Sprechstunde beim @AssekuranzDoc: Macht Gemeinschaft stark?

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Ein Bild von vielen kleinen Fischen die als Schwarm einen Hai bilden und sich im Meer der Finanzbranche bewegen. Ein Motto, das solidarisieren soll: „Gemeinschaft macht stark“. Eine Erinnerung an 25 Jahre Entwicklung im Osten der Republik – so lud der Maklerpool Invers GmbH vor wenigen Tagen zur Leipziger Versicherungs- und Fondsmesse ein. Und die Makler kamen zahlreich.

Immerhin war es schon die zehnte Messe des Leipziger Pools. Für Veranstalter und über 1.600 Teilnehmer und 80 Aussteller Anlass zu sagen: „Kinder wie die Zeit vergeht.“ Stimmt, es werden in diesem Herbst 25 Jahre seit die Mauer fiel. Daran zu erinnern ist auch ein Stück Historie, ein wenig Besonderheit der Leipziger. Es gab viele Messebesucher aus den westlichen, südlichen und nördlichen Bundesländern – aber die PKW-Kennzeichen aus den östlichen Ländern sind in der Mehrzahl. Darunter viele Makler, die sich schon zum zehnten Mal in Leipzig in Leipzig einfinden. Zweifellos eine loyale und starke Gemeinschaft.

Die 2014er Maklermesse war auch eine „politische“ Messe

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Ich selbst war mehrere Jahre als Aussteller aktiver Teilnehmer der LVFM. Man sah auch dieses Jahr zahlreiche leistungsstarke Makler aus dem gesamten Bundesgebiet, Makler, die größere Firmen führen und die den jährlichen Treff in Leipzig nutzen, um die Gemeinschaft und den besonderen Wert eines  angenehmen Miteinanders pflegen. Wobei sich das „Miteinander“ eher auf das von Makler zum Pool und umgekehrt bezieht.

Ein intensiveres Miteinander in der Gemeinschaft ist sicher auch wegen der individuellen und wirtschaftlichen Interessen der Einzelnen schwierig. Dennoch war die 2014er Messe nach meinen Eindrücken stärker als je zuvor auch eine „politische“ Messe. Politisch meine ich in dem Sinne, dass es mehr um die Perspektiven der „Zunft unabhängige Makler“ im aktuellen gesellschaftlichen Kontext ging.

Bereits im Vorfeld der Messe positionierte sich die Invers-Geschäftsführung klar gegen eine Vereinnahmung von Maklern durch Versicherungsgesellschaften und gegen einen Weiterbildungszwang für Makler, der sich nicht an fachlicher Unabhängigkeit orientiert. Das bei diesem Pool auch nicht neu. Man will immer der eigenen „Linie“ folgen und selbst bestimmen, was man für „seine Makler“ richtig hält.

So schrieb man in einem Schreiben an Teilnehmer der LVFM mit Bezug auf die Wende 1989: „Wir wünschen uns, dass auch eine andere… Mauer schnell verschwindet. Gemeint ist die Mauer, die einige Gesellschaften – aber auch einige Makler – daran hindert, vollends zu erkennen, dass Versicherungsmakler keine Vertreter der Gesellschaften, sondern allein Interessenvertreter ihrer Mandanten sind.“

Und es erging die Forderung, dass man sich einen fairen Umgang und eine gute Zusammenarbeit zwischen Maklern und Gesellschaften zum beiderseitigen Vorteil, bei gleichzeitiger Beachtung des jeweiligen Status wünscht. „Auch das ist Compliance…“. Damit sprechen die Poolchefs für viele Makler, die das selbst oft nicht genug selbst tun.

Zu wenige Makler engagieren sich für ihren Berufsstand

Es ist nicht neu, dass zu wenige Makler auch bereit sind, sich über ihre persönlichen Befindlichkeiten hinaus, also für ihren Berufsstand direkt
zu engagieren. Geringe Mitgliedszahlen in Verbänden und Verbünden sprechen eine klare Sprache. Viele Pools empfinden sich selbst als Sprachrohr „ihrer Makler“, verfolgen aber unterschiedliche Ziele. Das haben wir hier in der Kolumne auch schon thematisiert.

Knackpunkt ist häufig schon ein geringer Mitgliedbeitrag für einen Verband, der Einzelmaklern mit niedrigen Umsätzen und damit geringeren Einkünften Probleme macht. Das setzt sich aber auch fort beim Thema Investition in die eigene Weiterbildung.

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Sei Wochen machen verschiedene Marktteilnehmer zum Beispiel darauf aufmerksam, dass Produktschulungen der Versicherungsgesellschaften eigentlich keine Weiterbildungen sind. Es sind einfach Produktschulungen. Punkt. Diese müssen sein und haben natürlich ihre Berechtigung.

Aber den berechtigten Forderungen aus Brüssel nach unabhängiger Aus- und Weiterbildung für Finanzdienstleister entsprechen sie nicht. Deshalb war die unabhängige Weiterbildungsinitiative vom Versicherungsboten ein starkes Messethema, da diese Initiative inzwischen auch von der Invers GmbH unterstützt wird. Wir werden mittelfristig sehen, ob die Initiative ihre Ziele erreicht.

Ein unabhängiger Kodex als Antwort auf den GDV-Basis-Kodex

Viele Makler diskutierten während der Messe auch das Thema des Umgangs mit dem sogenannten GDV-Kodex zu Verhaltensmaßregeln
für die Versicherungswirtschaft. Dieser Basis-Kodex hatte heftige Diskussionen hervorgerufen, weil er die besondere rechtliche Rolle von Maklern ungenügend berücksichtigt. Mehrer Maklerverbände lehnen deshalb den GDV-Kodex ab und haben inzwischen eigene Verhaltensmaßregeln verabschiedet.

In die Kodex-Diskussion hatte sich im Vorfeld der Messe auch der „Versicherungsbote“ eingebracht und einen Vorschlag für einen unabhängigen Ehrenkodex in die Diskussion gebracht. „Der Ehrenkodex ist eine Antwort auf den Verhaltenskodex des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) bzw. des Basis-Kodex, der mittlerweile bei einigen Gesellschaften … als Bestandteil der Courtagevereinbarungen verwendet wird. Versicherungsbote empfiehlt betroffenen Versicherungsmaklern, entsprechende Nachträge zu widerrufen.“

Inzwischen hat „Versicherungsbote“ seinen Ehrenkodex auch für Maklerpools und Verbände geöffnet. Diese dürfen den Wortlaut des Kodex kostenfrei verwenden. Voraussetzung ist jedoch, dass die Verwender den Wortlaut des Kodex selbst auch tatsächlich erfüllen und eine für Unterstützer geltende Ehrenerklärung abgeben, wie man schreibt. Genau das dürfte aber das Problem für den einen oder anderen Pool oder Verband sein. Zu starke Bindung an Versicherer, die zum Teil auch Miteigentümer von einzelnen Pools sind, oder Produktangebote, die eher dem grauen Kapitalmarkt zuzuordnen sind, stehen dem ja dann im Weg. Solche Mauern müssten dann ja erst eingerissen werden.

Produkte, Services und Dienstleistungen

Eine Reminiszenz auf eine Messe bliebe unvollständig, wenn nicht auch über Produkt-Premieren, Neuerungen und neue Services für die Beratungs- und Vermittlungstätigkeit der Makler reflektiert würde. Diese gab es und auch nicht zu wenig. Kurz zu streifen sind hier Innovationen bei der Absicherung von Internetrisiken sowie biometrischen Produkten. Ebenfalls spannend die Ausführungen zum Thema Aktienfonds für „Normalsparer“. Mehr zu einigen dieser Themen in einer der nächsten Kolumnen an dieser Stelle.

Bei den angebotenen „Werkzeugen“ für Makler für ihre Poolpartner fährt man ebenso einen eigenen „Leipziger Weg“. Herkömmliche MVPs (Maklerverwaltungsprogramme) als webbasierten Anwendungen seien, nach Meinung des Pools, problematisch, weil „Anbieter den Makler …von einer Minute zur anderen vom System trennen, wodurch der Makler augenblicklich völlig arbeitsunfähig gestellt wird.“ In Anbetracht der Insolvenz von Assapp und der damit verbundenen Datenverluste für zahlreiche Makler, Versicherungsmagazin berichtete darüber, sicher ein bedeutsames Thema.

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„Letztlich ist der Makler erpressbar, denn des Maklers Bestand ist seine Existenzgrundlage“, wie für Invers Andreas Kollek im Vorfelde der Messe feststellte. Das eigene Verwaltungssystem (IMA) würde direkt auf dem PC des Maklers installiert, wodurch der Makler stets selbst Herr seiner Daten und seines Bestandes sei und auch darüber bestimme, wann er wie seine Daten mit denen des Pools synchronisiere.

Die Leipziger Maklermesse wird in der Markt ausstrahlen und auch im Nachfeld noch zu manch kontrovers geführten Diskussion führen. Aber das „Andersein“ des Leipziger Maklerpools ist eine Chance sich herauszuheben. Seien wir gespannt, wie sich daraus die zukünftige Entwicklung des Pools und seiner Messe gestalten wird. Beides wird Veränderungen und Anpassungen an einen Markt unterliegen, für den noch spannende Zeiten bevorstehen. Das kann mit IMD 1.5 schneller gehen, als mancher denkt.

Gerne lesen wir hier von Ihren Eindrücken von den letzten Maklermessen, die Sie besucht haben.


Dr. Peter Schmidt Peter_Schmidt_Portrait Experte Personenversicherungen und Unternehmensberater im Bereich Versicherungen, Vertriebe und Makler mit langjähriger Erfahrung als Führungskraft und Vorstand bei deutschen Versicherern und twittert als „assekuranzdoc“. Besuchen Sie auch seine Webseite und werden Sie Fan von Dr. Schmidt auf Facebook.

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