Sprechstunde beim @AssekuranzDoc: Das hätte ich aber nicht erwartet…

AssekuranzdocRezeptKlischees

Manche Sprüche aus der Versicherungsbranche mag man nicht mehr hören. Dazu gehören auch sich widersprechende Klischees wie „Kundenberatung vom Maklern ist gut“ oder „Makler decken nur um“. Stärken und Schwächen gibt es in allen Vertriebswegen der Versicherungswirtschaft.

Und doch gibt es immer wieder Überraschungen.

Wer hätte noch vor Jahren gedacht, dass die für einen strukturierten Vertrieb entwickelte Norm für die Finanz- und Versicherungsberatung von Privatkunden einmal Eingang in die Beratung der Maklerpartner eines Pools finden würde oder sogar zur DIN-Norm befördert würde?

Die Rede ist von DEFINO, der Deutschen Finanznorm® . Nach eigener Darstellung hat DEFINO „die Aufgabe, den Privathaushalt bestmöglich gegen Lebensrisiken abzusichern sowie durch eine entsprechende Vermögensplanung die finanzielle Zukunft vorausschauend zu gestalten.“

Völlig abseits vom Klischee der Beratungspraxis früherer Strukturvertriebe werden bei DEFINO ausgehend von drei Grundbedürfnisstufen systematische Methoden der Absicherungen für Privatkunden umgesetzt. Dieser qualitative Beratungsansatz setzt Maßstäbe für die ganze Brache. Der Maklerpool pma bietet schon seit Sommer 2013 seinen angebundenen Partnern die Möglichkeit, Kunden nach dem Regelwerk und mit der Analysesoftware von DEFINO Deutsche Finanz Norm® zu beraten.

Dennoch überraschte es die Branche, dass DEFINO auch noch zur DIN-Norm wurde. Am 14. März 2014 hatte der „DIN-eigene Beuth-Verlag die DIN SPEC 77222 „Standardisierte Finanzanalyse für den Privathaushalt“ veröffentlicht. Und DEFINO zieht weiter seine Kreise, wie das Interesse von zahlreichen Maklern in den sozialen Netzwerken zeigt.

Mit modernen Tablet-PCs zum Kunden

In der Vergangenheit wurden technische Quantensprünge in der Beratung von Kunden meist durch die „Großen“ der Versicherungsbranche eingeläutet. Doch Überraschung! Der Einsatz von Tablet-PCs bei der Kundenberatung im großen Maßstab erfolgte zuerst beim einem Finanzvertrieb, der DVAG.

Im Januar 2014 berichtete das DVAG-Magazin „Vermögensberater“ über die technische Revolution so: „Bevor das erste iPad 2010 auf den Markt kam, plante die Deutsche Vermögensberatung bereits, das neueste Produkt der Apple-Familie im Vertrieb einzusetzen. Dafür entwickelte das Unternehmen gemeinsam mit einem IT-Dienstleister drei unternehmenseigene Apps. Diese ermöglichen es den Beratern, die Allfinanzstrategie der DVAG im Gespräch mit potenziellen Neukunden und bestehenden Kunden verständlich zu vermitteln und Modellrechnungen durchzuführen.“

Die eigenen Vertriebe zahlreicher Versicherer erklären komplexe Sachverhalte immer noch mit (alt-)bewährten Prospekten oder dem Kugelschreiber auf Papier, ohne auf die veränderten Gewohnheiten vor allem junger Kunden zu achten. Der Frankfurter Finanzvertrieb zeigt seinen Kunden erfolgreich auf dem Tablet, „wie viel Geld sie mit einem Fingertipp für welche Vorsorgeaufwendungen investieren möchten. Sie ziehen Geldscheine in digitale Sparschweine.“  Da werden sich manche freie Vermittler fragen, ob sie schon mit der Zeit gehen.

Was tun, wenn der Vermittler nicht reagiert?

Viele Makler sehen sich als die Berater, die am engsten und per Gesetz sogar haftungsseitig mit dem Kunden verbunden sind. Dem werden die meisten Makler auch gerecht. Die extrem niedrige Beschwerdequote über Makler bei den Ombudsmännern der Versicherungswirtschaft dokumentiert das auch seit Jahren. Schon 2008 kamen auf damals rund 40.000 Makler nur zehn (!) berechtigte aktenkundige Beschwerden zur deren Beratung.

Nicht zu dem positiven Bild der Versicherungsmakler passen aber Klagen von Versicherern, dass häufiger auch bei einigen Maklern die unangenehmen Dinge des Alltages liegen bleiben. Sachversicherer mit Sanierungsbedarf in Kundenverträgen können davon ein Lied singen. Einige Krankenversicherer beklagen, dass notwendige Unterlagen durch Vermittler nicht beigebracht werden, wenn es dafür keine Provision oder Vergütung gibt. Kunden beschweren sich, dass Informationen durch ihren Makler nicht weitergereicht werden etc. pp.

Nun gibt es solche „schwarzen Schafe“ überall und es sind eher wenige als viele. Das wäre auch kein Problem, wenn da nicht die Ansprüche des auch hier in dieser Kolumne schon beleuchteten GDV-Kodex wären. Da heißt es bekanntlich: „Versicherungsunternehmen, die zum Vertrieb ihrer Produkte mit Versicherungsvermittlern zusammenarbeiten, stellen sicher, dass die Vermittler qualifiziert, zuverlässig und gut beleumundet sind.“

Und die Versicherungsunternehmen setzen dies auch um. Es werden „Listen“ geführt, über welchen Vermittler welche Beschwerden eingehen und bei wem es welche Auffälligkeiten gibt. Das läuft ungefähr so: Kundenpolice zurückgekommen, Adressat unbekannt: Strich. Sanierungsauftrag nicht durchgeführt: Strich. Kunden nicht zurückgerufen. Strich. Kunden beschwert sich beim vertragsführenden Versicherungsunternehmen: Strich. Und so weiter. Und irgendwann ist das Maß voll….

Und sage dann keiner: Das hätte ich nicht erwartet, wenn dann die Vermittlungsvereinbarung gekündigt wird.

Neue Kundenservices überraschen

Ideenreich sind Versicherer bemüht, mehr Kundennähe zu erreichen. So wurde an dieser Stelle schon über Produktvideos und Apps geschrieben. Zu den Überraschungen der letzten Wochen gehörte der Versuch des HDI Papierberge bei der Kundenberatung kleiner zumachen. Das Zauberwort heisst hier „Teleclaiming“. Der Kunde wird bei Leistungsanträgen angerufen und das Hin und Her von Formularanfragen entfällt. „99 Prozent aller Kunden, die Teleclaiming ausprobiert haben, sind hochzufrieden und würden das Angebot jederzeit wieder nutzen, weil es den bürokratischen Ablauf erheblich vereinfacht und beschleunigt“, schilderte Christian Mähringer, Leiter des Ressorts Betrieb bei HDI, seine Erfahrungen.

Und auch der Marktführer überrascht mal wieder. Diesmal mit „Allianz hilft“. Die Plattform lehnt sich an Formate der sozialen Netzwerke an und beantwortet werktags zwischen 08:00 – 22:00 Uhr Kundenanfragen aller Art mit einem Team von vier Kollegen. Fragen nach Wegen der Rechnungserstattung über die „Wunschversicherung“ bis hin zur Arztsuche – alles ist dabei. Und man geht auch unangenehmen Fragen nicht aus dem Weg. Und wenn da gefragt wird, wie man eine Allianz-Versicherung kündigen kann, dann gibt es auch eine Antwort. Respekt, auch das hat positiv überrascht. Ich hätte es nicht erwartet.

Was hat Sie das letzte Mal überrascht, was nicht ins Klischee passt?


Dr. Peter Schmidt Peter_Schmidt_Portrait Experte Personenversicherungen und Unternehmensberater im Bereich Versicherungen, Vertriebe und Makler mit langjähriger Erfahrung als Führungskraft und Vorstand bei deutschen Versicherern und twittert als „assekuranzdoc“. Besuchen Sie auch seine Webseite und werden Sie Fan von Dr. Schmidt auf Facebook.

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