündliche Kündigungen sind wirksam

Der Chef brüllt „Sie sind entlassen“. Der Arbeitnehmer packte seine Sachen und geht. So oder so ähnlich kennt man es aus Fernsehserien. Und noch im letzten Jahrzehnt war dieses rechtlich so möglich. Nun ist im § 623 BGB klar geregelt, dass eine Kündigung schriftlich erfolgen muss. Auch die elektronische Form, also per E-Mail, Fax oder SMS, ist darin ausdrücklich ausgeschlossen. Dieses gilt übrigens auch für Aufhebungsverträge.

Regel: Nur schriftliche Kündigungen sind wirksam

5. Irrtum: Bei Kündigung wird eine Abfindung fällig

Dem Verlust des Arbeitsplatzes folgt eine gute Abfindung, denken viele. Eine solche Rechtsfolge (Verlust des Arbeitsplatzes gleich Abfindung) sieht das Gesetz nicht vor. Oft kommt es dazu, weil der Arbeitgeber einen Gerichtsprozess vermeiden will oder er vor Gericht unterliegen würde. Abfindungen können auch im Tarifvertrag oder in seltenen Fällen im Arbeitsvertrag vereinbart sein.

Regel: Eine Abfindung ist gesetzlich nicht zwingend.


Über den Autor

Foto Björn Fleck Zeitschrift(1)Björn Fleck arbeitet als Jurist seit vielen Jahren in der Versicherungsbranche. Seit 2010 veröffentlicht er regelmäßig im Vertriebsrecht. Seine Veröffentlichungen sollen den Vermittler in der Praxis unterstützen und schützen.

Auf seiner Hompage Versicherungselemente.de bietet er außerdem ein Informationsforum für die Versicherungswirtschaft. Gemeinsam beherbergen die Branchenmitglieder einen unvorstellbaren Schatz an Wissen, den es zu erfassen und zu konservieren gilt.

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