Sprechstunde beim @AssekuranzDoc: Der Wind der Veränderung weht 2015 stärker

 

Die guten Wünsche für das neue Jahr sind noch in allen Ohren. Aber die Wünsche für ein gutes Geschäftsjahr werden schnell verklingen. Der Wind der Veränderung wird weiter durch die Versicherungsbranche wehen. Was wird die Branche 2015 erwarten?

Als ein Versicherer aus Bayern gegen Ende des alten Jahres seinen Fahrplan für die Umstellung des Courtagemodells für den Verkauf von Lebensversicherungen vorstellt, postete ein Makler bei Facebook: „Gut, dass wenigsten die uns ein wenig Luft bei der Veränderung lassen.“ Im konkreten Fall mag das so sein. Für die Branche allgemein wird dies nicht gelten. Denn der Wind der Veränderung wird zunehmen. Schauen wir uns die „Großwetterlage“ dafür etwas genauer an.

Optimismus und Pessimismus gleichermaßen

Widersprüchlicher könnten die Prognosen und Entwicklungen für die Branche nicht sein. Die weltwirtschaftlichen Rahmenbedingungen sehen eigentlich nicht schlecht aus. Experten rechnen mit einem Zuwachs der Weltwirtschaft von fast drei Prozent.

Für Deutschland geht man von einer starken Binnennachfrage bei weiterhin hoher Beschäftigungsqoute und steigenden Einkommen aus.

Besonders die sogenannte „Generation Mitte“ kann dabei als Treiber angesehen werden. Nach einer aktuellen Studie des Allensbach-Institutes erwarten über zwanzig Prozent der Befragten, dass es ihnen in fünf Jahren besser geht als heute. Weitere 49 Prozent rechnen mit einer stabilen Entwicklung ihrer wirtschaftlichen Lage. Auch mit ihrer aktuellen Lebenssituation ist die „Generation Mitte“ sehr zufrieden, obwohl die Exportabhängigkeit der deutschen Industrie durch die lodernden Krisen im nahen und fernen Osten auf wackeligen Füßen steht.

Für die Versicherungswirtschaft haben sich neben den allgemein verschlechterten Konditionen aus der Kapitalmarktkrise zusätzliche Risikopotentiale aufgebaut. Neben der Gefahr eines tendenziell sinkenden Lebensstandards, Unwohlsein größerer Teile der Bevölkerung vor der fortschreitenden Digitalisierung wird ein Trend kritisch bewertet, der eigentlich zur Vermeidung von Risiken gedacht war – die immer stärkere Regulierung.

Lebensversicherer zwischen Kontinuität und Wandel

Lebensversicherer wollen und müssen für ihre Kunden attraktivere Produkte gestalten. Sie bewegen sich aber zwischen den Zwängen aus Solvency II, nationaler und europäischer Regulierung, mangelnden Anlagenmöglichkeiten mit hoher Sicherheit und einem enormen Kostendruck. Ein Dreisprung der kaum gelingen kann.

Die potentiellen Kunden der Versicherer und Vermittler sehen die eigenen persönlichen Verhältnisse so entspannt wie lange nicht an. Geringe Inflation, teilweise Tendenzen zur Deflation, geringe Arbeitslosenqoute und gestiegene Einkommen führen zu einem ausgeprägten Konsumtionsverhalten und senken das Problembewusstsein gegenüber Vorsorge jeglicher Art.

Sparen und Vorsorgeabsicherung scheinen weiterhin „out“ zu sein. Geld was für Vorsorge und Alter gebraucht würde, fließt in die Kanäle von Shopping-Malls und Onlinehändlern. Dabei wissen die Deutschen durchaus, dass sie fürs Alter vorsorgen müssten, wie immer wieder neue Studien zeigen. Sogar von Angst vor zu geringen Einkünften im Alter ist die Rede.

Dominierte in dieser Frage früher die Vorsorge für die Kinder so werden es heute die Ängste um die Versorgung der Elterngeneration. Aber angesichts niedrigster Zinsen bei Banken und Versicherungen ist auch die gutsituierte „Generation Mitte“ kaum bereit dem Wissen um die Notwendigkeit der Vorsorge auch die entsprechenden Taten folgen zu lassen. Das dürfte sich mit dem auf 1,25 Prozent gesunkenem Garantie-zins für klassische Vorsorgeprodukte oder dem Verzicht auf Garantiever-zinsungen in neuen Produkten kaum ändern.

Neue Produkte sind erst der Anfang

Neue Produktgenerationen ohne Garantiezins stellen eine grundlegende Änderung in den Vorsorgeprodukten der Deutschen dar, die jahrzehntelang auf „sichere“ Lebensversicherung gesetzt haben. Es muss sich erst in Jahren oder Jahrzehnten beweisen, dass die neuen Produktmodell zur Zukunftssicherung geeignet und attraktiv sind und das halten, was heute prognostiziert wird. Vertrauen muss erst wachsen.

Das LVRG hat den gewachsenen Druck auf die Kosten der Lebens- versicherer aufgegriffen und hat diesen Druck zunächst auf die Senkung von Courtagen für Vermittler gelenkt. Noch haben nur einige Versicherer die Systeme der Courtageverteilung und -höhe so verändert, dass dem Willen des Gesetzgebers genüge getan wird.

Doch mit der Reduzierung der Vergütungen für Bedarfsermittlung, Produktauswahl und Beratung von Kunden zu von lebenslangen Vorsorgeprodukten ist es nicht getan. Zu geringe Gesamtvergütungen für die Vermittler werden ebenso zu Lasten des Vertriebes gehen wie die Nachvollziehbarkeit für den Kunden, dass es trotz geringere Abschluss-kosten keine Vorteile für ihn gibt.

Die Versicherer stehen vor weiteren gewaltigen Herausforderungen. Wie soll der Vertrieb bei Laune und lebensfähig gehalten werden? Gibt man freien Vermittlern Chancen zu einem längeren Übergang zum System einer besseren Bestandsvergütung? Wie werden interne Vergütungen in den Führungsebenen gestaltet? Welche Personalstruktur ist mit vertretbaren Kosten noch möglich?

Der Zwang zu höherer Effektivität im Vertriebs- und Betriebssystem der Versicherer wird eine neue Welle struktureller und technischer Veränderungen unabdingbar machen. In manchem Versicherungskonzern wird die eben erst überstandene personelle Umstrukturierung zu neuen Überlegungen führen. Und in so manchem Konzern sind die Unternehmensberatungen bereits wieder eingezogen. Aber vertriebs- und kundenferne Lösungsansätze werden diesmal nicht weiterhelfen.

Vor kleinen und mittleren Versicherern stehen schärfer denn je die Anforderungen aus den Konfliktfelder Kompetenz und Innovation, Service und Effektivität, Investition in neue IT-System und persönlicher Kundenservice, die langfristig nur über neue Vertriebs- und Kooperationsformen zu lösen sind.

Administration vs. Digitalisierung und Technisierung

Ob Konzern oder kleine Vermittlerfirma, wie im Großen so auch im Kleinen steht die Frage des wirksamen Einsatzes der Vertriebskapazitäten im Raum. Möglichkeiten dafür gibt es, da sich mit Smartphone und Tablet-PC auch das Kundenverhalten nachhaltig verändert hat.

Gastarife ohne Beratung abschließen? Früher undenkbar. Heute praktizieren es Millionen von Kunden. Unendlich lang ist inzwischen die Kette der Selbstversorgungsprodukte geworden. Musik, Filme und Bücher downloaden – ohne Beratung. Die Fachberatung haben inzwischen längst Empfehlungen (ob immer gut, sei dahingestellt) übernommen. Kleidung, Möbel, Essen… nichts was nicht online bestellt werden kann. Und eben auch Versicherungen. So verwundert es nicht, dass Internetportale und Direktversicherer die höchsten Chancen im Kampf um den Kunden zugesprochen bekommen.

Nicht jedem Versicherungsmanager oder Vermittler mit hohem Berufsethos wird diese Entwicklung erfreuen. Vertrauen der Kunden wächst durch Berater, aber die Menschen und Werte haben sich geändert. Was als wichtig angesehen wird, das wird häufig auch mit persönlicher Beratung gekauft, wie die Warteschlangen bei Einführung bestimmter Smartphones zeigen. Versicherungen, oft als notwendiges Übel angesehen, werden mindestens per Web vorab geprüft oder sogar gleich abgeschlossen. Und das hat Folgen.

Das falsche Rezept: Alles aus einem Topf

Die Vor-Ort-Beratung durch eigene Vermittler von Versicherern hat anderen personelle und technische Anforderungen als ein Vertrieb über freie Vermittler oder der Onlineverkauf. Für jeden dieser Wege ein bisschen was zu investieren und dann noch mit den gleichen technischen Basics dürfte ebenso schief gehen wie eine uniforme Produktpalette.

Produkte mit intensiver persönlicher Beratung sowie entsprechender aufwandbezogener Vergütung u n d Nettoprodukte für Honorarberater u n d Produkte für den Onlineverkauf u n d Kooperationsprodukte stehen auf der Tagesordnung. Und diese Vielfalt der Produkte nach Vertriebs-wegen dann noch mit der notwendiger Flexibilität für bestimmte Lebensphasen der Kunden (erinnert sei an Ausbildung, Sabbatjahr, Elternzeit, Pflegezeit etc.) zu verbinden wird dann „zum großen Kino“ für das Management, welches häufig ja auch mitten im Generationenwechsel steht.

Zum Jahresbeginn 2015 kommen Versicherer und Vermittler nicht umhin sich Gedanken um fünf Grundrichtungen Gedanken zu machen. Dazu gehören aus meiner Sicht:

  • Strategie für die kommenden fünf bis zehn Jahre
  • Beratungsphilosophie und -Gestaltung
  • Prozessgestaltung und -optimierung
  • Kooperationen und Spezialisierungen sowie
  • Kostenmanagement nicht nur im Vertrieb.

Kundennahe Lösungen und Impulse dafür haben wir als Unternehmensberatung Versicherern und Vermittlern in einem „100-Punkte-Impuls-Programm“ zusammengestellt.

Fazit für den Jahresbeginn:

Kreativität, Innovation und kluges Investment aber auch die Konzentration auf Kernkompetenzen bieten Versicherern und Vermittlern die Chance sich in einem wandelnden oder sich weiter konzentrierenden Markt zu behaupten oder gar neu aufzustellen. Oder wie es heißt es so schön in einem chinesischen Aphorismus?

Wenn der Wind der Veränderung weht, bauen die einen Mauern und die anderen Windmühlen – meint Ihr AssekuranzDoc.

 


Dr. Peter Schmidt AssekuranzDocExperte Personenversicherungen und Unternehmensberater im Bereich Versicherungen, Vertriebe und Makler mit langjähriger Erfahrung als Führungskraft und Vorstand bei deutschen Versicherern und twittert als @AssekuranzDoc. Besuchen Sie auch seine Webseite und werden Sie Fan von Dr. Schmidt auf Facebook.

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