Stolperfallen im nachvertraglichen Wettbewerbsverbot

von Björn Fleck

Bei der Formulierung von nachvertraglichen Wettbewerbsverboten ist juristisch Vorsicht geboten. Selbst von Juristen formulierte und über Jahre in Vertreterverträgen genutzte Formulierungen halten einer Prüfung nicht immer stand.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in seinem Urteil vom 3. Dezember 2015 (Az. VII ZR 100/15), eine nachvertragliches Wettbewerbsverbot als Allgemeine Geschäftsbedingung eingestuft und für unzulässig erklärt.

Allgemeine Geschäftsbedingungen sind vertragliche Klauseln, die zur Standardisierung und Konkretisierung von Massenverträgen dienen. Sie werden von einer Vertragspartei einseitig gestellt und bedürfen daher einer bes. Kontrolle durch die Gerichte, um ihren Missbrauch zu verhindern. Wird ein Vertretervertrag als Mustertext vom Vertragspartner vorgegeben, so handelt es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen (§ 305 Abs. 1 Satz 3 BGB).

In dem vorliegenden Fall wurde der Vertragstext nicht nur nach den Regelungen des HGB`s bewertet, sondern unterlag als Allgemeine Geschäftsbedingung der Prüfung nach dem Transparenzgebot (§ 307 BGB, wonach der Text hinreichend klar und bestimmt sein muss). Anders wäre es, wenn die Vereinbarung zwischen den Parteien nicht nur besprochen sondern individuell ausgehandelt wäre, denn dann wäre der Text nicht einseitig von einer Vertragspartei gestellt worden.

Der vereinbarte Text lautet wie folgt.

Der Vermögensberater ist verpflichtet, die Interessen der Gesellschaft zu wahren, wie es ihm durch § 86 I HGB aufgegeben ist. Er hat ferner jede Tätigkeit für ein Konkurrenzunternehmen oder die Vermittlung von Vermögensanlagen, die nicht zur Produktpalette der Gesellschaft gehören, ebenso zu unterlassen wie das Abwerben von Vermögensberatern oder anderen Mitarbeitern oder Kunden der Gesellschaft oder dies alles auch nur zu versuchen.

Der Vermögensberater verpflichtet sich, es für die Dauer von zwei Jahren nach Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses zu unterlassen, der Gesellschaft Vermögensberater, andere Mitarbeiter oder Kunden abzuwerben oder dies alles auch nur zu versuchen.

Verstößt der Vermögensberater gegen auch nur eines der vorstehenden Verbote, so hat er für jeden Fall der Zuwiderhandlung an die Gesellschaft eine Vertragsstrafe in Höhe von 25.000 Euro zu zahlen, und zwar auch für jeden erfolglos gebliebenen Versuch. Diese Vertragsstrafe ist der Höhe nach auf einen Betrag beschränkt, der den sechsmonatigen Provisionsbezügen des Vermögensberaters – errechnet nach dem Durchschnitt der letzten drei Jahre vor dem Verstoß – entspricht. Weitergehende Schadensersatzansprüche bleiben unberührt. …“

  1. Absatz des Vertragstextes

Der erste Absatz bezieht sich auf die Tätigkeit während des Vertragsverhältnisses. Gesetzlich ist geregelt, dass ein Vertreter nicht in Konkurrenz zu seinem Auftraggeber treten darf. Eine Aufnahme in Verträgen dient daher eher der Klarstellung.

  1. Absatz des Vertragstextes

Der zweite Absatz bezieht sich auf das nachvertragliche Wettbewerbsverbot. Es ist auf zwei Jahre begrenzt und damit auf die maximal zulässige Laufzeit.

Problematisch sahen der BGH und die Vorinstanz den Umfang der Klausel. Was muss der Vermittler konkret unterlassen, damit es nicht zu einer Vertragsstrafe kommt. Das Transparenzgebot verpflichtet den Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen, den Regelungsgehalt einer Klausel möglichst klar und überschaubar darzustellen. „Abzustellen ist bei der Bewertung der Transparenz einer Vertragsklausel auf die Erwartungen und Erkenntnismöglichkeiten eines durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders im Zeitpunkt des Vertragsschlusses“, so der BGH in seinem Urteil.

Was aber ist mit Kunden oder andere Mitarbeiter im Vertragstext gemeint? Bezieht sich der Begriff der Kunden nur

-auf Personen, die vom Vermittler selbst geworbenen wurden,

-auf sämtliche Kunden, die während des bestehenden Vertragsverhältnisses dort versichert waren oder

-ebenso auf Personen, die erst nach der Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses, aber binnen des Zeitraums von zwei Jahren nach dieser Beendigung Verträge mit Partnerunternehmen der Klägerin, geschlossen haben?

Ebenso war für den BGH unklar, ob mit dem Begriff der Abwerbung nur die Umdeckung von bestehenden Verträgen der Kunden gemeint sei oder ebenso die Vermittlung zusätzlicher Produkte, die in der Produktpalette des Auftraggebers eine Entsprechung haben.

Selbige Überlegungen gelten sinngemäß für das vereinbarte Abwerbungsverbot von Mitarbeitern. Diese Ungenauigkeiten führen zur Unwirksamkeit des Verbots.

Für einen Wettbewerbsverzicht des Handelsvertreters ist eine angemessene Entschädigung zu zahlen. Dieses ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz (§ 90a Abs. 1 Satz 3 HGB). Eine Aufnahme in den Vertragstext bei einem Handelsvertreter wäre also nicht zwingend erforderlich. Die Vorinstanz hatte wegen der fehlenden Ausführungen zur Karenzentschädigung die Vertragsvereinbarung ebenfalls für unwirksam eingestuft. Der BGH entscheidet diese Frage jedoch nicht. Es ist jedoch anzuraten, einen Hinweis darauf zusätzlich mit aufzunehmen.

  1. Absatz des Vertragstextes

Leider hat der BGH keine Aussagen zur Schadenhöhe / Berechnung dieses Vertragstextes veröffentlicht. Denn eine pauschale Vertragsstrafe mit einem zusätzlichen Schadensersatzanspruch wird von der Rechtsprechung ebenfalls als unwirksam angesehen.

Fazit

Ein nachtvertragliches Wettbewerbsverbot mit entsprechenden Schadensersatzforderungen kann abschreckend wirken und so den eigenen Kundenstamm schützen. Dafür muss jedoch eine entsprechende Entschädigung an den Vertreter gezahlt werden.

Neben der Wirtschaftlichkeit einer nachvertraglichen Wettbewerbsabrede, kann die juristische Gestaltung unbekannte Stolpersteine enthalten. Ist der Text vorgegeben, handelt es sich um allgemeine Geschäftsbedingungen, die den gesetzlichen Anforderungen entsprechen müssen. Der Text darf möglichst keinen Interpretationsspielraum hergeben. Welche Kunden gemeint sind und in welchem Umfang auf diese zugegangen werden darf, muss klar festgelegt werden.

Ist dieser Vertragsteil zwischen den Parteien ausgehandelt und möglichst separat vereinbart, so sind es keine Allgemeinen Geschäftsbedingungen.


Über den Autor

Foto Björn Fleck Zeitschrift(1)Björn Fleck arbeitet als Jurist seit vielen Jahren in der Versicherungsbranche. Seit 2010 veröffentlicht er regelmäßig im Vertriebsrecht. Seine Veröffentlichungen sollen den Vermittler in der Praxis unterstützen und schützen.

Auf seiner Hompage Versicherungselemente.de bietet er außerdem ein Informationsforum für die Versicherungswirtschaft. Gemeinsam beherbergen die Branchenmitglieder einen unvorstellbaren Schatz an Wissen, den es zu erfassen und zu konservieren gilt.

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