Sprechstunde beim @AssekuranzDoc: Wie viele KFZ-Versicherungen muss ein Vermittler in Petto haben?

Mit Grauen denken viele Vermittler an die kommenden Monate. Reflexartig beginnen Kunden unruhig zu werden und gehen auf die Jagd nach preiswerten Versicherungen für der Deutschen liebstes Kind.Müssen dafür unabhängige Vermittler den Überblick über fast 100 KFZ-Versicherern mit tausenden von Policenangeboten haben?

Über 40 Millionen PKW sind in Deutschland nach Angaben des Kraftfahrtbundesamtes (KBA) zugelassen. Allein 2013 kamen über 700.000 Fahrzeuge dazu. Dazu kommen noch LKW, Anhänger und andere Fahrzeuge. Insgesamt über 60 Millionen Fahrzeuge die eine mehr oder weniger umfangreiche Versicherung brauchen.

Einstiegsgeschäft KFZ-Versicherung

Die Versicherung von Kraftfahrzeugen stellt für viele Versicherer ein notwendiges aber nicht immer einträgliches Geschäft dar. Den Markt teilen sich aktuell nach Angaben des Gesamtverbandes der Versicherungswirtschaft (GDV) 96 Unternehmen auf. Noch immer gilt die KFZ-Versicherung als Einstiegsprodukt für Kundenverbindungen. Das ist kein Wunder kommen doch durchschnittlich 658 KFZ auf 1.000 Einwohner.

Dementsprechend basieren die Verkaufskonzepte vieler Vermittler auf der KFZ-Versicherung, um anschließend andere Versicherungen an die Frau oder den Mann zu bringen oder bestehende Versicherungen dem Mitbewerber zu entziehen. Für diesen Geschäftszweig wurden immer wieder spezielle Vertriebsorganisationen gegründet, bis den jeweils Verantwortlichen die Lust an den Investitionen verging.

Für viele Versicherer ist das Geschäft mit den KFZ-Versicherungen schon lange keine Freude mehr. Hoher Vermittlungs- und Verwaltungsaufwand, hohe Schaden- und Betrugshäufigkeit und ein nicht nachlassender Innovationsdruck durch die Konkurrenz zu den Bemühungen der Autokonzerne in dieses Segment eindringen zu wollen. Aber letztere dürften in den kommenden Wochen und Monaten andere Sorgen mit der „kreativen Software“ haben. Dieser Seitenhieb musste jetzt mal sein.

Kurs der Versicherer gegen hohe Schadenquoten

Über 100 Millionen Verträge zur Absicherung von Fahrzeugen jeder Art mit einer Haftpflicht- oder Kaskoversicherung bringen rund 24 Milliarden Euro an Beitragseinnahmen. Soweit so gut. Davon gehen aber fast 21 Milliarden wieder an Leistungs-erstattungen aus den Geschäftsbüchern. 3 Milliarden Ertrag klingen zunächst viel, schmelzen aber nach Kosten und Verteilung auf die Versicherer schnell dahin.

Die Schadenqouten der Versicherer im Bereich der Pflichtversicherung „Haftpflicht“ ist für die Brache insgesamt von 2010 (103,7%) bis 2014 (89,8%) gesunken, stellt sich aber bei vielen Anbietern noch immer tiefrot dar. Die Schadenquoten bei Voll- und Teilkasko sehen etwas besser aus, allerdings lohnen sich diese Versicherungen bei den im Durchschnitt fast zehn Jahre alten Autos der Deutschen kaum noch.

Die Bemühungen der Branche um eine Verbesserung der Ertragssituation mit KFZ-Versicherungen waren spürbar. Immer differenzierter Risikobewertungen zu Auto-Typen und Kundenverhalten gehörten ebenso zur Strategie wie Maßnahmen zur Kostensenkung bei Verwaltung und Vertrieb. Für den Kunden stellt sich dies oft ebenso dar wie bei einer Flugbuchung. Alle früher inkludierten Leistungen wie ein kleiner Imbiss oder die freie Wahl eines Platzes sind zu Sonderleistungen gegen Extrapreis geworden. Und – gegenüber den Vermittlern wurde ebenfalls an der Schraube der Vergütungen geschraubt.

Hoher Aufwand und wenig Vergütung für Vermittler

Trotz anderslautender Klischees verdienen die Vermittler von KFZ-Versicherungen an deren Verkauf nur wenig. Die Spanne der Vergütungen (Courtagen oder Provisionen) liegt zwischen 4 bis 10 Prozent des Beitrages in Abhängigkeit von der Versicherungsart. Praktisch bedeutet dies bei einer angenommenen Versicherung für einen Audi A3, Cabrio, 1,6 TDI und 77 KW bei SF-Klasse 1 mit einer Prämie von zirka 480 EUR einer Vergütung ab 20 EUR bis 49 EUR.

Diese Vergütung deckt in keiner Weise einen individuellen Beratungsaufwand von ungefähr einer Stunde in einem Vermittlerbüro ab. Anders sieht dies bei Online-Plattformen aus. Hier kann der Kunde ungefähr mit zehn Minuten Aufwand selbst eine KFZ-Versicherung abschließen, läuft dann aber Gefahr sich im Dschungel der unterschiedlichen Tarifbestimmungen, Besonderheiten und im üblichen Fachchinesisch zu verirren.

Immer mehr freie Vermittler kritisieren die Vergütung der Versicherer im Segment der KFZ-Versicherungen und suchen nach Auswegen die realistischen Kosten von ungefähr 80 EUR pro Stunde für kompetente Beratung, solide technische Ausstattung mit PC und Laptop, Kosten für Software, Büro und Mitarbeiter betriebswirtschaftlich rentabel umzusetzen.

Alternativen bei Beratung und Verkauf von KFZ-Versicherungen

Die Wege aus der Misere der geringen Vergütungen für KFZ-Versicherungen sind unterschiedlich. Viele Versicherer haben den Weg über Angebote auf Online-Portalen oder eigenen Tochtergesellschaften gewählt, die nur im Internet diese Versicherungen anbieten. Die frühere Allianz24 firmiert jetzt beispielsweise als AllSecur und wirbt um webaffine Kunden so:

„Wir bieten hier bei günstigen Beiträgen viele Optionen und umfangreiche Leistungen an. Entscheiden Sie sich zwischen Basis- oder Komfort-Produkt und sichern Sie sich die Vorteile der günstigen Autoversicherung von AllSecur.“

Dies ist Teil der Online-Strategie des Marktführers, der im vergangenen Jahr eine Online-Offensive mit einem Investment von fast 100 Millionen Euro einleitete. Durch diesen Schritt wurden auch die Internetauftritte der eigenen Vermittler aufgewertet.

Diese Schritte empfehle ich als spezialisierter Unternehmensberater für Versicherungen und Vermittler auch den anderen Vertriebswegen als richtige Reaktion auf das veränderte Kundenverhalten sowie den gewachsenen Kostendruck.

Dafür sind Veränderungen des Beratungsprozesses über den digitalen Weg unerlässlich. Deshalb sehe ich auch die Klages des BVK gegen das Onlineportal Check24 auch eher kritisch. Die Süddeutsche Zeitung berichtete dazu:

„Die klassischen Versicherungsmakler greifen das größte Vergleichsportal an, weil es sich angeblich nicht an die gesetzlichen Pflichten hält. Viele Vermittler stören sich schon lange an der Konkurrenz aus dem Internet.“

In mehrerlei Hinsicht irrt hier das Blatt meiner Meinung nach. Zum einen sind im BVK mehrheitlich Vermittler aus den Ausschließlichkeitsorganisationen der Assekuranz vertreten. Zweites sind Makler im BVK eher in der Minderheit. Drittens geht es den einzelnen Mitgliedern des Verbandes wohl eher nicht um die Konkurrenz im Internet sondern um die schlechte Bezahlung für umfassende Beratungsleistungen

Dieser Verband sollte den Schwerpunkt seiner Forderungen lieber auf auskömmliche Vergütungen und die Einbeziehung des Online-Verkaufs für einfache Produkte in den Alltag der Agenturen kümmern. Alles andere ist überholtes Festhalten an alt Hergebrachten nach dem Motto: Schafft das Internet ab und führt wieder Tarifhefte aus Papier ein.

Konzentration auf Produktpartner mit auskömmlicher Vergütung

Für alle Versicherer steht die Frage einer effizienten und ertragreichen Durchführung aller Phasen des KFZ-Versicherungsgeschäftes auf der Tagesordnung. Zunächst eingeschlagene Wege über Onlineportale sehen manche Unternehmen inzwischen kritisch und stellen inzwischen ihre Tarife nicht mehr ein. Dazu gehören auch der Coburger KFZ-Versicherer, der beim Onlineportal Transparo wegen wirtschaftlicher Erfolglosigkeit die Reißleine zog.

Unter den freien Vermittler sollten sich vor allem Makler, die sich bekanntlich per Gesetz in einer besonderen Haftungssituation gegenüber dem Kunden befinden, Wege suchen, wie kompetent Beratung mit auskömmlicher Vergütung in Überein-klang gebracht wird.

Auf drei Möglichkeiten sei hier kurz eingegangen:

Im Versicherungsvertragsgesetz (VVG) wird dem Makler eine „hinreichende Zahl von angebotenen Versicherungsverträgen und Versicherungen“ als Pflicht auferlegt. Es ist aber unmöglich, dass ein Makler zighunderte Tarife allein im Bereich KFZ-Versicherungen analysieren und dem Kunden anbieten kann. Also muss er sich entscheiden, konzentrieren und dies dem Kunden dann auch in der Beratung transparent darstellen.

Variante 1 zur auskömmlichen Vergütung mit KFZ-Versicherungen

Dementsprechend ist eine Konzentration auf Versicherer mit einem guten Preis-Leistungsverhältnis sowie einer auskömmlichen Vergütung für die Beratungsleistung möglich. Diesem Weg folgend gibt es Versicherungsmakler, die dem Kunden vor der Beratung aufzeigen, welche Versicherungen im eigenen Portfolio vorhanden sind.

Direktversicherer oder Versicherer mit einer geringen Vergütung können damit aus der persönlichen Beratung ausgeschlossen werden.

Variante 2 zur auskömmlichen Vergütung mit KFZ-Versicherungen

Andere Makler versuchen einen Mix-Weg. Hier werden ausgewählte Versicherer mit auskömmlicher Vergütung im persönlichen Beratungsgespräch angeboten. „Billigversicherer“ mit magerer Vergütung werden nur über die Homepage des Maklers für Onlineabschlüsse angeboten. Diese Abschlüsse haben eine höhere Effektivität für den Vermittler und sind damit im Aufwand auch kostengünstiger.

Für diese Online-Versicherer kann der Makler seine Unterstützung bei der Schadensregulierung dann auch über Dienstleistungsverträge mit einer Extravergütung anbieten. Zur Umsetzung dieses Geschäftsmodells können Angebote von diversen Homepageanbietern genutzt werden.

Variante 3 zur auskömmlichen Vergütung mit KFZ-Versicherungen

Zu einer dritten Variante. Auf der Homepage eines Maklers aus Baden-Württemberg ist eine weitere Möglichkeit für die Verfahrensweise in dieser Frage beschrieben:

„Ich halte eine vollständige Unabhängigkeit als Makler für unerlässlich und möchte daher möglichst alle Manipulations- und Einflussnahmeversuche von Versicherern verhindern. Deshalb biete & empfehle ich Ihnen künftig – neben der bisherigen Courtageregelung – auch die Möglichkeit einer Honorarberatung. Hierbei erfolgt eine Abrechnung nach dem tatsächlichem Aufwand für Beratung und Vermittlung.“

Daraus hat der Makler seine Schlussfolgerungen gezogen und bietet seinen Kunden seine Beratungen als sogenannte Honorarberatung zu einem Stundensatz von achtzig Euro oder für eine Servicepauschale in Höhe von fünf Euro pro Monat an.

Fazit:

Sowohl die Entscheider bei Versicherungen als auch die meisten Vermittler von Versicherungen sind Unternehmer. Unternehmer müssen tagtäglich über die Art und Weise des kostendeckenden Arbeitens und die Erzielung von Erträgen und damit auch von angemessenen Unternehmervergütungen entscheiden. Die Antworten darauf können naturgemäß sehr unterschiedlich sein.

Bei Produkten mit niedrigen Margen müssen höhere Anforderungen an Effizienz und Preis umgesetzt werden als bei Produkten mit höheren Marken. Demnach steht der Unternehmer vor der Frage ob er als Marktteilnehmer auf der Wiese der Kosten oder einer gewinnträchtigeren Spezialisierung mitspielen möchte.

Für Manger von Versicherungen oder auch für Inhaber kleiner Maklerfirmen bleibt der gleiche Anspruch: Kann eine Dienstleistung oder ein Produkt nicht kostendeckend verkauft werden, dann stimmt das Geschäftsmodell nicht. Dann besteht Handlungsbedarf.

Wer den Weg aus dem Spagat von Preis, Leistung und Gewinn nicht findet und die Lösung nur in höherer Selbstausbeutung (mehr Arbeit, weniger Zeit, noch mehr Selbstgenügsamkeit) sieht, dem eine Beratung durch externe Helfer dringend zu empfehlen. Selbst große Versicherer gehen regelmäßig diesen Weg, wie die Mandate an Unternehmensberater im Herbst eines jeden Jahres zeigen.

Ziehen Sie als Vermittler daraus Ihre Schlussfolgerungen – meint Ihr Assekuranzdoc.


Dr. Peter Schmidt AssekuranzDocExperte Personenversicherungen und Unternehmensberater im Bereich Versicherungen, Vertriebe und Makler mit langjähriger Erfahrung als Führungskraft und Vorstand bei deutschen Versicherern und twittert als @AssekuranzDoc. Besuchen Sie auch seine Webseite und werden Sie Fan von Dr. Schmidt auf Facebook.

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