Versicherungsforen Leipzig: Telematik ist mehr als nur ein Produkt!

PRESSEMITTEILUNG – 18.03.2016 – OBD-Dongle, eCall und Unfallmeldestecker – diese Begriffe rund um das Thema Telematik geistern seit Monaten durch die Presse. Am 15. und 16. März 2016 fand dazu unter der fachlichen Leitung der Versicherungsforen Leipzig die nunmehr sechste Fachkonferenz „Telematik in der Kraftfahrtversicherung“ statt. Zentrale Frage, die die über 80 Teilnehmer während der zweitägigen Veranstaltung beschäftigte, war, wie die Zukunft der Telematik aussehen kann. 

Die Telematik hat Einzug in die Kfz-Versicherung gehalten. Während in den vergangen Jahren viel darüber diskutiert wurde, überschlagen sich aktuell die Berichte über Ankündigungen der Versicherer. Erste telematische Produkte werden am Markt positioniert, Pilotprojekte laufen und es gibt keinen Versicherer, der sich nicht mit der Thematik beschäftigt. Die Möglichkeiten in Produktgestaltung, Serviceangeboten und Kundenbindung sind vielfältig und müssen im hart umkämpften Kfz-Versicherungsmarkt genutzt werden. Vor allem der technologische Fortschritt im Telekommunikations- und Automobilbereich bieten dabei Diskussionsstoff. Die Entwicklung der Fahrerassistenz hin zum autonomen Fahren bietet beispielsweise neue Perspektiven und Möglichkeiten, auf die Versicherer vorbereitet sein müssen. Mit steigender Fahrzeugintelligenz steigen auch die Anforderungen an Produktgestaltung, Schadenregulierung und Risikoselektion bei den Versicherern.

Ein Thema, das die Branche schon seit einigen Jahren immer wieder beschäftigt, ist der eCall. Nach mehrmaligem Verschieben des Stichtages müssen nun ab März 2018 automatische Notrufsysteme in neue Kraftfahrzeuge eingebaut werden. Steve Schneider von der IST automotive nord erläuterte den aktuellen Stand der Einführung in Deutschland und dem europäischen Ausland. Eine große Hürde, die es in allen Ländern zu bewältigen gilt, ist die technische Anbindung der Rettungsleitstellen, die automatisch über den eCall angerufen werden. Gerade länderübergreifend gibt es noch viele offene Fragen, wie Informationen strukturiert eingebunden und verteilt werden können. Schneider betonte, dass die Versicherungswirtschaft hier eine aufklärende Rolle einnehmen und Kunden auf Nachrüstlösungen hinweisen sollte, denn die automatischen Notrufsysteme werden verpflichtend nur in Neuwagen eingebaut.

Eine Alternative zum eCall-System bietet die deutsche Versicherungswirtschaft unter der Federführung des GDV mit dem Unfallmeldedienst (UMD). Dr. Jens Bartenwerfer (GDV Dienstleistungs-GmbH) stellte die Funktionen des Unfallmeldesteckers vor und betonte, dass Versicherer jetzt handeln müssten, um mit den Angeboten der Fahrzeughersteller konkurrieren zu können. Der Unfallmeldedienst der Versicherungswirtschaft könne gegenüber dem Kunden zudem ein Türöffner für weitere Telematikprodukte sein.

Aus einem anderen Blickwinkel näherte sich Fabian Transchel von der Leibniz Universität Hannover dem Thema Telematikprodukte. Er warf die zentrale Frage „Wie bildet man einen verlässlichen Score?“ auf und sorgte damit für viel Diskussion. Anhand von verschiedenen Stationen mit konkreten Fahrbeispielen erläuterte er den Weg von der Datensammlung bis zur Produktentwicklung. Umfang und Struktur telematischer Daten erfordern seiner Meinung nach innovative aktuarielle Auswertungsverfahren sowie technische Genauigkeit der Sensorik. Größte Herausforderung beim Scoring sei jedoch, Schadenerfahrungen zu sammeln, denn signifikante Daten liegen in diesem Bereich noch nicht vor.

Trotzdem haben bereits einige Versicherer Telematiktarife eingeführt oder planen, dies zu tun. Während Christoph Meurer (Itzehoer Versicherungen) die aktuelle Pilotphase eines Telematiktarifs vorstellte, der im Laufe des Jahres zur Marktreife gebracht werden soll, berichtete Axel Weisser (Zurich Deutschland) von verschiedenen Tarifen, die die Zurich bereits im europäischen Ausland eingeführt hat. Auch wenn sich die Technik in den kommenden Jahren noch stark weiterentwickeln wird, sieht Weisser Telematik als Eintrittskarte in das vernetzte Kfz. Auch wenn die Gewinnmargen bei Telematiktarifen momentan noch sehr niedrig sind, bietet Telematik Versicherern die Möglichkeit, die Spielregeln dieses neuen Feldes zu erlernen.

Einen Blick in die (mögliche) Zukunft gab Jochen Friedrichs (Münchener Rück) in seinem Vortrag zum Thema autonomes Fahren. Über den Zeitpunkt, wann autonomes Fahren für die breite Masse Realität wird, gehen die Meinungen noch auseinander. In Ansätzen sind Fahrzeuge jedoch bereits jetzt assistiert, bzw. teilautomatisiert (Tempomat, Stauassistent usw.). Technisch gesehen ist es bis zur vollständigen Automatisierung nur noch ein kleiner Schritt. Viel mehr Diskussionsbedarf gibt es momentan beispielsweise noch in den Bereichen Recht (das der Technik deutlich hinterherhinkt) und Ethik. Doch auch hier sieht Friedrichs keine unüberwindbaren Hürden.

Weitere Informationen erhalten Sie unter www.versicherungsforen.net/telematik

In Kooperation mit der <br>INTER Versicherungsgruppe