Sprechstunde beim @AssekuranzDoc: Lücken mit großen Folgen

Keine Konsequenz bei der Dokumentation. Geringer Anteil an Maklervollmachten. Eigener Versicherungsschutz mit Mängeln. So ist der Vermittlungs- und Beratungsalltag bei manchen freien Vermittlern auf den Punkt zu bringen. Diese Kolumne will einigen der Punkte auf den Grund gehen.

„Wegen einer KFZ-Versicherung mache ich mir doch nicht den Aufwand für einen Maklervertrag oder eine Dokumentation“, erklärte mir ein Makler auf meine Nachfrage. „Verzichtserklärung auf den Tisch und das war es dann“. Wird jedoch systematisch mit einer Verzichtserklärung gearbeitet, so werden die Kunden einseitig benachteiligt, denn sie erhalten nicht das ihnen gesetzlich zugestandene Recht. Den Eindruck den ein Vermittler mit diesem Verhalten vor Gericht abgibt dürfte für ihn bei einem Prozess nicht sehr förderlich sein.

Die Dokumentation von Kundengesprächen, die Bedarfsermittlung, Marktrecherchen und der eigentliche Verkauf von Versicherungen kosten Zeit und damit auch Geld. So ist es im „Klein-Klein-Geschäft“ der Versicherungsbranche nicht verwunderlich, dass manche Vermittler dem Thema ausweichen.

Die selbst erlebte Praxis bei Bewertungen von Maklerbeständen oder Gesprächen mit Maklern, die ihren Kundenbestand abgeben wollen,
scheint nicht ganz selten zu sein. Oft kommt erst auf kritische Nachfrage eine Art Problembewusstsein auf, denn subjektiv empfinden die hier angesprochenen Vermittler ihre eigene Beratung toll und sind von sich und ihrer Kompetenz überzeugt.

Vor Gericht verschärfen fehlende Dokumentationen das Problem

Freien Vermittlern sei das Urteil des BGH vom November 2014 (III ZR 544/13) ans Herz gelegt. Das oberste Gericht hatte sich noch einmal klar in Sachen Kundeninformationen positioniert. Ein Vermittler eines sogenannten Strukturvertriebes hatte nicht nur einen Kunden falsch beraten, sondern dabei auch noch die Hinweis- und Beratungspflichten verletzt, wie das Gericht feststellte.

Nicht unwesentlich hat zu dem Urteil beigetragen, dass dem Vermittler eine ungenügende Beratungsdokumentation vorzuwerfen war. Also nicht nur der Inhalt der Beratung oder Vermittlung sondern auch die vom Gesetzgeber gewollte Art und Weise wurden dem Vermittler zum Verhängnis. Der Gesetzgeber will die umfassendere Information und Dokumentation des Kunden. Meinungen von Vermittlern, ob 80 Seiten Papier an der Beratung etwas besser machen oder nicht sind zwar Diskutierens wert aber nicht zielführend.

Als Teil der Kontrolle des Gesetzgebers zur Durchsetzung der gewollten Beratungsqualität wurde das Institut für Transparenz (ITA), Berlin mit einer Studie beauftragt, die sich dem Thema Dokumentation bei Vermittlern befasste. Das ITA führte insgesamt 119 Testkäufe als Mystery- Shopping durch.

In deren Ergebnis wurde festgestellt, dass in etwa einem Fünftel der Beratungen keine Dokumentation ausgefertigt und ausgehändigt wurde und nur in 29 von 103 ausgereichten Dokumentationen der Anspruch an Dokumentationen erfüllt wurde. Das sind die Lücken in der Arbeit des Vermittlers, die später noch einmal wehtun können.

Ein Schutz der sich doppelt auszahlt

Mehrfach wurde hier das Thema Maklervollmacht als Mittel der Regelung von Pflichten und Rechten sowie des Umfangs dieser erörtert. Zunehmend die jüngeren Makler haben die Bedeutung der Maklervollmacht über die bloße Möglichkeit der Übernahme von Verträgen aus anderen Vermittlerbeständen wohl erkannt.

Professionalität beginnt auch hier mit Konsequenz bei der Beratung von Kunden n u r auf Basis einer Maklervollmacht. So ist es auch verwunderlich, dass einige „Makler“ sich über die Forderung von Versicherern stark erregten, die grundsätzlich auch die Maklervollmachten von den Maklern zu ihren Kunden mit anfordern.

Hier kann man nur raten die Chancen so einer „Forderung“ zu erkennen und nicht nur den erhöhten administrativen Aufwand. Spätestens wenn einmal der Verkauf des eigenen Maklerbestandes aus Alters- oder Krankheitsgründen ansteht wird auch deutlich werden, welche Wert-schöpfungspotentiale in den Maklervollmachten und in einer vollständigen Dokumentation liegen.

100 Prozent Kundenverbindungen auf Basis einer Maklervollmacht, die auch das Thema Nachfolge, Verkauf oder Vertretung regelt ist bares Geld wert. In einigen von uns begleiteten Fällen der Bestandsübernahme konnte so mehrere zehntausend Euro mehr Verkaufspreis erzielt werden, weil die Quote der Kunden mit Maklervollmacht vor dem Verkauf noch deutlich erhöht wurde.

Lücken im eigenen Vermittlerschutz erkennen

Die eingangs geschilderten Lücken in der Vermittlertätigkeit können Auswirkungen bis auf die Vermögensschaden-Haftpflichtversicherungen (VSH) haben. Dazu noch ein eindrucksvolles Beispiel aus der Praxis.

Ein älterer Vermittler, 60 Jahre, hatte den Spaß an der Vermittlungstätigkeit nach §34f der GewO auch wegen gesunkener Einkünfte verloren. Besonders schwer verkraftete er Klagen seiner Kunden zu Produkten, die er zu seiner eigenen Altersabsicherung auch selbst erworben hatte.
„Ich verkaufe meine Kunden nur, was ich auch selbst nehmen würde“.
Ein durchaus ehrenwerter Vermittlungsansatz.

Die Übergabe des Bestandes wurde durch mehrere Faktoren erschwert. Dazu gehörten mehrere laufende Kundenbeschwerden zum Verlauf der Debi Select Fonds, über die das Handelsblatt bereits vor einigen Jahren berichtete. Der angezeigte Gesamtschaden gegen den Vermittler betrug ca. 25.000 EUR.

Doch nicht nur diese Anzeigen der Kunden belasten ihn, sondern nun auch noch die Auseinandersetzungen mit dem VSH-Versicherer. Das vom Versicherer angeforderte Risikoprofil aus der Kundenberatung konnte der Vermittler nicht vorlegen und das wurde ihm dann zum Problem.

Die Ablehnung der Haftungsübernahme durch den Versicherer verwundert nicht. Sie ist bedingungsgemäß. Und da der VSH-Abschluss auch nicht über einen Spezialmakler erfolgte, der eine Begleitung im Schadensfall garantiert, wird sich der Vermittler selbst durch den Schaden quälen müssen.

Ralf Werner Barth, Geschäftsführer der CONAV Consulting GmbH & Co. KG hebt zu den Lücken im VSH-Schutz hervor:

Zusätzliche Lücken im VSH-Schutz über Pools

Mehrere Maklerpools bieten ihren Maklerpartnern auch eine VSH an. Das rundet die Serviceangebote ab und bringt dem Pool zusätzliche Courtage- einnahmen. Schwierig kann es werden, wenn die VSH ohne Risikoprüfung aufgenommen wurde und der Makler dann einen kritischen Schadenfall hat. Das wirft die Frage nach kompetenten VSH Ansprechpartnern bei den Pools im Schadenfall auf und ob dabei fachlich ausreichende Begleitung gewährleistet werden kann.

Aber genau so ein Coaching in einer Schadensituation ist aus Sicht meiner unternehmensberaterischen Tätigkeit empfehlenswert. Der Vermittler ist bei der Auseinandersetzung mit Kunden wie im oben geschilderten Fall in einer emotionalen Ausnahmesituation. Die Enttäuschung beim Kunden ist massiv. Die persönliche Betroffen-heit und Angst des Maklers hinsichtlich der eigenen existenziellen Bedrohung führen oft zu weiteren Fehlern, die nicht wieder gut zu machen sind.

Fazit

Für freie Vermittler ist es von existenzieller Bedeutung die eigenen oft wachsenden Tätigkeitsfelder (Einsatz von Internet, Social Media und bAV Lösungen um nur einige wenige zu nennen) in Abgleich mit Ihrer VSH Deckung zu bringen. Es gilt die geschilderten „Lücken“ aktiv zu prüfen oder prüfen zu lassen. Spätestens bei einem geplanten Verkauf des eigenen Kundenbestandes oder der Firma kommt die Quittung für solche Versäumnisse vielfach so teuer.

Gibt es Schadensersatzforderungen von Kunden bei einem lückenhaften Beratungsworkflow und ist der eigenen Versicherungsschutz nicht ausreichend hoch (Deckungssummen z. B. im Gewerbebereich) oder nicht optimal mit dem Tätigkeitsfeld abgestimmt, dann sind die Konsequenzen meist sehr hart.

An den Verkauf des Bestandes ist dann kaum noch zu denken.

Lassen Sie deshalb die bestehende VSH durch einen VSH-Spezialmakler oder auch durch einen Netzwerkpartner des VSAV prüfen. Klären Sie präventiv ab wie es sich mit Ihrem VSH-Schutz verhält, wenn Sie einmal den Geschäftsbetrieb aufgeben wollen. Dies gilt auch für den Fall, wenn Sie eine Registrierung nach §34f der GewO nicht vornehmen wollen und Sie sich mit der Trennung vom „alten“ Investmentgeschäft befassen – meint Ihr AssekuranzDoc.


Dr. Peter Schmidt AssekuranzDocExperte Personenversicherungen und Unternehmensberater im Bereich Versicherungen, Vertriebe und Makler mit langjähriger Erfahrung als Führungskraft und Vorstand bei deutschen Versicherern und twittert als @AssekuranzDoc. Besuchen Sie auch seine Webseite und werden Sie Fan von Dr. Schmidt auf Facebook.

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